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10.04.2000 13:47

Expertenkommission legt Empfehlungen zur Hochschuldienstrechtreform vor

Iris Büscher Pressereferat
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

    Bulmahn: "Reform des Dienstrechts wird in dieser Legislaturperiode umgesetzt"

    Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, hat am heutigen Montag in Berlin die Empfehlungen der Expertenkommission "Reform des Hochschuldienstrechts" entgegengenommen. Die Kommission war im Juni 1999 von ihr berufen worden. Die Kommission sollte darüber beraten, wie junge Wissenschaftler früher und unabhängig lehren und forschen können sowie über die Einführung eines wettbewerbs- und stärker leistungsorientierten Besoldungssystems. Darüber hinaus sollte die Kommission Wege erarbeiten, wie die Mobilität zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft gesteigert werden könnte.

    Bundesministerin Bulmahn dankte dem Vorsitzenden der Kommission, Prof. Dr. Hans Meyer, seinem Stellvertreter, Dr. Wilhelm Krull, und den anderen Mitgliedern der Kommission für die geleistete Arbeit. In einer ersten Bewertung der Empfehlungen wies sie darauf hin, dass die Bundesregierung die Leistungs- und Innovationsfähigkeit des deutschen Wissenschafts- und Forschungssystems stärken wolle. Sie hob hervor, dass die Arbeit der Kommission vor allem auch von dem Ziel geleitet worden sei, die Reform des Dienstrechts an den Hochschulen noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Es sei notwendig, jetzt den Generationswechsel an den Hochschulen zu nutzen, um die Dienstrechtsreform zu verankern.

    Zu den Ergebnissen erklärte Bulmahn: "Mit der von der Kommission vorgeschlagenen Juniorprofessur haben in Zukunft junge hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen größere Entwicklungsmöglichkeiten als sie in der bisherigen Personalstruktur der Hochschulen bestehen. Sie können bereits mit Anfang 30 erstmals eigenverantwortlich forschen und lehren."

    Die Ministerin teilte die Auffassung der Kommission, dass mit Einführung der Juniorprofessur die Habilitation entbehrlich werde. "Die Habilitation als Prüfungs- und Lizensierungsverfahren steht der gewollten größeren Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses entgegen. Mit dem Verzicht auf die Habilitation wird auch der Wissenschaftsstandort Deutschland im Wettbewerb um die besten Nachwuchswissenschaftler international konkurrenzfähiger", so Bulmahn.

    Die Empfehlungen der Kommission für eine stärker leistungsorientierte Besoldung der Professoren wertete Bulmahn als "mutig und zukunftsweisend." Auch wenn über die Einzelheiten mit allen Beteiligten noch intensiv beraten werden müsse, sei das Grundkonzept des vorgeschlagenen Besoldungssystems überzeugend: "Es sei wichtig und notwendig, dass nicht das Älterwerden von Professoren zu einem großen Teil das Gehalt bestimme, sondern dass auch die Leistung in Lehre und Forschung bewertet wird und einen Teil des Gehaltes ausmacht."

    Vor einer Realisierung der Empfehlung der Kommission zur Professorenbesoldung müssten nach Ansicht der Ministerin noch einige schwierige Fragen geklärt werden. Dabei gehe es z. B. um die Ämterdifferenzierung zwischen Fachhochschulen und Universitäten, die Befristung leistungsabhängiger Bezahlungsbestandteile sowie die Sicherung der Ruhegehaltfähigkeit der Besoldung im bisherigen Umfang.

    Abschließend wies Bundesbildungsministerin Bulmahn auf die Finanzneutralität der Reform hin: "Klar ist: die Besoldung der Professoren soll leistungsgerechter, aber insgesamt nicht weniger werden."

    Die Reform des Hochschuldienstrechts soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. "Die Chancen dafür sind sehr gut", erklärte Bulmahn. Sie wies darauf hin, dass an den Beratungen der Expertenkommission sowohl Vertreter der SPD- und CDU-geführten Bundesländer als auch Vertreter der beteiligten Ressorts teilgenommen hätten.

