Freiburger Anthropologin fragt nach der Echtheit des Schädels im Mausoleum von Eisenstadt
Schädelraub der Zweite: Nicht nur Friedrich Schiller wurde Opfer eines skrupellosen Grabräubers, auch der Schädel des österreichischen Komponisten Joseph Haydn (1723 - 1809) wurde wenige Tage nach seinem Tod abgetrennt und verschwand in einer privaten Sammlung. Erst rund 150 Jahre nach seinem Tod wurde der wieder aufgetauchte Schädel beerdigt. Die Freiburger Anthropologin Prof. Dr. Ursula Wittwer-Backofen hat auch in diesem historischen Kriminalfall mit modernen Untersuchungsmethoden ermittelt, ob es sich um den echten Schädel handelt. Der von 3Sat und vom Österreichischen Rundfunk in Auftrag gegebene und Samstagabend ausgestrahlte Dokumentarfilm verfolgt die Spur des geraubten Kopfes, die im Gegensatz zum geraubten Schiller-Schädel immer genau zu verfolgen war.
Der eigentliche Übeltäter war ein ehemaliger Sekretär des Fürsten Esterházy, bei dem Haydn als Hofmusiker lebte. Carl Joseph Rosenbaum, ein Anhänger des Anatomen und berühmten Schädelsammlers Franz Joseph Gall, beauftragte Grabräuber mit dem Schädelklau und bemächtigte sich des Schädels. Erst 1820 wurde zum ersten Mal beim Öffnen des Grabes in Wien das Fehlen des Schädels festgestellt. Fürst Nikolaus II. hatte in Eisenstadt für Haydn ein Mausoleum errichtet und verlangte die Herausgabe der Gebeine. Rosenbaum weigert sich, den Schädel herauszugeben und in der Folge wanderte der Schädel von einem Sammler zum nächsten, bis er Ende des 19. Jahrhunderts der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde gehörte. Erst 1953 erreichte die Familie Esterházy, dass der Schädel zu dem übrigen Skelett aus Wien nach Eisenstadt überführt und dort in einer feierlichen, von viel Prominenz begleiteten Zeremonie 1954 bestattet wurden. Konnte es sich angesichts einer mehr als hundert Jahre dauernden Odyssee mit wechselnden Besitzern, die zum Teil von Anatomie nicht viel verstanden, wirklich noch um den echten Schädel handeln, war die berechtigte Frage.
Die Freiburger Anthropologin nutzte moderne bildgebende Verfahren, um Todesmaske und Schädelabguss zu vergleichen. Bekannt war, dass Haydn im Alter massive gesundheitliche Probleme hatte, die zu Verwachsungen und Schädelverformungen im Nasen- und Kieferbereich führten. Mit Hilfe moderner Computertomographie bewies Wittwer-Backofen, dass die morphologischen Merkmale der Totenmaske und des Schädelabgusses übereinstimmten. Fest steht: Im Mausoleum in Eisenstadt liegt der echte Haydn-Schädel, der eine rund 150 Jahre dauernde, bespiellose Wanderung von Räubern zu Sammlern unbeschadet überstanden hat.
Kontakt:
Prof. Dr. Ursula Wittwer-Backofen
Institut für Humangenetik und Anthropologie
Tel.: 0761/203-6896
Fax: 0761/203-6898
E-Mail: anthropologie@uniklinik-freiburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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