idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.09.2014 13:51

Kulturpolitischer Weltkongress erstmals in Deutschland / Kunst in Konflikten, Kulturnutzer, Bildung

Isa Lange Pressestelle
Stiftung Universität Hildesheim

    400 Kulturakteure und Forscher aus 60 Ländern stellen Ergebnisse auf dem Weltkongress der Kulturpolitikforschung vor. Darum geht's zum Beispiel: Künstler in Konflikten, Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur in der arabischen Welt, Künstler während der Gezi-Proteste in der Türkei, Kulturkooperationen zwischen der EU und Russland, Freihandelsabkommen zwischen EU und USA: TTIP und die Kultur, Zusammenarbeit zwischen Schule und Kultureinrichtungen, Amateurtheater und Posaunenchor: Kultur in ländlichen Regionen, Wer geht in Museen und Theater, wer nicht?, Künstler als Multijobber; Umweltprobleme lösen: Theater dient nicht nur der Unterhaltung, Lebensdaten von Kultureinrichtungen seit 1990.

    Kulturpolitischer Weltkongress erstmals in Deutschland

    9. bis 12. September 2014
    Universität Hildesheim
    Kulturcampus Domäne Marienburg
    (Domänenstraße, 31141 Hildesheim)

    Fortsetzung am 12. und 13. September 2014 in Berlin

    [Worum geht's? Einige Beispiele aus dem Programm finden Sie untenstehend]

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    sehr geehrte Kultur- und Politikredaktionen,

    wir laden Sie herzlich ein: Der Weltkongress für Kulturpolitikforschung macht nach Montreal, Istanbul und Barcelona erstmals in Deutschland Station: Die Universität Hildesheim richtet die Konferenz auf dem Kulturcampus aus, einer 650 Jahre alten Burganlage. 400 Kultur-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler sowie Kulturschaffende aus 60 Ländern stellen empirische Untersuchungen vor und berichten über kulturpolitische Entwicklungen. In 200 Vorträgen befassen sie sich mit der Rolle von Kultur in Konflikten und welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit Künstler gesellschaftliche Wirkung erzielen können. Sie diskutieren, wie Kultur und Künste in den Lebenswegen von Kindern und Jugendlichen einen Platz erhalten und wer Museen, Theater und Kultureinrichtungen besucht (Partizipation).

    In Hildesheim ist ein Zentrum für kulturpolitische Forschung entstanden: Hier lehrt und forscht der erste Universitätsprofessor für Kulturpolitik. Die UNESCO hat die Arbeit von Professor. Wolfgang Schneider mit einem UNESCO-Lehrstuhl „Cultural Policy for the Arts in Development“ (Kulturpolitik für die Künste innerhalb gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse) ausgezeichnet. Die Wissenschaftler untersuchen mit Partnern aus dem Mittelmeerraum, afrikanischen und arabischen Ländern den Einfluss der Künste auf gesellschaftliche Entwicklungsprozesse.

    Detailliertes Programm und alle Abstracts als PDF:
    International Conference on Cultural Policy Research (ICCPR 2014)
    http://www.uni-hildesheim.de/media/presse/Weltkongress_Kulturpolitik_Uni_Hildesheim.pdf

    Eröffnung in Hildesheim:
    Der 8. Weltkongress für Kulturpolitikforschung wird eröffnet am Dienstag, 9. September 2014, um 18:00 Uhr im Theater für Niedersachsen (Theaterstraße 6, Hildesheim). Prof. Dr. Bernd M. Scherer, Intendant des „Hauses der Kulturen der Welt” (Berlin), spricht über „Das Anthropozän. Herausforderungen für die Kulturpolitik eines neuen Endzeitalters“. Basma El Husseiny vom Kulturforschungsinstitut Al Mawred Al Thaqafy (Kairo, Ägypten) spricht über kulturpolitische Entwicklungen in arabischen Ländern. Studierende der Kulturwissenschaften geben Einblicke in die künstlerische Praxis (Musik, Film, Theater).

    Empfang in Berlin
    Der Beauftragte des Landes Niedersachsen beim Bund, Staatssekretär Dr. Michael Rüter, und der Direktor des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim, Prof. Dr. Wolfgang Schneider, laden ein zum Empfang am Freitag, 12. September 2014, um 19.00 Uhr in der Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund (In den Ministergärten 10, 10117 Berlin). Nach Statements von Tim Renner (Kulturstaatssekretär des Landes Berlin) und Dr. Gabriele Heinen-Kljajić (Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur) sprechen die internationalen Gäste mit deutschen und europäischen Kulturpolitikern und Verantwortlichen von Kulturinstitutionen (u.a. Kinder- und Jugendtheater GRIPS, Goethe-Institut). Dann besuchen sie die Staatlichen Museen zu Berlin auf der Museumsinsel, das GORKI Theater mit seinem interkulturellen Theaterensemble und das Radialsystem/Holzmarkt, wo Künstler und Kreative zusammenkommen (siehe: www.iccpr2014.de/berlin-program/).

    Medienkontakt und Presseakkreditierung:
    Pressestelle der Uni Hildesheim
    E-Mail: presse@uni-hildesheim.de
    Telefon: 05121.883-90100 und 0177.8606905
    Journalisten werden gebeten, sich bis zum 9. September 2014 anzumelden. Die Pressestelle unterstützt Sie bei der Recherche und stellt telefonischen sowie persönlichen Kontakt zu Forschern und Kulturschaffenden her.

    Presseinformation zur Konferenz:
    http://www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/rolle-von-kultur-in-konflikten/

    Mit freundlichen Grüßen,
    Isa Lange

    Worum geht‘s? Einige Beispiele aus dem Programm:

    → Künstler in Konflikten / Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur in der arabischen Welt:
    Wie arbeiten Dokumentarfilmer, Autoren, Schauspieler oder Graffiti-Künstler in politischen Umbrüchen? Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, damit Künstler gesellschaftliche Wirkung erzielen können? Basma El Husseiny (Ägypten) vom Kulturforschungsinstitut „Al Mawred Al Thaqafy" in Kairo (LINK: http://mawred.org/about-us/) spricht zur Eröffnung des Weltkongresses über aktuelle kulturpolitische Entwicklungen in arabischen Ländern.
    „Seit dem ersten Tag der Revolution waren Künstler dort draußen, in Tahrir Square und Bourguiba Street. Die meisten Künstler waren zuvor dem großen Publikum unbekannt. Sie waren keine Stars der kommerziellen Filmindustrie und sie wurden von Arbeit, Medienauftritten und Reisen ausgeschlossen, die das Kulturministerium so lange nur einem bestimmten Teil der Kunstszene ermöglichte“, sagt Basma El-Husseiny. Sie ist auch als Expertin im „Arterial Network" aktiv, das Künstler sowie Kulturmanager in afrikanischen Ländern vernetzt. Sie verantwortet interne Berichte, die zu den Kulturpolitiken der arabischen Region erschienen sind. Nachzulesen sind dort die nationalen Entwicklungen, zumeist beobachtet, analysiert und reflektiert von kulturpolitischen Gruppen vor Ort. Die Gruppe kulturpolitisch Engagierter im Libanon hat sich juristischen Rat eingeholt, eine Expertise in Auftrag gegeben, die Gesetze und Verordnungen in der Kulturlandschaft überprüft und eine Prioritätenliste zur Umsetzung zusammengestellt, die derzeit in Politik und Zivilgesellschaft diskutiert wird. Außerdem empfiehlt ein Dokument das politische Zusammendenken von Kultur und Bildung. Aus der Gruppe im Jemen ist ein „Non-governmental National Committee of Cultural Policies" geworden, erstmals gab es einen nationalen Austausch zwischen staatlichen Kulturinstitutionen und der freien Kunstszene.

    → Arab Cultural Policy Group – zivilgesellschaftliche Initiative:
    Die „Arab Cultural Policy Group“ hat sich 2009 formiert. Künstler aus mehreren Ländern Nordafrikas machen sich Gedanken, wie Gesellschaft aussehen kann und unter welchen Rahmenbedingungen Künstler arbeiten. Sie kommen u.a. aus Algerien, Ägypten, Jordanien, Libanon, Palästina, Marokko, Syrien und Tunesien. Die Kulturschaffenden arbeiten an Konzepten, wie Infrastruktur für die Künste aufgebaut, wie Künstler unterstützt und wie die Teilhabe an Künsten gemanagt werden kann. Die Kulturpolitikforscher der Universität Hildesheim begleiten sie dabei, so fand zum Beispiel 2014 ein Forschungsatelier in Berlin statt. Als europäischer Partner ist das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim an einem Aufbau eines Masterstudiengangs „Kulturpolitik und Kulturmanagement in der arabischen Welt" beteiligt. Es liegen Ergebnisse aus einer Durchführbarkeitsstudie und Analyse vor. Die Planung laufen derzeit, vsl. wird der Studiengang in Marokko angesiedelt.
    In vielen arabischen Staaten wird der Kultursektor dominiert von Kulturministerien und dem Staat. Es ist nicht möglich, kulturpolitische Entwicklungen ohne den politischen Kontext zu betrachten. Der gegenwärtige Zustand des politischen Übergangs und der Unruhe stellt beides dar: eine Herausforderung und eine Gelegenheit für kulturpolitisch aktive, die sich für den Aufbau eines stärker unabhängigen Kultursektors und für politische Reformen einsetzen. Auf dem Weltkongress analysieren die Kulturschaffenden und Forscher aktuelle Entwicklungen u.a. in Ägypten, Algerien, Tunesien, Jordanien, Syrien und Marokko.

    Beim Weltkongress gestalten Mitglieder der „Arab Cultural Policy Group“ das Programm mit:

    „Developments in cultural policy during times of political crisis: perspectives from the Arab region – protecting expression and building institutions"
    (Mittwoch, 10. Sept., 16.30 bis 18:00 Uhr)
    • Khaled Al Khamissi, Arab Cultural Policy Group, Lebanon
    • Toleen Touq, Arab Cultural Policy Group, Jordan: Cultural support systems and new forms of artistic expression
    • Hossam Fazalla, Association for Freedom of Thought and Expression, Egypt: Legal frameworks for freedom of artistic expression
    • Liwaa Yazji, Arab Cultural Policy Group, Syria: Cultural civil society organizations as a new player
    • Rana Yazaji, Culture Resoucre (Al Mawred Al Thaqafy) & Arab Cultural Policy Group, Syria

    „Developments in cultural policy during times of political crisis: perspectives from the Arab region – restructuring and public funding"
    (Donnerstag, 11. Sept., 16:30 bis 18:00 Uhr)
    • Amine Moumine, Hassan II Mohammedia-Casablanca University, Morocco
    • Cyrine Gannoun, Arab Cultural Policy Group, Tunisia: Cultural strategies at transitional times, the case of Tunisia
    • Ammar Kessab, Arab Cultural Policy Group, Algeria: Public funding of culture in Algeria, Egypt, Morocco and Tunisia: current state and perspectives
    • Basma El Husseiny, Culture Resoucre (Al Mawred Al Thaqafy) & Arab Cultural Policy Group, Egypt: Restructuring of ministries of culture: tools and processes, the case of Egypt
    • Diskussion mit Milena Dragicevic Šešic, University of Arts Belgrade, Serbia

    → In ländlichen Regionen / Kulturprojekte für alte Menschen:
    Rune Kobayashi (Japan) spricht über die Rolle von Kulturprojekten in einer alternden Gesellschaft wie Japan. Die ländlichen Regionen leiden am meisten unter dem starken Bevölkerungsrückgang. Zeitgleich kann man eine kuriose Entwicklung beobachten: Es gibt einen Boom von zeitgenössischen Kunstprojekten in kleinen japanischen Dörfern und Städten. Sie sind die treibenden Kräfte für ländliche Erholung und Regeneration, sagt Kobayashi. Die Studie zeigt, wie diese Gegenwartskunstprojekte seit den 1960er Jahren entstanden und warum sie so beliebt sind.

    → Nicht-professionelle Theaterspielerinnen:
    Wie verlaufen Biographien von jungen nicht-professionellen Theaterspielerinnen in Japan? Viele Forscher konzentrierten sich bisher nur auf Profis in Musik, Theater und Bildender Kunst. Kaori Takahashi (Japan) analysiert in seiner Studie, das Leben und die Karrieren von jungen vollzeitarbeitenden Laienschauspielerinnen, die in kleinen Theatergruppen in Tokyo spielen. Manche geben nach einer Zeit komplett auf, andere Frauen arbeiten als Nicht-Profis weiter. Was treibt sie an?