    Die Kommission schlägt folgende wesentliche Änderungen vor:

    Empfehlungen zum Personalstatut für das wissenschaftliche Personal

    Die Kommission geht bei ihren Empfehlungen aus pragmatischen Gründen weiterhin vom Beamtenstatus der Professorinnen und Professoren als Regelfall aus. Unterhalb der Professorenebene soll das Angestelltenverhältnis das typische Dienstverhältnis sein. Mittelfristig empfiehlt sie jedoch ein eigenständiges Personalstatut für den Wissenschaftsbereich.

    Unabhängig davon erscheinen folgende Änderungen im Beamten- und Angestelltenrecht notwendig:

    Reformansätze im Beamtenrecht
    Eine höhere Mobilität ist dringend notwendig. Der Wechsel aus der Hochschule in die Wirtschaft sowie in das Ausland und umgekehrt müssen erleichtert werden. Das setzt unter anderem voraus, dass die Versorgungsanwartschaften mitgenommen werden können.

    In allen Bundesländern soll auch schon bei der Einstellung von Professorinnen und Professoren eine Teilzeitbeschäftigung ermöglicht werden.

    Das Nebentätigkeitsrecht ist reformbedürftig. Die neben dem Professorenamt typischerweise ausgeübten Tätigkeiten der Professorinnen und Professoren unterscheiden sich so gravierend von den Nebentätigkeiten der übrigen Beamtenschaft, dass eine eigenständige, wissenschaftsadäquate Regelung erforderlich ist.

    Reformbedürfnisse im Arbeitsrecht
    Für Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen soll eine eigenständige wissenschaftsadäquate Tarifgestaltung erfolgen, die auch das wissenschaftsakzessorische Personal einbezieht.

    Das derzeitige System befristeter und unbefristeter Tätigkeiten in Wissenschaft und Forschung soll grundsätzlich beibehalten werden. Notwendig erscheinen Änderungen im bisherigen Rahmen der Zeitvertragsbestimmungen, die die gesetzlichen Regelungen für die Praxis leichter handhabbar machen.

    Empfehlungen zur Neugestaltung des Qualifikationsweges der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Universitäten

    Als Qualifikationsvoraussetzung für eine Lebenszeitprofessur an Universitäten soll eine befristete Juniorprofessur eingeführt werden.

    Die Promotion als Vorbereitung auf die Juniorprofessur soll grundsätzlich nach 3 Jahren abgeschlossen sein. Wird vor der Juniorprofessur eine Postdoc-Phase durchlaufen, so dürfen Promotions- und Postdoc-Phase zusammen nicht mehr als sechs Jahre betragen.

    Juniorprofessorinnen und -professoren haben das Recht zur selbständigen Forschung und Lehre. Sie haben das Promotionsrecht. Eine zeitlich gestaffelte Lehrverpflichtung ist vorzusehen. Ihnen ist ein eigenes Budget zuzuweisen und eine drittmittelfähige Grundausstattung zu gewähren.

    Mit der Einführung der Juniorprofessur kann das Habilitationsverfahren entfallen.

    Juniorprofessuren sollen aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung in einem Auswahlverfahren unter Einbeziehung externer Gutachten in Verantwortung des Fachbereichs besetzt werden. Eine Überleitung findet nicht statt. Juniorprofessuren sollen auch in Kooperation von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen geschaffen werden.

    Die Juniorprofessur ist auf zwei mal drei Jahre befristet. Geht ihr eine Postdoc-Phase voraus, so wird diese auf die Frist nicht angerechnet.

    Nach den ersten drei Jahren wird eine Zwischenevaluation durchgeführt. Bei positiver Bewertung wird die Juniorprofessur auf insgesamt sechs Jahre verlängert. Bei negativer Evaluation scheiden Juniorprofessorinnen und -professoren nach einem Auslaufjahr aus.

    Die Bezahlung der Juniorprofessorinnen und -professoren soll sich an C 2 orientieren. Durch variable Gehaltsbestandteile kann unterschiedlichen Marktgegebenheiten Rechnung getragen werden.

    Im Anschluss an eine Juniorprofessur soll die Berufung auf eine Professur auf Dauer/Lebenszeit erfolgen. Eine Berufung an derselben Hochschule ist möglich, wenn zu Beginn der Juniorprofessur ein Hochschulwechsel erfolgt war.

