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01.11.2012 09:27

Neue Erkenntnisse in der Behandlung schwerer Herzinfarkte

Constanze Steinke Pressearbeit
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Bundesweite Studie überrascht selbst Herzspezialisten

    Der Einsatz einer EKG-gesteuerten Ballonpumpe in der Hauptschlagader (intraaortal) bei Herzinfarkt ist nicht wirkungsvoller als die Standardtherapie. Das hat eine Studie ergeben, an der Kardiologen der Greifswalder Universitätsmedizin und 36 weitere deutsche kardiologische Zentren mitgewirkt haben. Die Ergebnisse, die in ihrer Eindeutigkeit selbst Kardiologen überrascht hat, wurden Anfang Oktober (online bereits ab August) in der international renommierten Fachschrift The NEW ENGLAND JOURNAL of MEDICINE* veröffentlicht.

    „Herzinfarkte können wie viele andere Erkrankungen unterschiedlich schwere Verlaufsformen haben. Trotz wesentlicher Fortschritte in der Versorgung des akuten Herzinfarktes, wie zum Beispiel die akute Eröffnung des verschlossenen Herzkranzgefäßes mittels Kathetermethoden, ist bei der besonders schweren Verlaufsform des Herzinfarktes, dem Herz-Kreislaufschock, die Prognose der betroffenen Patienten auch heute noch sehr schlecht“, erläuterte Prof. Dr. Stephan Felix (Foto), Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin B an der Universitätsmedizin Greifswald.

    Seit über 40 Jahren steht mit dem Einsatz der so genannten intraaortalen Ballonpumpe ein Verfahren zur Verfügung, das die Blutversorgung von Herz und Gehirn im Herz-Kreislaufschock verbessern kann. Die Ballonpumpe wird über die Blutbahn in die Hauptschlagader eingesetzt und verbleibt dort. Millionenfach vertrauten Ärzte weltweit auf die lebensrettende Wirkung des Verfahrens. Ob jedoch dieses sehr invasive Verfahren mehr Nutzen als Schaden bringen würde, war bislang nicht ausreichend untersucht worden.

    Intensivmedizinische Standardbehandlung genauso effektiv wie Ballonverfahren
    Die Greifswalder Oberärzte in der interventionellen Kardiologie (Dr. Klaus Empen, Prof. Thorsten Reffelmann, Dr. Astrid Hummel und Dr. Mathias Busch) nahmen zusammen mit den Oberärzten der internistischen Intensivstation (Dr. Peter Abel, Dr. Sigrun Friesecke) deshalb an einer multizentrischen bundesweiten Untersuchung (IABP SHOCK) teil. 600 Patienten mit einem Herz-Kreislaufschock infolge eines Herzinfarktes, die entweder mit einer Ballonpumpe oder konventionell ohne Ballonpumpe behandelt wurden, kamen nach dem Zufallsprinzip in die beiden Bewertungsgruppen. Neben einer Vielzahl an intensivmedizinischen Maßnahmen beim Herzinfarkt ist die Öffnung der verschlossenen Herzkranzgefäße mittels Katheter, der wieder entfernt wird, Bestandteil der Standardbehandlung.

    „Im Ergebnis wurde deutlich, dass der Einsatz einer intraaortalen Ballonpumpe im Vergleich zur intensivmedizinischen Standardbehandlung ohne Ballonpumpe keinen Überlebensvorteil für die Patienten bietet. Die Zahl der nach 30 Tagen verstorbenen Patienten war mit etwa 40 Prozent in beiden Behandlungsgruppen gleich hoch“, so Felix. Allerdings konnte auch nicht nachgewiesen werden, dass die intraaortale Ballonpumpe zu relevanten Komplikationen führt.

    „Somit hat die intraaortale Ballonpumpe bei der Behandlung des akuten Herzinfarktes mit Schocksymptomatik an Bedeutung verloren, obwohl sie bislang als Behandlungsstrategie international empfohlen worden ist“, sagte Felix. „Angesichts der hohen Sterblichkeit der Patienten besteht also auch künftig erheblicher Verbesserungsbedarf bei der Behandlung der betroffenen Patienten“, kommentierte der Kardiologe die Studienergebnisse. „Wir müssen die Herzforschung fortsetzen und alternative Maßnahmen zur Kreislaufunterstützung bei Patienten mit Herz-Kreislaufschock im Rahmen klinischer Untersuchungen untersuchen.“

    Der Klinikdirektor betonte, dass die Greifswalder Wissenschaftler mit der Teilnahme an dieser Studie wesentlich zum Nachweis der Wirksamkeit eines invasiven Behandlungsverfahrens in der Kardiologie beigetragen haben. „Greifswald hat im Bundesvergleich besonders viele Patienten mit Herz-Kreislaufschock für diese Untersuchung bewertet. Dermaßen aufwändige Studien können nur gemeinsam im Team erbracht werden.“ Die Klinik für Innere Medizin B gehört seit 2010 zum Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung (DZHK), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird.

    *The NEW ENGLAND JOURNAL of MEDICINE
    Original Article Intraaortic Balloon Support for Myocardial Infarction with Cardiogenic Shock
    http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1208410
    N Engl J Med 2012; 367:1287-1296 October 4, 2012
    DOI: 10.1056/NEJMoa1208410

    Universitätsmedizin Greifswald
    Zentrum für Innere Medizin
    Klinik und Poliklinik für Innere Medizin B
    Neubau, Sauerbruchstraße, 17475 Greifswald
    Direktor: Prof. Dr. Stephan Felix
    T +49 3834 86-80 500
    E InnereB@uni-greifswald.de
    http://www.medizin.uni-greifswald.de


    Bilder

    Prof. Dr. Stephan Felix
    Prof. Dr. Stephan Felix

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    Todesursache Nr. 1 sind nach wie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders gefährlich ist der Herzinfarkt, bei dem alles ganz schnell gehen muss, um den Patienten zu helfen. Die Erwartungen an die Ballonpumpe, die Überlebensrate gegenüber herkömmlichen Behandlungsmethoden zu verbessern, haben sich jedoch nicht erfüllt.
    Todesursache Nr. 1 sind nach wie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Besonders gefährlich ist der Herzi ...
    Fotos: UMG
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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