    → Kulturpolitik in Iran seit 1925:
    Welche kulturpolitischen Entscheidungen prägten das Land Iran in den vergangenen 90 Jahren? Der Historiker Majid Hajibabaee (Iran) vergleicht in seinem Vortrag die Kulturpolitik in Iran von 1925 bis 1997.

    → Freihandelsabkommen zwischen EU und USA / TTIP und die Kultur:
    Ola Kveseth Berge (Norwegen) spricht auf dem Weltkongress über die kulturpolitischen Seiten der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Er geht auf die kulturpolitischen Interessenkonflikte zwischen Frankreich und den USA ein, wie diese in den jeweiligen kulturpolitischen Traditionen wurzeln, aber auch darauf, wie Kultur nationale Identität präsentiert.

    → Geboren und gestorben / Lebensdaten von Kultureinrichtungen seit 1990:
    Kiley Arroyo, Nathan Dietz und Lawrence McGill (Harvard, USA) untersuchen Daten zur Gründung und Auflösung von nicht-kommerziellen Kultureinrichtungen in 6 Metropolregionen in den USA zwischen 1990 bis 2010. Die Studie zeigt den Einfluss von Finanzen, der geografischen Lage, der künstlerischen Disziplin und der Dichte der Kulturinstitutionen in der jeweiligen Region auf das Überleben von Kultur-einrichtungen. Zu „Überleben“ heißt nicht immer, gut zu überleben, so die Forscher.

    → The silence of Barack Obama: Presidential Power
    Sarah Cunningham (USA) hat die kulturpolitischen Entscheidungen und die kulturpolitische Leistung des US-Präsidenten Barack Obama von 2008 bis 2014 analysiert. Er hatte zu Beginn der Amtszeit den Ausbau kultureller Beziehungen zu anderen Ländern und kulturelle Bildung auf die Agenda gebracht.

    → EU – Russland / Kulturelle Kooperationen von 2000 bis 2012:
    Russland war das erste Partnerland der EU, mit dem enge kulturelle Kooperationseinrichtungen begründet wurden. Die kulturelle Zusammenarbeit hätte ein gutes Beispiel dafür sein können, wie die EU mit Drittstaaten zusammenarbeitet, die andere Normen und Wertvorstellungen haben. Stephanie Mai (Deutschland) hat die kulturelle Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland von 2000 bis 2012 analysiert. Die Untersuchung zeigt, wie Kulturkooperationen im Schatten von komplizierten politischen Dialogen irrelevant werden. Anstatt ein Forum für Austausch und Diskussion über unterschiedliche Normen und Werte zu schaffen, gibt es kaum Bereitschaft, Differenzen offen anzusprechen.

    → Estland / Einfluss sowjetischer Kulturpolitik:
    Egge Kulbok-Lattik (Estland) zeigt, wie staatliche Einmischung und Institutionen der sowjetischen Kulturpolitik in Estland implementiert wurden. Der Forscher diskutiert auf dem Weltkongress, den Einfluss der sowjetischen Kulturpolitik auf und den intensiven Zugang zur kulturellen Praxis in Estland.

    → Die Kunst des Widerstands / Wer würde sein Leben geben für die Künste?:
    Ein Theaterregisseur wird vor seiner Wohnung erstochen. Ein Filmemacher wird entführt, seine Finger abgeschnitten. Ein Radio-DJ wacht auf und sieht sein Auto in Flammen stehen. Eine Tänzerin wird vergewaltigt. Ein Sänger wird für Jahre ins Gefängnis gesperrt. Einem TV-Komiker wird gedroht, er solle nicht weiterarbeiten. Zunehmend setzen sich Künstler mit ihren Arbeiten politisch und sozial ein, oft mit gefährlichen persönlichen Konsequenzen in Ländern mit repressiven Regimen, sagt Mary Ann de Vlieg von „freeDimensional“ – einer der wenigen Nichtregierungs-organisationen, die sich an der Schnittstelle von Kunst und Menschenrechte engagieren. Sie spricht mit Kulturpolitikforschern und Künstlern zum Thema „Who will lay down their life for art?“. Messen wir die Leistung der Künstler an der Anzahl des Publikums, das sie erreichen, und an dem finanziellen Gewinn, den ihr Theaterstück oder ihr Buch erzeugt? Welchen Wert hat die Arbeit von Künstlern?

    → Afghanisches Theater auf europäischen Bühnen:
    In sozialen Online-Medien, auf Youtube und Festivals sieht man Dokumentarfilme und Theaterstücke über Länder in politischen Umbrüchen. Masasit Matis Puppentheater „Top Goon” kritisiert das Regime von Baschar al-Assad in Syrien; Laila Soliman dokumentiert die Grausamkeiten gegen Demonstranten in Ägypten („No Time for Art”). Afghanistan hingegen ist online und auf Festivals kaum repräsentiert und weniger sichtbar für das internationale Publikum, sagt Hannah Neumann (Deutschland). In Programmen von Festivals tauchen wenige afghanische Schauspieler und Regisseure auf. Warum gibt es international kaum Nachfrage nach afghanischen Produktionen?

    → Algerien 7 Unterstützung für Frauen:
    Juniorprofessor Fatima Zohra Benneghrouzi (Algerien) spricht im Vortrag „The Disempowerment of Women through the Genderising of Space/Place in the City of Mostaganem“ über die Schwächung von Frauen in der algerischen Stadt Mostaganem, indem sie aus Plätzen in der Stadt ausgeschlossen werden. Benneghrouzi hat 35 Frauen im Alter von 20 bis 45 Jahren nach ihren persönlichen Erfahrungen befragt. Sie fragt: Wie können Frauen unterstützt werden?

