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07.06.1999 15:16

Wiederentdeckt: sephardische Juden

Ingrid Hildebrand Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Kassel

    Ein neuer Forschungsgegenstand an der Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) sorgt auch international für beträchtliches Interesse. Denn die sephardischen Juden im mittelalterlichen Spanien waren weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl sie die kulturelle Entwicklung in Europa wesentlich beeinflußt haben.

    Kassel. Ein neuer Forschungsgegenstand an der Universität Gesamthochschule Kassel (GhK) sorgt auch international für beträchtliches Interesse. Denn die sephardischen Juden im mittelalterlichen Spanien waren weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl sie die kulturelle Entwicklung in Europa wesentlich beeinflußt haben. Ins Licht des Interesses werden sie u. a. wieder gesetzt durch die Arbeiten von Privatdozent Dr. Norbert Rehrmann.
    Wenn kulturell hochentwickelte, reiche Bevölkerungsgruppen vertrieben werden, sorgen sie in ihrer neuen Heimat meist für einen gewaltigen Entwicklungsschub. So einst die Hugenotten, die Protestanten der südlichen Niederlande - und auch die sephardischen Juden. Amsterdam, Hamburg, Saloniki, Konstantinopel profitierten von den Emigranten, die 1492 aus ihrer Heimat Spanien vertrieben wurden. Was sie dort hinter sich ließen, war eine kulturelle Glanzepoche: Im mittelalterlichen Spanien, in der jüdischen Sprache als Sefarad bezeichnet, schufen jüdische Denker und Dichter ein Goldenes Zeitalter mit, die Herder als "erste Renaissance Europas" bezeichnet hat.
    Beteiligt waren aber auch Mauren und Christen. Vom 8. bis zum 11. Jahrhundert lebten sie vor allem im Süden, im heutigen Andalusien, relativ friedlich zusammen. Die maurischen Prachtbauten in Cordoba, Granada und Sevilla zeugen noch heute von dem hohen kulturellen Niveau. Weniger bekannt sind bis heute die Spuren, die die Juden in dieser und der Folgezeit hinterließen. Schon Heinrich Heine beklagte die "holde Ignoranz" der europäischen Intellektuellen gegenüber dem "großen Goldzeitalter". Und so studiert denn auch sein "Rabbi von Bacherach" in dem gleichnamigen Romanfragment in Toledo. Denn in den berühmten Übersetzerschulen der Stadt auf der iberischen Halbinsel übersetzten die Juden die wichtigsten Werke der griechischen Klassik ins Lateinische und Spanische. Damit setzte die Religionsgemeinschaft noch Jahrhunderte nach der maurischen Herrschaft die kulturelle Tradition fort. Die vergessenen Werke befruchteten nachhaltig die Renaissance diesseits der Pyrenäen.
    In der internationalen Forschung ist das Fachgebiet der sephardischen Juden vergleichsweise jung. Erst seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sie sich mit der Weltkultur. Thema ist die vor allem in Israel, den USA und Spanien. In Deutschland beschäftigen sich Forscher erst seit Mitte der 90er Jahre ausführlicher mit den sephardischen Juden. Forscherinnen und Forscher an der GhK sind maßgeblich daran beteiligt.
    Den ersten Sepharden Kongreß in Deutschland organisierte Norbert Rehrmann in Kooperation mit dem Bremer Cervantes Institut und der wissenschaftlichen Einheit Iboamerika der dortigen Universität. Unter dem Titel "Spanien und die Sepharden. Geschichte, Kultur, Literatur" ist die daraus resultierende Veröffentlichung jetzt im Niemeyer-Verlag erschienen.
    Rehrmanns Arbeiten und der von ihm mit herausgegebene "Sephardenbrief" mit Berichten über die deutschprachige Sephardenforschung führten zu zahlreichen Einladungen in Europa und Nordamerika. Vorläufiger Höhepunkt der Aktivitäten in Deutschland wird im kommenden Jahr ein internationaler Kongreß mit Teilnehmern aus Spanien, den USA, Lateinamerika und Israel sein.
    Britta Erlemann


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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