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21.09.2011 18:00

Fund unter Europäern

Gunnar Bartsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine schwere Erkrankung des Nervensystems, die innerhalb kurzer Zeit zum Tod führt. Jetzt ist es einem Team von Wissenschaftlern gelungen, einen Auslöser dieser Krankheit zu identifizieren. An der Suche beteiligt waren auch Forscher der Uni Würzburg.

    Es beginnt mit harmlosen Anzeichen: Stolpern oder Problemen beim Halten von Stiften und Besteck. Dann treten Lähmungen auf, die zunehmend immer mehr Muskelgruppen befallen. Die Betroffenen verlieren nach und nach die Kontrolle über ihre Arme und Beine, können nur schwer oder gar nicht mehr schlucken und sprechen und sterben in der Regel an den Folgen einer Atemlähmung.

    ALS: Ursache unbekannt

    Bei der amyotrophen Lateralsklerose, besser bekannt als ALS oder in den USA als Lou Gehrig´s Disease, sterben nach und nach die Zellen des motorischen Nervensystems ab. Von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr etwa ein bis drei neu. Die Auslöser des massenhaften Zelltodes sind bislang noch weitestgehend unverstanden; eine wirksame Therapie existiert ebenfalls nicht. Die meisten Erkrankungen treten zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf; bekannte Patienten sind der Astrophysiker Stephen Hawking oder der im Mai 2007 verstorbene Maler Jörg Immendorff.

    Bei einer bestimmten Form der ALS ist nicht nur das motorische Nervensystem betroffen; zusätzlich leiden die Betroffenen an einer Demenz, weil bei ihnen auch Nervenzellen im Frontalhirn absterben. Bei dieser Form der Erkrankung gibt es schon seit Langem Hinweise darauf, dass eine Mutation auf dem menschlichen Chromosom 9 dafür verantwortlich sein könnte – am definitiven Beweis hat es jedoch bislang gefehlt.

    Charakteristische Störung an einem Gen

    Jetzt ist es Wissenschaftlern in einer groß angelegten internationalen Studie gelungen, einen für diese Form von ALS verantwortlichen Gendefekt aufzuspüren. Dazu haben sie das Erbmaterial von mehr als 4.000 Patienten und 8.000 Kontrollproben untersucht. Fündig wurden sie vor allem bei Patienten aus Europa. Dort tritt dieser Gendefekt bei mehr als 20 Prozent aller Fälle auf, bei familiär gehäuft vorkommenden Fällen sogar bei fast der Hälfte aller Patienten. Auch Nachkommen europäischer Familien in den USA tragen diesen Gendefekt häufig.

    Bei etwa jedem dritten Patienten mit einer genetisch bedingten ALS-Variante stießen die Forscher auf eine charakteristische Störung an einer bestimmten Stelle des C9ORF72-Gens. Zusammen mit einer weiteren, schon bekannten Genmutation lassen sich jetzt beinahe 90 Prozent aller familiär gehäuft auftretenden ASL-Fälle auf genetische Ursachen zurückführen. Die Fachzeitschrift Neuron berichtet in ihrer neuesten Ausgabe über diese Ergebnisse.

    Basis für eine Therapie

    „Die Funktion des C9ORF72-Gens ist bisher unbekannt. Umso wichtiger ist dieses Ergebnis, um nun die durch diesen Gendefekt verursachten Störungen in Nervenzellen aufzuklären und so eine Basis für neue Therapieansätze zu schaffen“, sagt Professor Michael Sendtner. Bis tatsächlich eine wirksame Therapie vorliegt, werden seiner Einschätzung nach aber noch viele Jahre vergehen.

    Sendtner ist Leiter des Instituts für Klinische Neurobiologie der Universität Würzburg. Das Institut ist seit Jahren an diesem Forschungsprojekt beteiligt. „Wir konnten im Jahr 2010 erste Hinweise auf die Mutation liefern, die nun in dieser groß angelegten Studie mit modernsten DNA-Sequenzierverfahren aufgeklärt wurde“, sagt Sendtner.

    Bestätigt wird die Arbeit des Forscher-Teams durch die Befunde einer zeitgleich veröffentlichten Studie der Mayo-Klinik in Jacksonville (USA). Dort konnten Wissenschaftler die gleiche Störung als Auslöser von ALS identifizieren. Auch über ihre Arbeit berichtet Neuron in seiner aktuellen Ausgabe.

    “A hexanucleotide repeat expansion in C9ORF72 is the cause of chromosome 9p21-linked amyotrophic lateral sclerosis-frontotemporal dementia” Alan E. Renton,Bryan J. Traynor et al., Neuron, doi: 10.1016/j.neuron.2011.09.010

    Kontakt
    Prof. Dr. Michael Sendtner, T: (0931) 201 44000, E-Mail: sendtner_m@klinik.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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