idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.04.2012 12:36

Xenotransplantation bei Diabetes: Schweinezellen bewähren sich im Tiermodell

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Diabetes ist ein Sammelbegriff für schwere Störungen des Zuckerhaushalts. Bei einem Typ-1-Diabetes etwa zerstört der Körper selbst die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren. Ohne dieses Hormon kann der Blutzuckerspiegel nicht mehr kontrolliert werden. Die Betroffenen – in Deutschland allein sind es rund 250.000 – sind auf eine lebenslange strikte Insulintherapie angewiesen. Nur die Transplantation einer Bauchspeicheldrüse oder von Beta-Zellen bietet die Chance auf Heilung. Weil Spenderorgane rar sind, setzen viele Forscher auf eine Xenotransplantation, also die Verpflanzung tierischen Gewebes – das aber im menschlichen Körper abgestoßen wird. Ein Team um die LMU-Forscher Professor Eckhard Wolf und Professor Jochen Seißler hat nun in Schweinen genetisch modifizierte Beta-Zellen erzeugt, die die menschliche Körperabwehr hemmen und den Blutzuckerspiegel regulieren können – wenn auch vorerst nur im diabetischen Tiermodell. „Ob dies auch im menschlichen Organismus gelingt, wissen wir noch nicht“, sagt Wolf. „Trotzdem halten wir den Ansatz für sehr vielversprechend und werden ihn nun in weiteren Modellen testen.“

    Ein Typ-1-Diabetes tritt meist in jungen Jahren auf und beruht oft auf einer Autoimmunreaktion, die letztlich die Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört. Das fehlende Hormon müssen sich die Patienten bei Bedarf zuführen, wobei es auch bei strenger Einhaltung aller diätischen und therapeutischen Vorgaben zu einem schweren und potenziell lebensbedrohlichen Unterzucker kommen kann.

    Für viele Betroffene wäre deshalb die Transplantation einer Bauchspeicheldrüse oder der Insulin-produzierenden Beta-Zellen die beste Option. Doch auf etwa eine Viertelmillion Patienten in Deutschland kamen im Verlauf der letzten Jahre weniger als 200 Transplantationen, vor allem weil Spenderorgane so rar sind. „Das Schwein ist ein möglicher alternativer Spenderorganismus, weil sein Zuckerstoffwechsel dem des Menschen sehr ähnlich ist“, sagt Seißler.
    Das Insulin des Schweines unterscheidet sich von dem humanen Hormon sogar nur in einem Baustein und wurde über Jahrzehnte in der Diabetestherapie eingesetzt. Doch Schweinezellen werden nach der Transplantation vom menschlichen Organismus schnell als Fremdgewebe erkannt und zerstört. Die Verkapselung des Gewebes in biologisch inertes Material, das Insulin durchlässt, aber Immunzellen abhält, ist eine mögliche Gegenmaßnahme. Die Lebensdauer der Zellen ist aber wegen ihrer chronischen Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen verkürzt.
    Das Team um Wolf wählte daher einen anderen Weg und generierte genetisch veränderte Spenderschweine, deren Beta-Zellen das Molekül LEA29Y bilden, das die Aktivierung bestimmter Abwehrzellen hemmt. Mit Erfolg: Im diabetischen Mausmodell – mit humanem Immunsystem – wurden die Schweinezellen nicht abgestoßen und normalisierten zudem den Blutzucker der Mäuse, wie das Team um Seißler zeigte. „Wir wissen nicht, ob dies auch im menschlichen Organismus erfolgreich wäre“, betont Wolf. „Allerdings werden wir den vielversprechenden Ansatz mit immunmodulierenden Beta-Zellen nun in anderen Transplantationsmodellen validieren.“ (suwe)

    Publikation:
    „Xenografted Islet Cell Clusters From INSLEA29Y Transgenic Pigs Rescue Diabetes and Prevent Immune Rejection in Humanized Mice”
    Nikolai Klymiuk, Lelia van Buerck, Andrea Bahr, Monika Offers, Barbara Kessler, Annegret Wuensch, Mayuko Kurome, Michael Thormann, Katharina Lochner, Hiroshi Nagashima, Nadja Herbach, Rudiger Wanke, Jochen Seissler, and Eckhard Wolf

    Diabetes online, 20. April 2012
    http://diabetes.diabetesjournals.org/cgi/content/abstract/db11-1325v1?papetoc

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Eckhard Wolf
    Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie
    Genzentrum der LMU
    E-Mail: ewolf@lmb.uni-muenchen.de

    Prof. Dr. Jochen Seißler
    Medizinische Klinik und Poliklinik IV- Campus Innenstadt
    Diabetes Zentrum
    Klinikum der Universität München
    E-Mail: Jochen.Seissler@med.uni-muenchen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).