    → Nigeria und Südafrika / Durch Theater Umweltprobleme lösen:
    Derzeit schwingt sich der nigerianische Forscher Ofonime Inyang aus Pretoria/Südafrika auf das Fahrrad und strampelt wie alle anderen durch Hildesheim. Er ist für einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt an der Universität. Er untersucht, wie Menschen in ländlichen Gebieten in Südafrika und Nigeria durch kulturelle Initiativen über Umweltprobleme nachdenken. Mit Theateraufführungen möchte er gegen Wasserverschmutzung, Rodung und Bodenabnutzung angehen. „Ich denke, dass Theater das Verhalten der Menschen verändern kann, auch wenn es nicht sofort etwas verändert. Es ist eine Plattform, die es möglich macht, das jetzige Verhalten zu reflektieren und das zukünftige zu ändern. Wenn Menschen zu einer Aufführung kommen, gehen sie mit etwas Neuem nach Hause. Etwas ist in ihrem Gedächtnis geblieben“, so der Nachwuchswissenschaftler. Nach der Theateraufführung reden die Besucher über die Vorführung. Ofonime Inyang hat 6 Monate mit Menschen in drei Dörfern im südlichen Nigeria gelebt, mit ihnen in der Landwirtschaft und im Fischfang gearbeitet. Zunächst hat er dort mitgeholfen, auch wenn das einmal heißt, ein Fischernetz zu reparieren oder Löcher in den Acker zu hauen. Dann hat er mit ihnen ein Theaterstück produziert. Er ist überzeugt, dass Theater Menschen zum Handeln auffordern kann: „Theater ist ein starkes Instrument, es dient nicht nur der Unterhaltung. Ich bin der Meinung, dass Theater die Umweltprobleme stoppen kann. Es wird schwer, aber ich denke, es wird funktionieren, da Theater die Menschen anlockt und jeder interessiert an einer guten Geschichte ist.“
    Auf dem Weltkongress spricht Ofonime Inyang darüber, was notwendig ist, damit Theater eine gesellschaftliche Funktion einnehmen und somit etwas verändern kann.

    → Afrikanisches Künstler-Netzwerk „Arterial Network”:
    (LINK: http://www.arterialnetwork.org/about/vision)
    Künstler aus afrikanischen Ländern haben sich organisiert und machen sich Gedanken, wie Gesellschaft aussehen kann, darunter Algerien, Ägypten, Tunesien, Burkina Faso, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Togo, Ghana, Liberia, Mali, Ruanda, Sudan, Tansania, Uganda, Kongo, Namibia, Südafrika und Zimbabwe. Die Universität Hildesheim arbeitet mit dem Netzwerk zusammen, etwa in Forschungsateliers. Kulturschaffende und Forscher aus dem „Arterial Network“ gestalten das Programm auf dem Weltkongress mit, zum Beispiel:
    • Nadia Nkwaya (Arterial Network, Ruanda)
    • Malaika Toyo (Arterial Network, Nigeria) spricht über die Chancen, mit den Künsten auf gesellschaftliche Herausforderungen wie Ausgrenzung und Ungleichheit zu reagieren. Beiträge aus der Kultur- und Kreativwirtschaft erhielten zu wenig Beachtung, so Toyo.

    → Europa / Zwischen Spektakel und Krise / Effekte der Kulturhauptstadt:
    Miguel Anxo Rodríguez González (Spanien) zeigt in seiner Untersuchung, wie Santiago de Compostela und Porto – um die Jahrtausendwende Kulturhauptstädte Europas – vom Spektakel in die Krise fallen. Bisher lagen keine Daten vor, welche Effekte die Auszeichnung als Kulturhauptstadt auf den lokalen Kulturbereich hat. González zeigt, wie sich die Städte in wenigen Jahren von Orten mit viel Budget für Kultur wandelten in Städte, die unter drastischen Einschnitten seit der Wirtschaftskrise leiden.

    → Künstler als Multijobber:
    Künstler sind bekannt dafür, mit niedrigen Einkommen und einem unsicheren Arbeitsmarkt auszukommen. Manche haben mehrere Jobs auf einmal. Sofia Lindström (Schweden) hat Interviews mit 20 schwedischen Bildenden Künstlern geführt: Die Studie gibt Einblicke in den individuellen Umgang der Künstler mit dieser Arbeitssituation, in ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Wie sollte man kulturpolitisch reagieren? [Hinweis: Es liegen Ergebnisse aus Absolventenstudien in den Hildesheimer Kulturwissenschaften vor]

    → Nice work if you can get it / Karriere als Künstler:
    Dauerhafte Jobs im Kultursektor sind knapp. In Großbritannien gibt es dafür mehrere Gründe, eine stagnierende Wirtschaft und Einschnitte in den Finanzen. Studienabsolventen landen teils in unterbezahlten und prekären Arbeitsverhältnissen. Dennoch, diese gegenwärtige Situation schreckt sie nicht ab vor dem Hochschulstudium im Kulturbereich. Die jungen Akademiker sehen so eine Karriere eher als befreiend, selbstbestimmt und kreativ an. Die Forscher Lorraine Lim und Sophie Hope (UK) zeigen, wie das letzte Studienjahr die Studenten auf die Arbeit im Kultursektor vorbereitet.

    → Kreative in Polen / Trends und Probleme am Arbeitsmarkt:
    Wie geht es Künstlern und Kreativen in Polen? Professorin Dorota Ilczuk und Teresa Magdalena Dudzik (Polen) stellen dazu erstmals seit 1989 eine Studie zu Trends und Problemen am Arbeitsmarkt vor.

    → Singen / Kulturdiplomatie beim Eurovision Song Contest:
    1956 gegründet ist der Eurovision Song Contest das weltweit größte Event für populäre Musik und läuft auf vielen TV-Kanälen. Die Analyse von Dean Vuletic (Österreich) zeigt, wie Staaten sich selbst für das gesamt-europäische Publikum vermarkten und darstellen und wie Abstimmungsergebnisse als Maßstab verwendet wurden, wie unterschiedlich sich die nationalen Öffentlichkeiten gegenseitig wahrnehmen.

    → Lebenswege von älteren Künstlern aus Ostdeutschland:
    Simone Wesner (England) hat die Lebenswege und Karriereverläufe von älteren Künstlern in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung untersucht. Befragt wurden die Künstler 1996 bis 2001 und 2013. Die Studie zeigt, wie die befragten älteren bildenden Künstler mit großen politischen und sozialen Veränderungen umgehen und welche Werte und Überzeugungen sie antreiben. Die Ergebnisse zeigen: Die Künstler sind dem Kunstmarkt gegenüber weiterhin kritisch/zweigeteilt eingestellt und setzen höchste Priorität auf ihre künstlerische Qualität und Leistung.

    → Kulturelle Verbundenheit zwischen Ländern:
    Anhand von drei Beispielen diskutiert Professor Serhan Ada (Türkei) mit Forschern über die kulturelle Verbundenheit zwischen Ländern aus Teilen der Welt, die von langwierigen Konflikten, tief gespaltenen Gesellschaften und wenig Raum für unabhängige kulturelle Aktionen geprägt sind: Türkei-Armenien, Syrien-Iran-Libanon sowie das frühere Jugoslawien in Südosteuropa.

