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24.08.2012 13:00

Herz-Kreislauf-Krankheiten noch immer Todesursache Nr. 1

Christiane Limberg Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    Vom 25. bis 29. August 2012 findet in München der Europäische Kardiologenkongress (ESC) statt

    „Der Kongress der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC), der morgen in München beginnt, ist nicht nur der größte Medizinkongress, der dieses Jahr in Deutschland stattfindet, sondern die größte wissenschaftliche Veranstaltung Europas und der weltweit führende Kardiologie-Kongress.“ Das sagt Prof. Dr. Michael Böhm (Universitätsklinikum des Saarlandes), Vorsitzender des wissenschaftlichen Programm-Komitees des ESC-Kongresses, auf einer Pressekonferenz. Ab morgen werden mehr als 30.000 aktive Kongress-Teilnehmer aus 150 Ländern in München zusammen kommen.

    „Der ESC-Kongress bietet eine beeindruckende Leistungsschau der modernen Herz-Medizin, es werden 4200 neue Studien präsentiert, und es wird 450 wissenschaftliche Sitzungen geben“, so Prof. Böhm. Es sei davon auszugehen, „dass die eine oder andere auf dem Kongress vorgestellte Erkenntnis uns dem ESC-Motto einmal mehr etwas näher bringt, ‚die Belastung durch Herz-Kreislauf-Krankheiten in Europa zu verringern‘.“

    Beeindruckende Fortschritte der Kardiologie – Immer noch häufigste Todesursache

    Die Erkenntnisse in der modernen Kardiologie haben innerhalb der letzten 30 Jahre zu einer Reduktion der Sterblichkeit um 70 Prozent geführt. Zwischen 2000 und 2010 ist in Deutschland die Mortalität bei akutem Herzinfarkt und ischämischen Herzkrankheiten (Krankheiten als Folge schlechter Durchblutung) um etwa 20 Prozent gesunken. Die Belastung durch Herz-Kreislauf-Krankheiten ist trotz aller beeindruckenden kardiologischen Fortschritte enorm:
    • Nach den Angaben der WHO sind Herz-Kreislauf-Krankheiten weltweit für 17 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich.
    • Jedes Jahr sind Herz-Kreislauf-Krankheiten für mehr als 4,3 Millionen Todesfälle in Europa und für mehr als 2 Millionen in den EU-Ländern verantwortlich.
    • Nahezu die Hälfte aller Todesfälle in Europa geht damit auf Herz-Kreislauf-Krankheiten zurück, in Deutschland sind das mehr als 350.000 pro Jahr. Aber auch in den Entwicklungsländern ist eine Ausbreitung von Risikofaktoren, insbesondere Diabetes und Bluthochdruck, und in der Folge von Herz-Kreislauf-Krankheiten zu verzeichnen.
    • Herz-Kreislauf-Krankheiten sind in allen europäischen Ländern die häufigste Todesursache bei Frauen und die häufigste Todesursache bei Männern in allen Ländern mit der Ausnahme von Frankreich, Spanien und den Niederlanden. Die durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingte Mortalität ist in Mittel- und Osteuropa höher als in Nord-, Süd- und Westeuropa.
    • Bluthochdruck verursacht nach WHO-Schätzungen jedes Jahr weltweit 7,5 Millionen Todesfälle, Rauchen sechs Millionen, Übergewicht und Fettleibigkeit 2,8 Millionen, erhöhtes Cholesterin 2,6 Millionen und Diabetes 1,3 Millionen Todesfälle.
    • Ein hoher Anteil vorzeitiger Herz-Kreislauf-Todesfälle ist auf das Rauchen zurückzuführen: Bei Männern zwischen 35 und 69 Jahren verursacht Rauchen 32 Prozent der Herz-Kreislauf-Todesfälle, bei Frauen 6 Prozent.
    • Immer mehr Patienten überleben den Herzinfarkt, müssen aber als Folge ischämischer Schäden an ihrem Herzen oder eines langjährigen Bluthochdrucks mit einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) leben, die sich zu einer Pandemie des 21. Jahrhunderts entwickelt hat.
    • Schätzungen der WHO zufolge verursachen Herz-Kreislauf-Krankheiten der EU-Wirtschaft Gesamtkosten von jährlich 192 Milliarden Euro.

    Renale Denervierung: Neue Perspektive für Patienten mit Therapie-resistentem Bluthochdruck

    Ein Beispiel für ein Kongressthema, so Prof. Böhm, „das voraussichtlich eine besondere Bedeutung für die Kardiologie und ihre Patienten haben wird, ist das nicht-medikamentöse Verfahren der Renalen Denervierung (RDN) gegen Therapie-resistenten Bluthochdruck. Das kann sich zu einem geradezu revolutionären Durchbruch in der Behandlung von Bluthochdruck (Hypertonie) entwickeln, dem mit Medikamenten nicht ausreichend beizukommen ist.“

    Bei etwa 15 Prozent der Hypertonie-Patienten kann eine optimale Blutdruckkontrolle nicht erreicht werden, obwohl sie mindestens drei Blutdruck-senkende Medikamente einnehmen. Sie haben ein etwa dreifach höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse als kontrollierte Hypertonie-Patienten. Prof. Böhm: „Ziel der RDN ist es, die Nervenendigungen, die sich in der äußeren Gefäßwand der Niere befinden, minimalinvasiv über einen in die Leistenarterie eingeführten Katheter durch Hitzeeinwirkung zu zerstören. Der minimalinvasive Eingriff dauert 40 bis 60 Minuten und führt rasch zu einer Senkung der sympathischen Nervenaktivität und dadurch des Blutdruckes.“

