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27.06.2011 20:55

Entscheidung aus Wiesbaden: Zwei neue LOEWE-Schwerpunkte für die Goethe-Universität

Ulrike Jaspers Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Die Goethe-Universität hat sich in der Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) erneut hervorragend behauptet: Von insgesamt fünf neu geförderten Schwerpunkten sind zwei in Frankfurt angesiedelt. Außerdem wurde die Förderung von drei LOEWE-Zentren nochmals um drei Jahre verlängert. Somit fließen 67 Millionen Euro zusätzlicher Drittmittel in Projekte, an denen die Goethe-Universität maßgeblich beteiligt ist. Dies teilte das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst heute (Montag) mit.

    In der vierten Förderstaffel, über die heute entschieden wurde, ist die Goethe-Universität mit den Projekten „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“ und „Anwendungsorientierte Arzneimittelforschung“ erfolgreich. Universitätspräsident Prof. Werner Müller-Esterl freute sich über das erneute gute Abschneiden und äußerte sich anerkennend über das Förderprogramm des Landes Hessen: „Das hochdotierte und zugleich in der Begutachtung anspruchsvolle Programm forciert die Vernetzung zwischen den verschiedenen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Hessen und über die Landesgrenzen hinaus – und das in einem anerkannten wettbewerblichen Verfahren.“ Damit stehen den Wissenschaftlern der Goethe-Universität und ihren Kooperationspartnern für diese beiden Schwerpunkte in den kommenden drei Jahren 11,3 Millionen Euro zur Verfügung.

    Gleichzeitig wurden drei Frankfurter LOEWE-Zentren, die 2008 ihre Forschungsarbeit aufgenommen haben, um weitere drei Jahre mit fast 55,8 Millionen Euro in der Förderung verlängert. Dazu gehört das IDeA-Zentrum (”Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk”), in dem Wissenschaftler der Goethe-Universität, des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF)(Leitung) und des Sigmund-Freud-Instituts adaptiver Lehr- und Lern-Umgebungen im Elementar- und Primarbereich erforschen. Weiterhin wird unter Federführung der Goethe-Universität und in Kooperation mit der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI), der Technischen Universität Darmstadt, der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) sowie dem Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) das LOEWE-Zentrum „HIC for FAIR“ weiter gefördert, das die Experimente des im Bau befindlichen GSI-Teilchenbeschleunigers FAIR entwirft und auswertet. Schließlich hat das Naturmuseum und Forschungsinstitut Senckenberg (Leitung) gemeinsam mit der Universität 2008 das „Biodiversität und Klima Forschungszentrum“ (BiK-F) eingerichtet, das nun ebenfalls mit den Mittel der Landesregierung seine Aktivitäten fortsetzen kann.

    In den bisher vier Förderstaffeln des wettbewerblich organisierten LOEWE-Programms wurden seit 2008 insgesamt acht Zentren und 23 Schwerpunkte zur Förderung ausgewählt. Die Goethe-Universität ist dabei federführend oder als Partner mit vier Zentren und neun Schwerpunkten beteiligt. Erfolgreich war der LOEWE-Schwerpunkt „Lipid Signaling Forschungszentrum Frankfurt“ (LiFF) aus der ersten Förderstaffel, geleitet von Prof. Gerd Geißlinger vom Institut für Klinische Pharmakologie der Goethe-Universität. Es konnte auf eine weitere Förderung aus dem hessischen LOEWE-Programm verzichten, da der Schwerpunkt sich auf dem besten Weg zu einer Anschlussfinanzierung als Sonderforschungsbereich der bundesweiten Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) befindet.

