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10.09.2011 19:00

MDC-Forscher Prof. Thomas Willnow erhält Franz-Volhard-Preis

Barbara Bachtler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch

    Prof. Thomas Willnow vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) hat am 10. September 2011 im Rahmen der Eröffnung des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie in Berlin den Franz-Volhard-Preis erhalten. Er fand heraus, dass die an Transportproteine gebundenen Vitamine D, A und B12 über einen speziellen Prozess in den Nierenkanälchen der Ausscheidung entgehen. Ist dieser Prozess gestört, kommt es zu Vitaminmangelerscheinungen. Weiter entdeckte er, dass dieser Vorgang auch dafür verantwortlich ist, dass nierenschädigende Antibiotika nicht ausgeschieden werden. Der MDC-Forscher teilt sich den mit insgesamt 10 000 Euro dotierten Preis mit PD Dr. Marcus J. Möller von der RWTH Aachen.

    Damit der Körper funktionsfähig und gesund bleibt, werden Endprodukte des Stoffwechsels über die Nieren aus dem Blut herausgefiltert und mit dem Harn ausgeschieden. Dafür besitzt die Niere ein ausgeklügeltes Filtrier- und Sortiersystem in ihren über eine Million Nephronen. Das sind spezielle Funktionseinheiten, die für die Bildung des Harns zuständig sind. Sie bestehen jeweils aus dem Nierenkörperchen (Glomerulus) und dem Nierenkanälchen (Tubulus).

    Zunächst wird das Blut im Nierenkörperchen grob filtriert. Große Bestandteile wie beispielsweise Blutzellen oder Makromoleküle verbleiben im Blutkreislauf. Das filtrierte Blutplasma bildet den so genannten Primärharn. Darin sind neben Stoffwechselendprodukten aber noch viele für den Körper wertvolle Substanzen wie Glucose, Elektrolyte oder Proteine enthalten, die in einem Bereich des Nierenkanälchens, dem so genannten proximalen Tubulus, von den Nierenzellen gezielt aufgenommen (resorbiert) werden.

    Das geschieht entweder über spezifische Kanäle in der Zellmembran der Nierenzellen oder – wie Prof. Willnow für Plasmaproteine herausfand – über die so genannte rezeptorvermittelte Endozytose. Dabei binden die Proteine an den Rezeptor Megalin, der sich in der Zellmembran der Nierenzellen befindet. Dann stülpt sich die Zellmembran nach innen und nimmt den Protein-Rezeptor-Komplex in die Nierenzelle auf. Auf diese Weise werden die Proteine aus dem Primärharn entfernt und entgehen der Ausscheidung.

    „Doch eigentlich ist die Resorption der Proteine selbst für den Körper gar nicht so wichtig – sie sind nur Mittel zum Zweck“, erklärt Prof. Willnow. Warum das so ist, fanden Willnow und sein Team in Mäusen heraus, denen der Rezeptor Megalin fehlt. Im Primärharn dieser Tiere fanden sich so genannte Carrier-Proteine, die normalerweise die Vitamine D, A und B12 im Blut transportieren. Außerdem schieden die Tiere große Mengen der entsprechenden Vitamine aus. „Es geht also vor allem darum, die an die Proteine gebundenen Vitamine in der Niere zurückzugewinnen“, sagt Prof. Willnow. „Ist die Funktion des Rezeptor Megalin gestört, kommt es zu schweren Vitaminstörungen.“

    Die nierenschädigende Wirkung von Medikamenten, wie beispielsweise Aminoglykosid-Antibiotika liegt darin begründet, dass sie nicht ausgeschieden, sondern in der Niere aus dem Primärharn resorbiert werden. Willnow und sein Team konnten nachweisen, dass Aminoglykoside ebenfalls an den Rezeptor Megalin binden und sich auf diese Weise in den Nierenzellen anreichern. Aminoglykoside sind sehr effektive Antibiotika gegen die es kaum Resistenzen gibt. Da sie aber bei etwa zehn Prozent der Patienten zu schweren Nierenschäden führen, werden sie bislang nur bei äußerst kritischen Krankheitsverläufen angewandt.

    Doch das könnte sich in Kürze ändern: Willnow und sein Team entwickelten Megalin-Hemmer, die sie im Tiermodell bei gleichzeitiger Gabe von Aminoglykosiden erfolgreich testeten. „Es trat keine nierenschädigende Wirkung durch die Antibiotika auf. Unsere Ergebnisse könnten in Zukunft eine breitere und sicherere Anwendung von Aminoglykosiden ermöglichen – was vor allem in Hinblick auf das schwindende Repertoire leistungsstarker Antibiotika wichtig wäre“, sagt Prof. Willnow.

    Thomas Willnow, geboren 1961 in Heidelberg, studierte an der Universität München Biologie und promovierte im Jahr 1992 in Biochemie. Es folgte ein mehrjähriger Forschungsaufenthalt am Southwestern Medical Center in Dallas, USA. 1996 erhielt er eine Nachwuchsforschungsgruppe am MDC und ist seit 2001 MDC-Forschungsgruppenleiter. Im gleichen Jahr wurde er zum Professor an der Freien Universität (FU) Berlin berufen.

    Für seine Forschungen erhielt Thomas Willnow zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Heinrich-Wieland-Preis (1998), den Forschungspreis der Alzheimer Forschungs Initiative e.V. (2006), sowie die Ehrendoktorwürde der Universität Aarhus (2009). 1996 war er Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

    Der Preis der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie ist benannt nach dem Internisten und Nierenspezialisten Franz Volhard (1872 München - 1950 Frankfurt/Main).

    Barbara Bachtler
    Pressestelle
    Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
    in der Helmholtz-Gemeinschaft
    Robert-Rössle-Straße 10
    13125 Berlin
    Tel.: +49 (0) 30 94 06 - 38 96
    Fax: +49 (0) 30 94 06 - 38 33
    e-mail: presse@mdc-berlin.de
    http://www.mdc-berlin.de/


    Weitere Informationen:

    http://www.dgfn.de


    Bilder

    Prof. Thomas Willnow
    Prof. Thomas Willnow
    (Photo: David Ausserhofer/Copyright: MDC)
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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