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14.11.2005 15:19

Virologe sieht angebliche "HIV-Selbstheilung" kritisch

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    "Einmal mit HIV infiziert, immer mit HIV infiziert"

    Im August 2002 wurde er positiv auf HIV getestet, 14 Monate danach war das Virus angeblich von ganz alleine aus seinem Blut verschwunden, ohne jegliche medizinische Behandlung. Dieser Bericht über einen jungen Briten geht derzeit durch die Medien. Der Virologe Professor Axel Rethwilm von der Uni Würzburg steht der Geschichte äußerst skeptisch gegenüber.

    Die Berichte über die "HIV-Selbstheilung" des 25-jährigen Andrew Stimpson wecken Hoffnungen. Es ist die Rede davon, dass das Immunsystem des Mannes das HI-Virus niedergekämpft habe. Die Schlussfolgerung: Im Immunsystem des Briten stecke vielleicht ein Schlüssel zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen Aids.

    Dazu Rethwilm: "Fachliteratur zu dem Fall ist nicht bekannt, es gibt nur die Zeitungsberichte. Darum fällt ein seriöser Kommentar schwer." Es sollte aber zu denken geben, dass der Patient bislang eine Nachuntersuchung seines Infektionsstatus verweigert habe, wie es in einem Artikel auf BBC-Online heißt. Vor diesem Hintergrund äußert sich der Würzburger Virologe zu den Medienberichten, ohne den angesprochenen Fall genauer zu kennen.

    "Es ist seit langem bekannt, dass es Patienten gibt, deren Immunsystem eine HIV-Infektion sehr lange - vielleicht auf Dauer, aber diese Gruppe ist wahrscheinlich sehr klein -kontrollieren kann, die keine Medikamente brauchen und nicht an Aids erkranken", sagt der Professor. Die Betroffenen tragen teilweise defekte Varianten des Virus in sich, die kaum noch in der Lage dazu sind, die Erkrankung auszulösen. Zum Teil seien für das Phänomen des "Langzeitüberlebens" auch genetische Besonderheiten der Patienten verantwortlich.

    "Aber wie dem auch sei: Infiziert sind diese Patienten trotzdem, und zwar ihr Leben lang", betont Rethwilm: "Einmal mit HIV infiziert, immer mit HIV infiziert." Das liege daran, dass sich das HI-Virus stabil in das Erbgut der befallenen Wirtszellen integriert. Der Infizierte behalte die genetische Information des Virus so lange, wie die infizierten Zellen in seinem Körper leben. Ein großer Teil dieser Zellen lebt zwar nicht lange, nach ein bis zwei Tagen ist nur noch die Hälfte davon vorhanden. Doch in dieser Zeit produzieren 100 Millionen dieser Zellen pro Tag etwa zehn Millionen neue Viren - falls der Patient nicht therapiert wird.

    Am anderen Ende der "Skala des Möglichen" findet man laut Rethwilm auch infizierte Zellen, die Jahre bis Jahrzehnte "schlummern", bis sie und das Virus in ihnen wieder aktiviert werden. Wann das passiert, könne nicht vorhergesagt werden, und der Zeitraum bis zu diesem Ereignis könne nur Monate betragen. "Aber wohlgemerkt: Auch wenn ein HIV-Patient klinisch unauffällig ist, bleibt er ein HIV-Patient, mit dem Virus infiziert und wird dieses nicht mehr los. Dies ist etwas völlig anderes, als es die Berichte in den Zeitungen suggerieren", so der Virologe.

    Was auch immer hinter dem Fall des jungen Briten stecken mag: Nach Angaben der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation sterben jedes Jahr rund drei Millionen Menschen weltweit an Aids. Rethwilm: "Ich halte es deshalb für unverantwortlich, diesen dubiosen Fall hochzujubeln."


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Personalia, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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