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06.04.2005 10:49

Palliativmedizin statt aktiver Sterbehilfe

Dr. med. Eva M. Kalbheim Pressestelle
Deutsche Krebshilfe e. V.

    Experten fordern Ausbau und gesicherte Finanzierung

    Aachen (ct) - Palliativmedizin und Hospizarbeit sind eine echte Alternative zur aktiven Sterbehilfe. Palliativmedizin und Hospizversorgung in Deutschland müssen daher ausgebaut und ihre Finanzierung gesichert werden. Dies forderten die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, die Deutsche Krebshilfe und die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz im Rahmen des 5. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin am 6. und 7. April 2005 in Aachen. "Die Grenzen, die einer angemessenen Begleitung und Betreuung schwerkranker und sterbender Patienten immer noch gesetzt sind, müssen endlich überwunden werden", sagte Kongresspräsident Professor Dr. Lukas Radbruch. Der Kongress in Aachen werde dazu maßgeblich beitragen. Zu den 1.000 Teilnehmern gehört auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt.

    Krebs-Patienten, die nicht mehr geheilt werden können, brauchen besondere Zuwendung, Begleitung und Behandlung. Dieser Aufgabe stellen sich Palliativmedizin und Hospizarbeit. Die Deutsche Krebshilfe hat in den vergangenen 20 Jahren maßgeblich dazu beigetragen, diese besondere Form der menschlichen Medizin in Deutschland zu etablieren. "Palliativmedizin stärkt das Vertrauen der Menschen in eine fürsorgliche Medizin am Lebensende", sagte Professor Dr. Dagmar Schipanski, Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, bei einer Pressekonferenz in Aachen. Eine gute und flächendeckende Palliativmedizin und Hospizversorgung lasse den Ruf nach aktiver Sterbehilfe verhallen. Die Deutsche Krebshilfe fördert daher entsprechende Versorgungsstrukturen. Sie kümmert sich um die Ausbildung der Ärzte und des Pflegepersonals und setzt sich dafür ein, die Palliativmedizin in das Medizinstudium aufzunehmen.

    Im Jahr 2004 standen in Deutschland 2.034 Betten in 106 Palliativstationen und 129 Hospizen zur Verfügung. In diesen Einrichtungen wurden mehr 26.500 Patienten palliativmedizinisch betreut. "Doch nach wie vor entspricht die Anzahl der verfügbaren Betten nicht dem auf 50 Betten pro eine Million Einwohner geschätzten Bedarf", sagte Dr. Friedemann Nauck, Zentrum für Palliativmedizin am Malteser Krankenhaus Bonn, und Vize-Kongresspräsident. Darüber hinaus müsse die Finanzierung der Palliativstationen endlich gesichert werden. "Wir fordern, die stationäre Palliativmedizin entweder aus dem DRG-Vergütungssystem herauszunehmen und mit einer tagesbasierten Finanzierung, bei der der individuelle Schweregrad des Patienten berücksichtigt wird, zu ermöglichen, oder aber DRG mit Qualitätskriterien und adäquater, kostendeckender Finanzierung zu etablieren", sagte Nauck. Im DRG-Referenzland Australien habe man damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Das Abrechnungssystem der so genannten "Diagnosis Related Groups" (DRG) wurde am 1. Januar 2004 in Deutschland eingeführt mit dem Ziel, unnötig lange Liegezeiten in Kliniken zu vermeiden und damit Kosten zu senken.

    "Die Angst vieler Menschen vor Einsamkeit und Schmerzen am Ende des Lebens bedarf einer überzeugenden Antwort aus der Politik, den beteiligten Berufsgruppen und den Finanzierungsträgern des Gesundheitswesens", sagte Professor Dr. Eberhard Klaschik, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, in Aachen. Die Palliativmedizin in Deutschland müsse dafür konsequent weiterentwickelt werden. Dazu gehöre neben einem flächendeckenden Auf- und Ausbau von Palliativstationen, stationären Hospizen und ambulanten Hospiz- und Palliativdiensten eine gesetzliche Regelung, mit der das Recht des Patienten auf eine bedarfsgerechte Palliativ-Versorgung abgesichert sei. Eine solche Regelung gäbe es bereits in Frankreich und anderen Ländern Europas. Klaschik forderte außerdem, die Palliativmedizin als Pflichtlehrfach in die Approbationsordnung für Ärzte aufzunehmen und auch die Ausbildungsordnung für Berufe der Kranken- und Altenpflege um das Fach Palliativmedizin zu ergänzen. Zudem müsse die Forschung in der Palliativmedizin gefördert werden.

    "Die Palliativmedizin ist wichtiger Bestandteil der Hospizidee", sagte Gerda Graf, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG Hospiz). Die Hospizarbeit verbinde in ihrem ganzheitlichen Ansatz Palliativmedizin und -pflege mit der psychosozialen und spirituellen Begleitung der sterbenskranken Menschen. Die BAG Hospiz kooperiert mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.

    Der 5. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin findet gemeinsam mit dem 9. Kongress der European Association for Palliative Care (8. bis 10. April 2005) statt. "Den Teilnehmern des deutschen Kongresses bietet sich damit die Möglichkeit, internationale Experten in der Palliativmedizin zu hören und kennen zu lernen", so Radbruch.

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    Info-Kasten: Palliativmedizin
    Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Dazu gehört die Bekämpfung von Schmerzen und anderer Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot oder Verwirrtheit. Auch psychische, soziale und spirituelle Anliegen rücken verstärkt in den Vordergrund. Die Bezeichnung "Palliativmedizin" leitet sich vom lateinischen Wort "pallium" (Mantel oder Umhang) ab und steht für Linderung, Schutz und Wärme. Die Deutsche Krebshilfe ist Wegbereiterin der Palliativmedizin in Deutschland und hat in deren Weiterentwicklung bislang rund 47 Millionen Euro investiert.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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