    → Türkei / Aktuelle kulturpolitische Entwicklungen:
    Wie viel Staat ist in der Kultur? Seit 1957 existiert ein türkisch-deutsches Kulturabkommen, seit diesem Jahr gibt es die Türkisch-Deutsche Universität am Bosporus; der deutsch-türkische Jugendaustausch feiert sein 20-jähriges Bestehen, die Goethe-Institute in Istanbul, Ankara und Izmir sind seit fast einem halben Jahrhundert in der Kulturvermittlung tätig, Yunus Emre-Kulturinstitute der Türkei sind in vielen europäischen Ländern im Aufbau begriffen.
    Während mehrere neue Auslandskulturinstitute gegründet werden, laufen Bestrebungen der türkischen Regierung die Theater im Land, die auch ein westlich orientiertes Repertoire spielen, zu privatisieren. Ist in der Innenpolitik Kultur eher lästig? Kulturpolitikprofessor Wolfgang Schneider forscht in Hildesheim schwerpunktmäßig zu Theater und Migration sowie Theater für Kinder und Jugendliche. Er war bei seinem türkischen Forschungskollegen Serhan Ada, Professor für Kulturmanagement an der Bilgi Universität in Istanbul, als alle wichtigen Theaterverbände zu Gast waren. Die Kulturpolitikforscher der Universität Hildesheim arbeiten mit Forschern aus Istanbul zusammen. Im Wintersemester 2014/15 findet ein gemeinsames Seminar „Cultural Diplomacy. Am Beispiel deutsch-türkischer Kulturbeziehungen" statt. Studierende können ab dem Wintersemester 2014/15 auch am neuen Studienprogramm „Bachelor PLUS“ („Kulturpolitik im internationalen Vergleich“) an der Bilgi University in Istanbul in der Türkei, an der Tshwane University of Technology in Pretoria in Südafrika, an der University of Dar es Salaam in Tansania und an der Université Aix-Marseille in Frankreich teilnehmen. In dem einjährigen Auslandsaufenthalt werden sie vom DAAD mit einem Stipendium unterstützt.

    → Künstler in Protestbewegungen / Gezi-Park und die Türkei:
    Welche Rolle spielen Theaterleute, Musiker und Performancekünstler in gesellschaftlichen Bewegungen, etwa während der Proteste im „Gezi-Park"? Wie reagieren junge Künstler auf Einschränkungen, etwa als Twitter und Youtube gesperrt wurden? Wie viel Klarheit herrscht über künstlerische und Meinungsfreiheit? Ipek Cankaya und Ayse Kaya (Türkei) sprechen auf dem Weltkongress über Politik im öffentlichen Raum und über Künste als Form, sich gesellschaftlich zu engagieren. Dabei betrachten sie die „Gezi Proteste 2013".

    → Kulturnutzer in der Türkei / Nutzen Sprachenlerner auch Kulturangebote?:
    Eine Sprache lernen – heißt das, auch mehr über die Kultur zu erfahren? Das Goethe-Institut, ein Kulturvermittler: Nutzen Menschen, die am Goethe-Institut Deutsch lernen, Kulturangebote und welche Barrieren gibt es, die das verhindern? Vivian Makowka (Türkei/Deutschland) stellt Ergebnisse aus der empirischen Forschung vor. Sie hat in einer Studie am Goethe-Institut Istanbul das Kulturnutzungsverhalten der dortigen Deutschkurs-Teilnehmer untersucht und wollte wissen, ob sie an den kulturellen Veranstaltungen des Instituts teilnehmen. Sie hat in 5 Monaten 222 Teilnehmer aus 24 Deutschkursen befragt. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Die zumeist jungen und höher gebildeten Teilnehmer der Deutschkurse haben zu einem Großteil entweder noch nichts von den kulturellen Angeboten des Hauses gehört oder zeigen kein Interesse an diesen. Deutschlerner, die bereits mehr als einen Kurs am Institut besucht haben oder planen, zeigen tendenziell ein größeres Interesse an den Kulturangeboten des Instituts. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Motivation: Sprachlerner, die Freunde oder Familie in Deutschland haben, zeigen ein gesteigertes Interesse an den Kulturangeboten des Instituts. Schüler, welche aus schulischen oder Karrieregründen Deutsch lernen, zeigten wenig Interesse an den Kulturangeboten. Eine Ursache kann in der mangelnden Vernetzung der Sprach- und der Programmarbeit des Institutes liegen, etwa im Marketing. Vivien Makowka hat an der Universität Hildesheim Kulturwissenschaften mit dem Fach Kulturpolitik studiert und ist derzeit im Studienabschluss an der türkischen Bilgi Universität Istanbul.

    → Kulturpolitik für, mit oder von Kindern?:
    In ihrer Studie vergleicht Catarina Eriksson (Schweden) kulturpolitische Äußerungen und Regierungsdokumente in den Ländern Schweden, Norwegen und England. Die Ergebnisse zeigen, wie kulturpolitische Initiativen für, mit, ohne oder von Kindern entwickelt werden.

    → Kulturnutzer: Kulturelle Beteiligung im internationalen Vergleich: In welchem Land gibt es die meisten Kultur-Begeisterten? Welche Bevölkerungsgruppen gehören zum Publikum von Theatern und Museen und welche nicht? Welche Strategien gibt es in verschiedenen Ländern, um mehr Menschen für Kunst und Kultur zu interessieren?:
    Birgit Mandel, Professorin für Kulturvermittlung und Kulturmanagement an der Universität Hildesheim, untersucht, wer Kultureinrichtungen besucht und wer sie aus welchen Gründen nicht besucht. Auf dem Weltkongress stellt sie Ergebnisse aus Kulturnutzerstudien für die Bundesrepublik Deutschland vor, Kollegen aus Finnland und Australien berichten von Ergebnissen ihrer Länder und fragen danach, inwiefern sich Empirische Ergebnisse zu Kultureller Beteiligung in verschiedenen Ländern vergleichen lassen. Was wird jeweils darunter verstanden: Geht es nur darum, möglichst viele Menschen als Publikum zu gewinnen, oder eher um aktive künstlerisch-kreative Betätigung und kulturelle Bildung? Oder geht es auch darum, wie die Bevölkerung etwa in Kulturentwicklungsplanungsprozesse eingebunden wird, um mit zu entscheiden, für welche Art von Kunst und Kultur öffentliche Mittel ausgegeben werden? Der Blick in andere Länder zeigt, dass es ganz unterschiedliche Kulturverständnisse gibt und die traditionelle Trennung von klassischer „ernster” Hochkultur auf der einen und „unterhaltsamer” populärer Massenkultur, wie sie in Deutschland noch immer in öffentlicher Kulturförderung repräsentiert ist, in vielen Länder nicht existiert. Die Frage, wie es mit Hilfe unterschiedlicher Methoden des Audience Development gelingen kann, auch sogenannte nicht-kunstaffine Bevölkerungsgruppen für klassische Kultureinrichtungen wie Theater, Orchester, Museen zu gewinnen erweist sich als eine sehr europäische.

