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10.10.2007 17:30

Was sich ändern muss, um Ältere besser ins Berufsleben zu integrieren

Ulrike Jaspers Marketing und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Die Rente mit 67 Jahren ist beschlossen, das hat der Debatte erneut Auftrieb verschafft, wie der Übergang von der Erwerbsphase in den Ruhestand sinnvoll zu gestalten ist und welche Chancen der bundesdeutsche Arbeitsmarkt älteren Erwerbstätigen überhaupt bietet. Der Frankfurter Sozialexperte Prof. Dr. Diether Döring erforscht seit Jahrzehnten, wie sich Arbeitsmarkt und soziales Sicherungssystem in Deutschland im Vergleich zu den übrigen europäischen Staaten entwickeln. "Andere Länder, wie beispielsweise Schweden, haben deutlich bessere Voraussetzungen geschaffen, um Ältere zu beschäftigen. Die Erhöhung des Renteneinstiegsalters muss von einer breiten Palette an flankierenden Maßnahmen unterstützt werden - und da steckt Deutschland noch sehr in den Anfängen."

    Um leistungs- und konkurrenzfähig bleiben zu können, spielt die Weiterbildung der älteren Arbeitnehmer eine entscheidende Rolle. "Hier weist Deutschland ein gravierendes Defizit auf, Konzepte für lebenslanges Lernen sind wenig verbreitet", erläutert die Wirtschaftswissenschaftlerin Lioba Trabert, die gemeinsam mit Döring im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung den Zusammenhang zwischen Rentenalter und Jugendarbeitslosigkeit erforscht hat, worüber die beiden in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Forschung Frankfurt" berichten. "Während in Schweden rund 30 Prozent der 55- bis 64-Jährigen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, sind es in Deutschland lediglich rund 3 Prozent. In Finnland wurden bereits Bildungskonzepte auf breiter Basis entwickelt, die speziell auf die Lernfähigkeiten und Lernbedürfnisse Älterer abgestimmt sind."

    Zwar wird das reguläre Renteneintrittsalter in den kommenden Jahren auf 67 angehoben, zurzeit liegt aber der faktische Ausstieg aus dem Erwerbsleben bei durchschnittlich 61,3 Jahren. Berücksichtigt man, dass der Anteil der 55-Jährigen und Älteren an der Bevölkerung rund 31 Prozent beträgt, an den Erwerbstätigen hingegen lediglich etwa 12 Prozent, bestehen zumindest rechnerisch noch große Potenziale, um die Beschäftigung von Älteren zu steigern. Im Vergleich der OECD-Staaten nimmt die Bundesrepublik nur einen mittelmäßigen Platz ein: In Island sind 85 Prozent der Älteren zwischen 55 und 64 Jahren erwerbstätig; in Neuseeland, Schweden, Norwegen und der Schweiz erreichen die entsprechenden Erwerbstätigenquoten immerhin 65 bis 70 Prozent. Deutschland liegt mit einer Quote von 46 Prozent knapp oberhalb des Durchschnitts der 15 EU-Staaten (45 Prozent).

    Warum gehen die Deutschen deutlich früher in Rente? Eine Ursache liegt darin, dass es über fast drei Jahrzehnten nur mit geringeren Einbußen verbunden war, den Frühausstieg zu wählen. Die Älteren sollten den Jüngeren Platz machen, das war erklärtes politisches Ziel in konjunkturschwachen Zeiten; doch trotz finanzieller und gesetzlicher Förderung - wie im Altersteilzeitgesetz - ging die Rechnung nicht auf, wie Döring und Trabert durch die Auswertung umfangreicher statistischer Materialien ermitteln konnten. "So ist beispielsweise die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Altersteilzeitarbeit rund dreimal so hoch wie die Zahl der Fälle, in denen ein jüngerer Arbeitnehmer eine aus den Töpfen des Altersteilzeitgesetzes geförderte Stelle übernahm." Die These vom Generationenaustausch ist nicht mehr haltbar - dazu Trabert, die an der Goethe-Universität studierte und inzwischen als wissenschaftliche Referentin für sozial- und beschäftigungspolitische Fragestellungen bei der Hessen Agentur tätig ist: "Die Gegenüberstellung der Erwerbstätigenquoten von 55- bis 64-Jährigen und der Arbeitslosenquoten von 15- bis 24-Jährigen zeigt, dass in Ländern mit hoher Alterserwerbstätigkeit die Jugendarbeitslosigkeit eher gering ist und umgekehrt."

    Der Frühausstieg hat das sozialstaatliche System über Jahrzehnte massiv belastet; doch inzwischen sind die finanziellen Anreize fast gänzlich abgeschafft. Die Umkehr dieses Trends, die Rente mit 67, macht ganz andere Anreizsysteme erforderlich, dazu Döring: "Wir brauchen eine aktive Integrationspolitik, das reicht von der Stärkung der Versicherungsäquivalenz in der Rentenversicherung, dass sich also eine Weiterarbeit älterer Arbeitnehmer in höheren Leistungsansprüchen bemerkbar macht - wie in der Schweiz, bis hin zu einer gezielten Gesundheitsförderung, um Beschäftigte mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten sinnvoll zu unterstützen."

    Nähere Informationen: Prof. Dr. Diether Döring, Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt, Telefon 069/970978-45, E-Mail d.doering@em.uni-frankfurt.de; Lioba Trabert, HA Hessen Agentur GmbH, Standortentwicklung (Wiesbaden), Telefon 0611/774-8330, E-mail: lioba.trabert@hessen-agentur.de

    Die neueste Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Forschung Frankfurt (FF2/2007) zum Thema "Das Alter" ist erhältlich über steier@pvw.uni-frankfurt.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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