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21.09.2014 19:00

Vorsicht beim Wetten auf negative Emissionen

Fabian Löhe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH

    Das Zwei-Grad-Ziel der internationalen Klimapolitik könnte womöglich schwerer zu erreichen sein, als bislang gedacht. Das geht aus der Analyse „Betting on Negative Emissions“ hervor, die die Leitautorin Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) kurz vor Beginn des UN-Klimagipfels in New York im renommierten Fachmagazin „Nature Climate Change“ als Leitautorin veröffentlicht hat.

    Laut der Auswertung gehen 85 Prozent der vom Weltklimarat IPCC untersuchten Szenarien zum Erreichen des Zwei-Grad-Ziels davon aus, dass die Welt Technologien wie etwa BECSS für negative Emissionen einsetzt. „Bioenergy with Carbon Capture and Storage“ ist eine noch weitgehend unerforschte Kombination aus Bioenergie und dem Abscheiden und Speichern von CO2 (CCS). Der Atmosphäre soll so CO2 entzogen werden können. Die neue Untersuchung führt die Arbeit des IPCC weiter und zeigt nun, wie sehr diese Optionen auf den tatsächlichen Einsatz von BECCS setzen: mehr als zwei Drittel der Szenarien rechnen für das Jahr 2100 mit einem BECCS-Anteil an der Primärenergie von mehr als 20 Prozent.

    „Wir verlassen uns auf einen Lösungsweg, der große Unsicherheiten birgt. Denn derzeit steckt BECCS noch in den Kinderschuhen“, sagt Fuss, Leiterin der MCC-Arbeitsgruppe Ressourcen und Internationaler Handel sowie Mitglied im Lenkungsausschuss des Global Carbon Projects. „Wir können das Zwei-Grad-Ziel noch erreichen. Aber um Klarheit über Chancen und Risiken von negativen Emissionen zu erhalten und diese im industriellen Maßstab zu ermöglichen, muss unter anderem ein Fahrplan für Pilotprojekte entwickelt werden.“

    Der Weltklimarat IPCC hatte im April im dritten Teil seines neuen Berichtes gezeigt, wie der Mensch den Klimawandel bremsen kann. Auch hatte er gemahnt, dass alle technischen Optionen auf den Tisch gelegt werden sollten. Die Autoren des Kommentars in „Nature Climate Change“ präzisieren nun die Risiken und verweisen detailliert auf vier Hürden für den umfangreichen BECCS-Einsatz: Erstens muss nach sicheren geologischen Speichern sowie nach nachhaltiger Biomasse gesucht werden, die nicht in Konkurrenz zu anderen Zielen wie der Nahrungsmittelproduktion steht. Zweitens kommen hohe Kosten für die noch unerforschte Technologie hinzu. Drittens ist die Akzeptanz in der Bevölkerung bisher mangelhaft und viertens ist beim BECCS-Einsatz eine Wechselwirkung mit globalen Gemeinschaftsgütern wie etwa den Ozeanen ungeklärt.

    „Bioenergie kombiniert mit der Abscheidung und Speicherung von CO2 wird teuer sein, während Emissionen ohne eine verbindliche Klimapolitik billig bleiben“, schreiben Fuss, die auch Guest Research Scholar am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) ist, und ihre Kollegen von mehreren renommierten Forschungseinrichtungen. „Daher muss jegliche Strategie zur CO2-Entnahme mit einem außergewöhnlichen globalen Rahmenwerk einhergehen, das auch nationale wirtschaftliche Voraussetzungen berücksichtigt.“

    Die Wissenschaftler des Global Carbon Projects sprechen sich für die Erforschung der Technologien aus, damit politische Entscheidungsträger die Risiken und Unsicherheiten besser einschätzen können: „Herauszufinden, wie sicher es ist, in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts auf negative Emissionen zu wetten, um gefährlichen Klimawandel zu vermeiden, sollte oberste Priorität haben.“

    Über das MCC

    Das MCC erforscht nachhaltiges Wirtschaften sowie die Nutzung von Gemeinschaftsgütern wie globalen Umweltsystemen und sozialen Infrastrukturen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Fünf Arbeitsgruppen forschen zu den Themen Wirtschaftswachstum und -entwicklung, Ressourcen und Internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance sowie wissenschaftliche Politikberatung. Das MCC ist eine gemeinsame Gründung der Stiftung Mercator und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

    Weitere Informationen:

    Der Artikel im Original: Sabine Fuss, Josep G. Canadell, Glen P. Peters, Massimo Tavoni, Robbie M. Andrew, Philippe Ciais, Robert B. Jackson, Chris D. Jones, Florian Kraxner, Nebosja Nakicenovic, Corinne Le Quéré, Michael R. Raupach, Ayyoob Sharifi, Pete Smith and Yoshiki Yamagata (2014): Betting on negative emissions, Nature Climate Change, 10.1038/nclimate2392

    Le Quéré et al. (2014) Global Carbon Budget 2014. Earth System Science Data Discussions (manuscript in discussions), http://dx.doi.org/10.5194/essdd-7-521-2014

    Friedlingstein et al. (2014) Persistent growth of CO2 emissions and implications for reaching climate targets. Nature Geoscience, http://dx.doi.org/10.1038/ngeo2248

    Raupach et al. (2014) Sharing a quota on cumulative carbon emissions. Nature Climate Change, http://www.nature.com/doifinder/10.1038/nclimate2384


    Weitere Informationen:

    http://www.mcc-berlin.net
    http://www.globalcarbonproject.org/carbonbudget
    http://www.globalcarbonatlas.org
    http://www.nature.com


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Energie, Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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