    → Kultureinrichtungen in Deutschland / Besucher mit Migrationshintergrund:
    Besucher mit Migrationshintergrund von Kultureinrichtungen in Deutschland: Vera Allmanritter (Deutschland) gibt einen Überblick über die gegenwärtige Lage.

    → Kinder und Jugendliche / Vom Nicht-Besucher zum Kulturnutzer:
    Wie werden Nicht-Kulturnutzer zu Kulturnutzern? Asne Dahl Haugsevje (Norwegen) zeigt, wie Kinder, die bisher kaum kulturelle Angebote nutzen, in multikulturellen Vororten in Schulen an Musik, Tanz und Kunst herangeführt werden. Welche Hürden gibt es? Können Künste Teil des Alltags im Leben von allen jungen Leuten werden? Schulen sind ein Ort, um möglichst alle Kinder zu erreichen, unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft. Mit Kultureller Bildung in Deutschland befasst sich Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, Professorin für Kulturelle Bildung in Hildesheim.

    → Wie gehen junge Menschen mit historischem Kulturerbe und Tradition um?:
    Xiao Xiao (China/Deutschland) befasst sich mit Kulturpolitik in Deutschland und Europa, mit der auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands und mit Kultureller Bildung sowie Kulturmanagement. Ob in der Kunstgeschichte oder Architektur: Wie geht man mit historischem Kulturerbe, kultureller Tradition und Ritualen um? Umgeht man als zeitgenössischer Kulturnutzer Tradition? Xiao Xiao treiben vor allem diese Fragen an: Warum interessieren wir uns kaum noch für die Geschichte, die unsere Identität gebildet und verliehen hat? Wie gehen wir als junge Menschen mit der Geschichte um, die schon lange vergangen ist? Was können wir davon lernen? Wie kann man in der Zeit, in der wir uns gerade befinden, kulturelles Erbe wieder „beleben“ und sich damit auseinandersetzen? Die Studentin Xiao Xiao studiert an der Hildesheim Universität im Master „Kulturvermittlung“ mit dem Nebenfach Bildende Kunst und Theaterwissenschaft. Schreiben, Denken, Kommunizieren und Debattieren zählen auch zum Künstlerischen. Sie ist im chinesischen Cheng Du geboren und lebt seit ihrem Studium in Deutschland.

    → Kulturerbe: Wer definiert die kulturelle Vergangenheit?:
    Aktuelle Trends in der Auswahl von Weltkulturerbe: Nanna Lokka, (Norwegen): analysiert offizielle Dokumente aus Norwegen und zeigt anhand von Beispielen, welche Rolle kommerzielle Interessen und Nicht-Kulturfachleute bei der Entstehung von Welterbestätten spielen.

    → Amateurtheater und Posaunenchor / Kultur in ländlichen Regionen:
    Kulturpolitische Entwicklungen in Niedersachsen: Was passiert kulturell in ländlichen Regionen? Schützenvereine, Dorftheater, Bürgerradio und Posaunenchöre – Forscher des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim haben untersucht, wie vielfältig die kulturellen Ausdrucksformen im ländlichen Raum in Niedersachsen ausfallen. Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen von Amateurtheater wurden in einer Sonderauswertung von Thomas Renz und Doreen Götzky erfasst. Dabei wird deutlich: 76 % der Amateurtheater erhalten keine Förderung. Die Forscher um Professor Wolfgang Schneider schlagen vor, die Kinder- und Jugendarbeit gemeinsam aufzubauen oder Synergieeffekte bei der technischen Ausstattung zu erzeugen.

    → Einmal und nie wieder? Wie Zusammenarbeit zwischen Schule und Kultureinrichtungen gelingen kann:
    Wie können bei uns in Deutschland Kunst und Kultur zum Bestandteil im Alltag von Kindern und Jugendlichen werden? Besonders der Schule wird eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Das größte Modellprogramm in Deutschland ist das Projekt „Kulturagenten für kreative Schulen". Mit dem Programm der Bundeskulturstiftung und der Stiftung Mercator sollen langfristige Kooperationen zwischen Künstlern und Kultureinrichtungen sowie 138 Schulen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hamburg und Thüringen aufgebaut werden. Dabei kommen 50 Kulturagenten zum Einsatz, die die Zusammenarbeit begleiten. Tobias Fink, Doreen Götzky, Thomas Renz und Professor Wolfgang Schneider von der Hildesheimer Universität stellen erste Ergebnisse zur Wirkung und Qualität dieser Kooperationen aus einer mehrjährigen Begleitforschung vor (LINK: http://idw-online.de/de/news601744).

    → Buchvorstellung / Gute Regierungsführung: Kulturpolitik:
    Kultur ist eine Quelle für die gesellschaftliche Entwicklung. Aufgabe von Kulturpolitik ist es, Unterstützungsstrukturen zu entwickeln, um die menschliche Kreativität und Vielfalt zu fördern. Welche Rolle spielen Künstler in Konflikten und politischen Umbrüchen, etwa in europäischen und afrikanischen Ländern? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um Meinungsfreiheit und Kreativität zu schützen? Welchen Einfluss haben die Künste und Künstler auf die Regierungsführung und staatliche Strukturen? Auf dem Weltkongress stellen Wolfgang Schneider und Daniel Gad von der Universität Hildesheim erstmals das Buch „Good Governance for Cultural Policy. An African-European Research about Arts and Development" vor. Mit Ergebnissen und Beobachtungen von Forschern u.a. aus der Türkei, Ägypten, Südafrika, Mosambik, Spanien, Frankreich und Deutschland. Es geht nicht mehr nur um lokale oder nationale Programme für kulturelle Bildung und regionale Unterstützungsstrukturen für Kultureinrichtungen. Jetzt geht es auch um den internationalen Austausch zwischen Künstlern und Kultur als Entwicklungsfaktor zu verstehen.