    LOEWE-Schwerpunkt „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“
    Der LOEWE-Schwerpunkt „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“, deren Sprecher die Frankfurter Rechtshistoriker Prof. Albrecht Cordes, Prof. Thomas Duve und Prof. Guido Pfeifer sind, knüpft an die international profilierte rechtshistorische Kompetenz in Frankfurt an: Neben dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, eine der weltweit führenden außeruniversitären Forschungseinrichtungen zur Rechtsgeschichte, existiert an der Goethe-Universität das größte rechtshistorische Institut aller deutschen Universitäten. In der globalen Welt, in der es unabgestimmte Geltungsansprüche von Normen, einander überlagernde Kompetenzen der Jurisdiktion und einen Pluralismus an Recht und Normen gibt, müssen neue Formen der Konfliktlösung gefunden werden. „Die Rechtshistoriker können Brücken schlagen – von Modellen, wie in der Vergangenheit Konflikte gelöst wurden, ohne überhöhte Erwartungen an den Staat zu stellen, bis zu den Erfordernissen der Weltgesellschaft des 21. Jahrhunderts“, erläutert Duve, seit 2009 Direktor des Max-Planck-Instituts und auch Professor an der Goethe-Universität. 3,4 Millionen Euro stehen bis 2014 für die Forschung zur Verfügung.

    Bisher wurden Modi der Konfliktlösung wie Vermittlung durch Dritte, Verträge, Gesetzgebung und sonstige rechtliche Formen außerhalb von Gerichten und deren jeweiligen Funktionen eher selten umfassend untersucht. Der Frankfurter Rechtshistoriker Cordes hat beispielsweise damit begonnen zu erforschen, wie mittelalterliche Kaufleute im hansischen Raum ihre Konflikte gelöst haben. Die besondere Herausforderung im Raum zwischen Brügge und Nowgorod war es, eine Friedensordnung über die Grenzen der Länder zu errichten, in denen Hansestädte lagen. Die Fähigkeit, Konflikte zu vermeiden oder aber effektiv zu regeln, senkte die Transaktionskosten und wurde so zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Wissenschaftler des neuen LOEWE-Schwerpunkts beschränken sich nicht auf Europa, sie nehmen auch fremde Rechtskulturen in den Blick: So will beispielsweise Prof. Moritz Bälz, Experte für japanisches Recht an der Goethe-Universität, untersuchen, wie die gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung in Japan neu zu bewerten ist. In diesem asiatischen Land werden deutlich weniger Prozesse geführt, damit korrespondiert eine lange, wenn auch nicht ungebrochene Tradition außergerichtlicher Mechanismen zur Streitbeilegung.

    Die Frankfurter Forscher wählen einen vergleichenden und transdisziplinären Ansatz, um die autonomen Räume der Selbstregulierung und Konfliktbewältigung auszuleuchten. Mitarbeiten werden unter anderem Wissenschaftler des Historischen Seminars der Goethe-Universität sowie der Sinologie. „Aber auch der Austausch und der Transfer mit der Praxis spielt in diesem Forschungsverbund eine wichtige Rolle. Bereits in der Antragsphase haben wir eng mit Praktikern und ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet der Mediation zusammengearbeitet. Thema eines sehr inspirierenden Workshops war ‚Gericht – oder nicht’“, ergänzt Duve. In Kooperation mit der Fachhochschule Frankfurt sollen Lehrprogramme für Studierende beider Hochschulen entwickelt werden, um wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Anwendung von Mediationsmethoden miteinander zu verbinden. Entwickeln könnte sich langfristig ein Frankfurter Streitschlichtungszentrum von internationaler Strahlkraft.

