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30.06.2011 14:14

Tiefe Hirnstimulation bei Alzheimer - Studienstart nach ersten erfolgreichen Ergebnissen

Christoph Wanko Stabsstelle Kommunikation
Uniklinik Köln

    Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung. Sie ist
    für 60 Prozent der weltweit etwa 24 Millionen Demenzerkrankungen verantwortlich.
    Obwohl in den letzten Jahren viel über Alzheimer geforscht wurde und das Wissen
    stetig gewachsen ist, fehlt nach wie vor ein Durchbruch in der Therapie. An der
    Uniklinik Köln startet jetzt eine vielversprechende Studie zum erstmaligen
    Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Alzheimer.

    In einem Gemeinschaftsprojekt haben die Kliniken für Psychiatrie und Stereotaxie
    der Uniklinik Köln eine innovative Studie zur Behandlung leichter bis
    mittelgradiger Alzheimer-Demenz mittels Tiefer Hirnstimulation initiiert.
    Basierend auf verschiedenen aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen hoffen die
    Wissenschaftler, dass sich die Tiefe Hirnstimulation positiv auf die neuronalen
    Regelkreise auswirkt, die im Rahmen der Alzheimer-Demenz vom Zelluntergang
    betroffen sind.

    Als Ziel für die Stimulation im Gehirn haben die Kölner Wissenschafter vor allem
    den sogenannten Nucleus basalis Meynert im Visier. Ein Kernareal im Bereich des
    basalen Vorderhirns, das aussieht, wie eine flache Scheibe. „Die Zellen dieser
    Region versorgen mit dem Botenstoff Acetylcholin vielfältige Bereiche der
    Hirnrinde, die bei den Demenz-Kranken nicht funktionieren. Deswegen fallen
    selbst einfachste Tätigkeiten wie Essen oder Zähneputzen so schwer“, so Prof.
    Dr. Volker Sturm, Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle
    Neurochirurgie der Uniklinik Köln.

    Das Behandlungskonzept wurde von Prof. Volker Sturm gemeinsam mit dem Neurologen
    Prof. Hans-Joachim Freund aus Düsseldorf entwickelt. Um das Zielareal genau zu
    treffen, ist Millimeterarbeit notwendig. Für diese Feinarbeit arbeiten die
    Mediziner der Kölner Uniklinik mit dem Düsseldorfer Neuroanatomen Prof. Jürgen
    Mai zusammen.

    Größte Hoffnung ist, dass die Stimulation das Voranschreiten der
    Alzheimer-Krankheit beeinflusst und verzögert, wie Prof. Jens Kuhn, Oberarzt der
    Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, erklärt:
    „Durch die Stimulation sollen Neurotrophine ausgeschüttet werden, also Schutz-
    und Wachstumsfaktoren für die Nervenzellen. Sind diese in ausreichendem Maß
    vorhanden, können sie den Fortbestand von neuronalen Verbindungen stabilisieren.
    So könnte der Verfall aufgehalten werden.“

    Allerdings betonen die Forscher auch, dass es für den derzeitigen
    hoch-experimentellen Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Alzheimer-Demenz
    auch viele Grenzen gibt: „Für unsere Studie kommen nur Patienten in einem
    frühen bis mittleren Stadium der Erkrankung in Frage. Dann, wenn die Diagnose
    der Demenz gestellt ist und der Patient im Alltag noch alleine gut zurecht
    kommt, ist der richtige Zeitpunkt für eine Stimulation“, erläutert Prof. Kuhn.
    „Wartet man zu lang, bis zu viele Neuronen zerstört sind, macht eine
    Hirnschrittmacher-Operation wahrscheinlich nur noch wenig Sinn. Darüber hinaus
    müssen potentielle Patienten solch einem Eingriff auch noch zustimmen können.“

    Voraussetzungen für die Teilnahme an der Studie sind: Erfüllte Diagnosekriterien
    einer Alzheimer-Demenz, Deutsch als Muttersprache, Alter zwischen 60 und 80
    Jahre, Fähigkeit zur Einwilligung und die Zustimmung engster Angehöriger. „Bei
    Interesse an der Studie stehen wir für Patienten und Angehörige gerne in unserer
    Gedächtnissprechstunde zu einem persönlichen Beratungsgespräch über die
    verschiedenen hiesigen Therapieoptionen zur Verfügung“, sagt Prof. Kuhn.

    „Wir hoffen, mit dem Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei Patienten, die an
    einer Alzheimer-Demenz leiden, eine Therapie-Option schaffen zu können, die die
    kognitive Leistungsfähigkeit verbessert und zumindest eine Erhaltung der
    Lebensqualität bewirkt“, fügt Prof. Sturm hinzu.

    Hintergrund Tiefe Hirnstimulation:
    Das Verfahren der Tiefen Hirnstimulation wurde Ende der 1980er-Jahre zur
    Behandlung von Bewegungsstörungen eingeführt. Bei diesem Verfahren werden dem
    Patienten in beide Gehirnhemisphären Elektroden implantiert, die dann zeitlich
    kurze elektrische Impulse abgeben, um den Funktionszustand gestörter neuronaler
    Schaltungen zu beeinflussen. Die Tiefe Hirnstimulation hat sich über einen
    langen Beobachtungszeitraum vor allem bei Parkinson und essentiellem Tremor als
    sehr wirkungsvoll erwiesen.

    Das Verfahren der Tiefen Hirnstimulation ist infolge seiner mittlerweile über
    20-jährigen Anwendung gut bekannt und wegen seiner minimalen Invasivität nur mit
    geringen und seltenen Nebenwirkungen behaftet. Auch im psychiatrischen
    Fachgebiet stößt die Tiefe Hirnstimulation aufgrund der hohen Effektstärke
    zunehmend auf Interesse.

    Die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie beschäftigt sich
    seit mehreren Jahren in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Stereotaxie und
    Funktionelle Neurochirurgie der Uniklinik Köln mit der Anwendung der Tiefen
    Hirnstimulation auf psychiatrische Krankheitsbilder.

    Kontaktmöglichkeit zum Studienbüro sowie zur
    Gedächtnis-Sprechstunde:
    Diplom Psychologin Katja Hardenacke
    Telefon: 0221 478-87232
    E-Mail: gedaechtnis-sprechstunde@uk-koeln.de


    Für Rückfragen:

    Prof. Dr. Volker Sturm
    Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
    Telefon: 0221 478-5112
    E-Mail: stereotaxie@uk-koeln.de

    Prof. Dr. Jens Kuhn
    Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
    Telefon: 0221 478-4005
    E-Mail: jens.kuhn@uk-koeln.de

    Christoph Wanko
    Pressesprecher Uniklinik Köln
    Stabsabteilung Kommunikation
    Telefon: 0221 478- 88757/ 5548
    E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de


    Weitere Informationen:

    http://Homepage der Arbeitsgruppen Tiefe Hirnstimulation:
    http://neurologie-psychiatrie.uk-koeln.de/psychiatrie-und-psychotherapie/forschu...


    Bilder

    Prof. Dr. Volker Sturm, Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
    Prof. Dr. Volker Sturm, Direktor der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
    MFK (MedizinFotoKöln)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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