    Lesen Sie mehr in:
    Wolfgang Schneider, Daniel Gad (Hrsg.)
    „Good Governance for Cultural Policy.
    An African-European Research about Arts and Development"
    Verlag Peter Lang, 2014, 296 S., ISBN 978-3-631-65019-6

    → Was lernen wir aus Konflikten, was entwickelt sich danach kulturell?:
    Was lernen Künstler aus Krisen, was entwickelt sich danach? Es gibt weltweit Krisen und politische Konflikte, derzeit etwa in der Ukraine, in Irak, in Nordafrika, in Israel, in Nigeria, in Syrien. Was „lernen" Künstler aus solchen Konflikten? Wie gehen sie mit den Rahmenbedingungen um, etwa fehlendem Raum um die eigene Meinung zu äußern? Blickt man auf frühere Konflikte: Was haben wir daraus gelernt, was haben Künstler in der Zeit danach beigetragen, um die Gesellschaft zu verändern? Professor Wolfgang Schneider (Deutschland) nennt ein Beispiel aus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Mit der Studentenbewegung hat sich in Westdeutschland seit den 1960er Jahren kulturell etwas getan. Erstens entstand eine freie Theaterlandschaft und das Theatersystem ist seitdem ausdifferenzierter; zweitens entwickelte sich ein neues Segment: die Soziokultur, geradezu eine Erfindung aus dem Studentenleben. Heute gibt es bundesweit etwa 600 soziokulturelle Einrichtungen, die kulturelle Teilhabe fördern und neue performative Formate und Installationen entwickeln, zum Beispiel in Hildesheim die Kulturfabrik Löseke und in Hannover der Pavillon und das Kulturzentrum Faust. So hat zum Beispiel das Land Niedersachsen in diesen Tagen bekannt gegeben, solche Einrichtungen zu unterstützen. Drittens wurde das Kinder- und Jugendtheater professionalisiert und bis heute gibt es Förderung für Literatur und Filme für Kinder und Jugendliche. Theater wie das Berliner GRIPS bringen realistische Stücke auf die Bühne und befassen sich mit den Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen. Die Forscher untersuchen, wie es dazu kommt, dass eine Gesellschaft Kindertheater und Jugendliteratur wertschätzt.

    → Kulturpolitikprofessor Wolfgang Schneider:
    Wolfgang Schneider ist Deutschlands erster und bisher einziger ordentlicher Universitätsprofessor für Kulturpolitik. Er lehrt und forscht am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim. Die UNESCO hat die Arbeit von Professor Schneider 2012 mit einem UNESCO-Lehrstuhl „Cultural Policy for the Arts in Development“ (Kulturpolitik für die Künste innerhalb gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse) ausgezeichnet. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in den Bereichen Kulturpolitik, Kulturförderung, Kulturelle Bildung, Kommunale Kulturpolitik, Auswärtige Kulturpolitik, Theaterpolitik und Soziokultur-Politik. Publikationen (Auswahl): „Theater und Schule. Hand­buch zur kulturellen Bildung“ (2009), „Kulturelle Bildung braucht Kulturpolitik“ (2010), „Theater und Migration. Herausforderungen für Kulturpolitik und Theaterpraxis“ (2011), „Good Governance for Cultural Policy. An African-European Research about Arts and Development" (2014), „Theatermachen als Beruf" (2014).

    → Neue Medien / Internet und Politik:
    Der Politikwissenschaftler Professor Thomas Demmelhuber hat seit 2005 vor Ort in Kairo die politischen Veränderungen miterlebt. Er forscht an der Universität Hildesheim über „Revolution und Regimewandel in Ägypten" und über neue Medien und die Zusammenhänge zwischen Internet und Politik. „Kunst und Kultur spielen eine elementare Rolle in den Ländern des Arabischen Frühlings. Sie sind Ausdrucksform von Protest und konkreten politischen Forderungen. In Ägypten gibt es eine höchst lebhafte Kulturszene, die sich mit dem erfolgreichen Protest von 2011 weiter ausdifferenziert und auf eine schon in den Jahren zuvor sich etablierende 'freie' Kulturszene außerhalb des staatlich organisierten Kulturbetriebs zurückgreifen konnte, vor allem in den urbanen Zentren Kairo und Alexandria. Kunst und Kultur waren eine wichtige Ressource des Protests gegen Mubarak 2011“, sagt Thomas Demmelhuber. „Wirkmächtige rote Linien des Erlaubten im Kulturbetrieb" waren mit dem Zusammenbruch des Mubarak-Regimes plötzlich Makulatur. Nach dem zweiten Regimewechsel im Juli 2013 und dem Sturz des 2012 gewählten Präsidenten Mursi war aber ein wieder verstärktes staatliches Vorgehen gegen einzelne Akteure der Kultur- und Künstlerszene, gegen politisierte Kulturinhalte und für eine Deutungshoheit eines staatlich organisierten und beeinflussten Kulturbetriebs zu beobachten.

    → Audiospuren abtasten / 100 Jahre iranische Musiktradition auf Platten:
    Es besteht eine interessante historische und aktuelle Verbindung zwischen Iran und Deutschland: Um 1900 kam mit einer Karawane aus Istanbul die erste deutsche Aufnahmetechnik nach Teheran. Vor 100 Jahren wurden die ersten iranischen Schallplatten nahe Hildesheim gepresst (1906) – nun werden diese Bestände digital erfasst. In Zusammenarbeit mit dem Musikmuseum Iran in Teheran digitalisieren und katalogisieren Musikethnologen vom „Center for World Music“ der Universität Hildesheim 100 Jahre iranische Musiktradition. Bis Anfang 2014 hat das iranisch-deutsche Forscherteam bereits über 4500 Platten aus den Jahren 1906 bis 1960 erfasst. Die Platten sind äußerst vielfältig und reichen von damaliger klassischer iranischer Musik über Schauspielstücke und iranischen Tango bis hin zu Musik aus Militärensembles und iranischer Unterhaltungsmusik. Die Aufnahmen des iranischen Musikmuseums sind die einzigen Dokumente der Klänge aus den vergangenen 100 Jahren. Denn von Generation zu Generation wurde Musik mündlich tradiert und nicht schriftlich festgehalten, wie in Europa üblich. Es gibt nur wenige Tondokumente aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, beispielswiese die ersten Aufnahmen iranischer Sängerinnen in 1912.
    Die Hildesheimer Forscher digitalisieren und katalogisieren Musikarchive weltweit. In Projekten in Sierra Leone, Malawi, Ghana und Ägypten konnten in Kooperation mit Partnern vor Ort physisch in ihrem Fortbestand gefährdete Tondokumente gesichert werden. Darunter sind liturgische Gesänge der koptischen Kirche aus Kairo und frühe Highlife-Aufnahmen aus den Archiven der Ghana Broadcasting Corporation in Accra. Die Doktoranden Samuel Mund und Keyvan Aghamohseni sowie Professor Raimund Vogels können Einblicke in ihre Forschung geben.