    LOEWE-Schwerpunkt „Anwendungsorientierte Arzneimittelforschung“
    Die Landesförderung des Schwerpunkts „Anwendungsorientierte Arzneimittelforschung“ wird zur Gründung einer Frankfurter Fraunhofer-Projektgruppe des in Aachen ansässigen Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME, Leitung Prof. Dr. Rainer Fischer) verwendet. Dafür stellt das Land Hessen bis 2014 4,5 Millionen Euro als Projektmittel und 3,4, Millionen für Geräte bereit. Nach drei Jahren soll die Projektgruppe im Rahmen eines neuen LOEWE-Zentrums für Systemmedizin in ein eigenständiges Fraunhofer-Institut überführt werden. Ziel ist es, Hessen eine Vorreiter-Rolle als „Apotheke Europas“ zu sichern. „Das Potenzial hierzu gründet sich auf unsere international sichtbare akademisch-wissenschaftliche und klinische Expertise sowie die hohe Dichte an pharmazeutischen Unternehmen im Rhein-Main-Gebiet“, erklärt der Sprecher der neuen Projektgruppe Prof. Gerd Geißlinger vom Institut für Klinische Pharmakologie der Goethe-Universität. Als Kooperationspartner wird die Fraunhofer-Projektgruppe zusammen mit dem Aachener Fraunhofer-Institut und dessen Projektgruppe „Bio-Ressourcen“ in Gießen die pharmazeutische Industrie in allen Aspekten der Wirkstoffentwicklung und -prüfung sowie in der präklinischen und klinischen Forschung unterstützen.

    „Die Umsetzung relevanter Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung funktioniert bisher in Deutschland nicht“, beurteilt Geißlinger die gegenwärtige Situation. Im Gegensatz zu amerikanischen Universitäten hätten deutsche Hochschulen in den vergangenen zehn Jahren de facto keine Rolle bei der Entdeckung innovativer Arzneimittel gespielt. Um die strukturbedingt niedrige Wertschöpfung nachhaltig zu steigern bedarf es neuer, institutioneller Modelle für anwendungsorientierte Arzneimittelforschung. Zur Deckung des Innovationsbedarfs setzt die pharmazeutische Industrie zunehmend auf Kooperationen mit Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dieses neue Geschäftsmodell zielt auf die Früherkennung von Wertpotenzialen und Risiken.

    Künftige Fortschritte sind abhängig von einem umfassenden Verständnis der komplexen molekularen Signalwege von bisher nicht oder nur unzureichend behandelbaren Erkrankungen. Das wissenschaftliche Konzept des geplanten Fraunhofer-Instituts in Frankfurt orientiert sich deshalb an den langjährigen, exzellenten Vorarbeiten von Wissenschaftlern des Zentrums für Arzneimittelforschung, -entwicklung und -sicherheit (ZAFES) auf diesem Gebiet. Geplant sind fünf Forschungsprojekte, in denen es unter anderem darum geht, ein nebenwirkungsarmes schmerz- und entzündungshemmendes Medikament zu entwickeln. Eine weitere Substanz soll auf ihre Wirksamkeit zur Behandlung der Multiplen Sklerose geprüft werden. Voruntersuchungen haben gezeigt, dass der Wirkstoff gut verträglich ist und sich auch in hoher Dosierung für eine Dauerbehandlung eignen könnte. Die Studien beginnen mit einem Mausmodell und sollen – gemeinsam mit den Projektpartnern – bis zur klinischen Prüfung fortgeführt werden.

    Beteiligung an weiterem LOEWE-Schwerpunkt
    Darüber hinaus ist Prof. Jochen Klein, Pharmakologisches Institut für Naturwissenschaftler der Goethe-Universität beteiligt an dem Schwerpunkt „Non-neuronale cholinerge Systeme“ (Prof. Wolfgang Kummer, Justus-Liebig-Universität Gießen). Dieser Forschungsschwerpunkt hat das Ziel, die molekularen und zellulären Komponenten dieses Regulationssystems unter gesunden und krankhaften Bedingungen zu entschlüsseln und daraus therapeutische Nutzungen zu ermöglichen. Die gesamte Fördersumme beläuft sich auf 3,7 Millionen Euro.

    Informationen: Mareike Schmitt, Forschungsreferentin, Campus Bockenheim, Tel. (069) 798-25194, schmitt@pvw.uni-frankfurt.de; Prof. Thomas Duve, Institut für Rechtsgeschichte, Campus Westend, und Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Tel. (069) 789-78165; duve@rg.mpg.de; Prof. Gerd Geisslinger, Insitut für Klinische Pharmakologie/ZAFES, Campus Niederrad, Tel: (069) 6301 - 7619, geisslinger@em.uni-frankfurt.de.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medizin, Meer / Klima, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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