    Blutdrucksenkung um 26,3/9,9 mmHg: Echte Erweiterung des therapeutischen Spektrums

    Auf dem ESC-Kongress werden neue Daten unter anderem zur Ein-Jahres-Wirksamkeit und Sicherheit dieses Verfahrens vorgestellt: Im Rahmen der Studie Symplycity HTN-2 wurden Patienten mit Blutdruck über 160 mmHg untersucht, die zumindest drei Blutdruck-senkende Medikamente eingenommen haben. 89 Patienten wurden mit RDN behandelt. Nach zwölf Monaten zeigte sich, dass der Blutdruck-senkende Effekt von RDN anhaltend war. Vor der RDN-Behandlung betrug der durchschnittliche Blutdruckwert 183,2/97,7 mmHg, nach zwölf Monaten 157,3/88,2 mmHg. Das bedeutet gegenüber dem Ausgangswert eine Blutdrucksenkung um minus 26,3/9,9 mmHg.

    Es kam bei der Durchführung der RDN zu einem Fall von Gefäßwandverletzung, keine weiteren ernsthaften unerwünschten Wirkungen wurden registriert.
    Frühere Studiendaten aus Deutschland zeigen zudem nach dem RDN-Eingriff eine Abnahme der Nüchternzucker-Werte und eine Verminderung der Insulinkonzentration. Die RDN führt außerdem zu einer Abnahme der Herzverdickung, die bei Bluthochdruck mit Beschwerden einer Herzschwäche und plötzlichen Todesfällen in Zusammenhang steht, und zu einer Verbesserung der Gefäßfunktion führt. Prof. Böhm: „Die RDN ist eine echte Erweiterung des therapeutischen Spektrums.“

    Studien mit potenziellem Einfluss auf die Therapie von Herz-Kreislauf-Krankheiten

    Weitere Beispiele für vielversprechende Studien, deren auf dem ESC-Kongress präsentierte Ergebnisse einen maßgeblichen Einfluss auf die Therapie haben könnten:
    • Die PURE-Studie von Prof. Salim Yusuf (Hamilton, CA, USA) analysiert die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Risikofaktoren (154.000 Studienteilnehmer aus 17 Ländern bzw. 628 städtischen und ländlichen Kommunen) je nach Wohnort, Geschlecht, dem wirtschaftlichen Status von Personen und dem Bruttosozialprodukt des jeweiligen Landes.
    • Die ALTITUDE (ALiskiren Trial In Type 2 Diabetes Using cardio-renal Endpoints)-Studie (Prof. Hans Henrik Parving, Kopenhagen, DK) untersucht die Wirkung des Blutdrucksenkers Aliskiren auf die Nierenfunktion von Diabetikern. Aliskiren stand nach Zwischenauswertungen im Verdacht, bei Diabetikern mit eingeschränkter Nierenfunktion das Risiko für Herz-Kreislauf- und Nierenkomplikationen zu steigern.
    • Die Aldo-DHF-Studie von Prof. Burkert Pieske (Graz, AT) untersucht die Aldosteron-Rezeptor-Blockade bei diastolischer Herzinsuffizienz. In der Studie wurden Patienten mit diastolischer HI doppelblind mit Spironolacton 25 mg vs. Placebo therapiert. Spironolacton wird der Gruppe der kaliumsparenden Diuretika zugeordnet. Aufgrund der verminderten Wirkung des Hormons Aldosteron wird vermehrt Natrium ausgeschieden und Kalium zurückgehalten, da der durch Aldosteron bedingte Natriumkanal-Einbau unterbleibt. In der Folge kommt es zu einer erhöhten Wasserausscheidung.
    • Die IABP-SHOCK-II-Studie von Prof. Holger Thiele (Leipzig, DE) untersucht Patienten mit kardiogenem Schock als Folge eines akuten Herzinfarktes, die eine frühe Revaskularisation (Wiederherstellung einer ausreichenden Blutversorgung) erhalten haben. Verglichen werden Patienten, die entweder eine intraaortale Ballonpumpe oder eine alleinige optimale intensivmedizinische Therapie erhalten haben.
    Unter dem Motto „From Bench to Practice – Von der Wissenschaft in die Praxis“ werden dieses Jahr Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Herzklappenerkrankungen, Durchblutungsstörungen und Herzinfarkt, Interventionen, Prävention, Rehabilitation, Bluthochdruck, kardiale Bildgebung und Grundlagenforschung einige der Schwerpunktthemen des diesjährigen ESC-Kongresses sein. Das Kongressprogramm gibt es auf der ESC-Website http://www.escardio.org/congresses/esc-2012/scientific-programme/Pages/welcome.a....

    ESC-Medienkontakt für deutschsprachige Medien:
    Dr. Birgit Kofler, Roland Bettschart
    B&K Bettschart & Kofler Kommunikationsberatung
    E-Mail: kofler@bkkommunikation.com; bettschart@bkkommunikation.com
    Mobil: +43-676-6368930; +43-676-6356775


    Weitere Informationen:

    http://www.escardio.org


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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