    → Türkisch-Deutsches Theater. Wie Menschen unterschiedlicher Generationen, Herkunft und Berufsfelder seit 25 Jahren gemeinsam auf der Bühne stehen:
    Sie befassen sich mit dem Alltag in Einwanderungsländern. Das Türkisch-Deutsche Theater ist eines der längsten freien Theaterprojekte in Niedersachsen und wird seit 1990 von Kulturwissenschaftsstudierenden der Universität Hildesheim und Bürgern aus der Region geleitet. Damals wollten sie einen Raum schaffen, um künstlerisch „über das Verhältnis von Einheimischen und Fremden, über Probleme und Möglichkeiten des Zusammenlebens“ nachzudenken. Während in den Anfangsjahren Integration auf der Bühne behandelt wurde, findet sie inzwischen ganz praktisch hinter der Bühne statt. Männer, Frauen, 20- bis 65-Jährige, unterschiedliche Berufsgruppen und Herkunftsländer gehören zum Theater und befassen sich in ihren Stücken zum Beispiel mit dem Vergessen, mit Flüchtlingen oder Gewinner- und Verlierertypen in der Gesellschaft. „Unser Theater ist in der Kulturlandschaft von Deutschland unverzichtbar“, sagt Necla Eberle Erdogan, da hier Junge und Alte miteinander etwas tun und über ihre „Ansichten und Einstellungen in Bezug auf das Zusammenleben in der Gesellschaft nachdenken“. „Wie viele Studenten ich in den letzten 25 Jahren kennengelernt habe? Unzählige. Viele von Ihnen hatten in ihrer Schullaufbahn keine wirkliche Begegnung mit Ausländern gehabt. Mit dem TDT haben sie spielerisch wertvolle Erfahrungen gesammelt und fürs Leben mitgenommen“, sagt sie. Längst treffen auf der Bühne nicht mehr nur Türken auf Deutsche. Im Türkisch-Deutschen Theater passiert Integration manchmal einfach so, indem Menschen zusammenkommen und sich mit Wohlwollen begegnen, so die Studenten Denise Biermann, Simon Niemann und Isabel Schwenk.

    Kurzinfo / Kulturwissenschaften in Hildesheim:
    (LINK: <www.uni-hildesheim.de/media/presse/Info_Uni_Hildesheim_Kulturcampus.pdf")

    Wissensdrang und Leidenschaft für die Künste prägen die Arbeit auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg. Seine Wirkung entfaltet die Campusanlage durch die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden, denen der Ort Inspiration gibt. Die mittelalterliche Burganlage blickt auf eine wechselvolle 650 Jahre alte Geschichte zurück – Kirche, Krone, Land, ein Militär und Landwirte zählten zu ihren Besitzern. Heute ist sie Eigentum der Stiftung Universität Hildesheim. Zwei Drittel der etwa 1100 Studierenden der Kulturwissenschaften kommen aus anderen Bundesländern und dem Ausland ins niedersächsische Hildesheim. Der Studiengang „Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis“ ist der älteste Studiengang in Deutschland, der seit 1978 für kulturwissenschaftliche, künstlerische und kulturvermittelnde Berufe qualifiziert. Weitere Studiengänge wie Kreatives Schreiben, Szenische Künste und Kulturvermittlung sind entstanden.
    Auf dem Kulturcampus hat die Deutsche UNESCO-Kommission den ersten offiziellen Bericht der Bundesregierung zur kulturellen Vielfalt diskutiert, hier entwickeln Studierende das größte Festival für junge deutschsprachige Gegenwartsliteratur „Prosanova“, die Literaturzeitschrift „Bella triste“, eines der längsten freien Theaterprojekte, das Türkisch-Deutsche Theater, und das europäische Theaterfestival „transeuropa“. Künstlerische Praxis ist wesentlicher Bestandteil von Forschung und Lehre.
    Am UNESCO-Lehrstuhl am Institut für Kulturpolitik untersuchen Wissenschaftler mit Partnern unter anderem aus dem Mittelmeerraum, dem südlichen Afrika und Nordafrika den Einfluss der Künste auf gesellschaftliche Entwicklungsprozesse. Professuren für Kulturelle Bildung, Kulturmanagement und Kulturvermittlung und ein internationales Promotionskolleg „Kulturvermittlung“ wurden eingerichtet. Die Forscher untersuchen zum Beispiel, wie Künstler und Schulen zusammenarbeiten und unter welchen Rahmenbedingungen niedersächsische Amateurtheater arbeiten. Sie fragen, wer Kultureinrichtungen besucht, wie sich diese interkulturell öffnen können und erforschen Kultur im ländlichen Raum.


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-hildesheim.de/media/presse/Weltkongress_Kulturpolitik_Uni_Hildesh... - Programm und Abstracts, Weltkongress für Kulturpolitikforschung 2014 an Universität Hildesheim


    Bilder

    n Hildesheim ist ein Zentrum für kulturpolitische Forschung entstanden: Hier lehrt und forscht mit Wolfgang Schneider der erste Universitätsprofessor für Kulturpolitik.
    n Hildesheim ist ein Zentrum für kulturpolitische Forschung entstanden: Hier lehrt und forscht mit W ...

    None


    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung als PDF / Kulturpolitischer Weltkongress erstmals in Deutschland / Kunst in Konflikten, Kulturnutzer, Bildung

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Musik / Theater, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Pressetermine
    Deutsch


     

    n Hildesheim ist ein Zentrum für kulturpolitische Forschung entstanden: Hier lehrt und forscht mit Wolfgang Schneider der erste Universitätsprofessor für Kulturpolitik.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).