    Empfehlungen zu einer stärker leistungsorientierten Besoldung der Professorinnen und Professoren

    Es soll eine wettbewerbsfähige und flexible leistungsorientierte Vergütungsstruktur geschaffen werden. Für Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen und an Universitäten soll jeweils ein einziges Amt mit einem festen Gehaltsbestandteil als Ausgangsbetrag festgelegt werden, der durch verhandelbare variable Gehaltsbestandteile ergänzt wird.

    Die variablen Gehaltsbestandteile werden durch Wegfall der Altersstufen bei den Grundgehältern und der bisherigen Zuschüsse anlässlich von Berufungs- und Bleibeverhandlungen finanziert.

    Die Reform knüpft an das derzeitige Gesamtvolumen der Professorenbesoldung an und ist grundsätzlich kostenneutral realisierbar, führt also als solche weder zu einer Absenkung noch zu einer Erhöhung des derzeitigen Besoldungsaufwands.

    Der Ausgangsbetrag soll an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen 8.300 DM und an Fachhochschulen 7.000 DM betragen. Für variable Gehaltsbestandteile stehen darüber hinaus durchschnittlich je Professur rund 1.850 DM an Fachhochschulen und rund 2.150 DM an Universitäten zur Verfügung. Das gesamte Besoldungsvolumen nimmt an regelmäßigen Besoldungsanpassungen teil. Das neue Besoldungssystem enthält keine Obergrenzen für die individuelle Besoldung. Der Dienstherr erhält im Rahmen des zur Verfügung stehenden Finanzvolumens damit erheblich größere Spielräume für eine leistungsgerechte Besoldung der Professorenschaft.

    Die Übernahme von Leitungsämtern an Hochschulen und Fachbereichen soll künftig im Rahmen der Festsetzung der variablen Gehaltsbestandteile stärker berücksichtigt werden.

    Variable Gehaltsbestandteile sind vorgesehen
    § für die individuelle Leistung in den Bereichen Forschung, Lehre, Weiterbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses,
    § aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen sowie
    § für die Übernahme von Funktionen und Gemeinschaftsaufgaben.

    Bei der Bewertung individueller Leistungen muss qualitativen Gesichtspunkten ausreichend Rechnung getragen werden. Die Festlegung der Bewertungskriterien soll den Fachbereichen im Zusammenwirken mit der Hochschulleitung obliegen.

    Die individuelle Leistungsbewertung ist Teil eines umfassenden Evaluationssystems. Externe Fachgutachten erhalten hierbei eine zentrale Bedeutung. Im Bereich der Lehre werden die Ergebnisse der studentischen Veranstaltungsevaluation eine Basis der Beurteilung durch Fachgutachterinnen/Fachgutachter bilden. Auf dieser Grundlage gibt die Fachbereichsleitung ihre Bewertung und einen Entscheidungsvorschlag ab. Für die abschließende Entscheidung sind innerhalb der Hochschulen geeignete Formen zu entwickeln.

    Die Bewertung der individuellen Leistungen soll im Abstand von fünf bis sieben Jahren erfolgen und in Ausnahmefällen auf Antrag möglich sein.

    Variable Gehaltsbestandteile, die auf qualitativen Leistungsbewertungen beruhen, sollen regelmäßig unbefristet, aber ohne Dynamisierung vergeben werden.

    Variable Gehaltsbestandteile, die in Berufungs- und Bleibeverhandlungen vereinbart werden, können befristet oder unbefristet, mit oder ohne Dynamisierung vereinbart werden.

    Variable Gehaltsbestandteile für die Übernahme von Funktionen in der Hochschulselbstverwaltung oder von Gemeinschaftsaufgaben werden regelmäßig befristet vergeben, die erstgenannten mit einer Dynamisierung, letztere ohne.

    Variable Gehaltsbestandteile müssen insgesamt in dem Umfang ruhegehaltfähig sein, in dem die zu ihrer Finanzierung dienenden Teile der heutigen Professorenbesoldung ruhegehaltfähig sind.

    Das neue Besoldungssystem soll nach der Einführung bei allen Berufungen sowie im Falle von Bleibeverhandlungen gelten. Bereits tätige Professorinnen und Professoren haben die Option, in das neue System zu wechseln.


    Weitere Informationen:

    http://www.bmbf.de/deutsch/veroeff/index.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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