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08.11.2012 09:54

MabCampath: Marktrücknahme macht Ärzte zu Arzneimittelbestellern mit rechtlicher Haftung

Silke Hellmich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V.

    Stellungnahme der Deutschen CLL Studiengruppe (DCLLSG) und des Kompetenznetzes Maligne Lymphome e.V. (KML)

    Mitte August 2012 hatte die Firma Genzyme, eine Tochterfirma des Pharmakonzerns Sanofi-Aventis, den Antikörper Alemtuzumab (MabCampath™) vom europäischen Markt genommen. Gründe für die Marktrücknahme waren nicht Zweifel an der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit des bei einer aggressiv verlaufenden chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) notwendigen Krebstherapeutikums, sondern die Absicht, den Wirkstoff unter einem neuen Handelsnamen für eine andere Indikation zu einem wahrscheinlich höheren Preis wieder auf den Markt zu bringen.

    Zwar stellt das Unternehmen den Wirkstoff für individuelle Patienten über das sogenannte "Campath Access Programm (CAP)" kostenlos zur Verfügung. Doch weil durch die Zulassungsrückgabe auch die Gefährdungshaftung des Arzneimittelherstellers für dieses Medikament erloschen ist, ergeben sich für die verschreibenden Ärzte und ihre Patienten erhebliche rechtliche Konsequenzen und Auflagen. Zudem zeigen erste Erfahrungen, dass die Krankenkassen die Kosten für die Zubereitung der mit dem Wirkstoff versehenen Infusionslösung nicht immer übernehmen.

    "Allein die rechtlichen Aufklärungspassagen sind eine Zumutung", erklärte Prof. Dr. med. Michael Hallek, Leiter der Deutschen CLL Studiengruppe und Vorsitzender des Kompetenznetzes Maligne Lymphome e.V. "Das Unternehmen macht uns Ärzte zu Arzneimittelbestellern mit rechtlicher Haftung", ergänzte Hallek. "Auch der Umfang der auszufüllenden Formulare ist nicht hinnehmbar – das können vielleicht große Zentren leisten, eine Arztpraxis aber häufig nicht".

    Damit CLL-Patienten das Medikament erhalten können, müssen sie zuvor schriftlich einwilligen, dass der behandelnde Arzt ihre persönlichen Daten an Dritte (z.B. die Herstellerfirma, die Mittelsfirma und ggf. nationale Behörden) weitergeben darf. Anschließend können die Onkologen das Krebsmedikament mit einem mehrseitigen Formular über eine Mittelsfirma im Ausland bestellen.

    Doch der bürokratische Aufwand geht über den bloßen Bestellvorgang weit hinaus. Denn mit der Anwendung des nicht zugelassenen Wirkstoffs Alemtuzumab haben die verschreibenden Ärzte gegenüber ihren Patienten eine erhöhte Aufklärungs- und Begründungspflicht bezüglich der gewählten Arzneitherapie, alternativen Therapieoptionen, Erfolgsaussichten und etwaig unbekannten Nebenwirkungen (Quelle: DGHO. Rechtliche Rahmenbedingungen der Einzeleinfuhr von Arzneimitteln nach Deutschland ("named patient use")). Außerdem gehen die Ärzte gegenüber dem Unternehmen und nationalen Behörden eine erhöhte Melde- und Dokumentationspflicht bezüglich der Nebenwirkungen des Wirkstoffs ein. Und da Alemtuzumab immer Nebenwirkungen hat – seien es auch nur zu erwartende Zytopenien – müssen jedes Mal umfangreiche Meldebögen ausgefüllt und weitergeleitet werden.

    Die kommerziell motivierte Rückgabe der Zulassung von Alemtuzumab und die zukünftig vermutlich drastische Verteuerung des Medikamentes bei Neuzulassung stellt Ärzte und Patienten vor ein Dilemma: Da sich der Antikörper bei bestimmten Formen der CLL als einziges Erfolg versprechendes Mittel herausgestellt hat, sind die Ärzte verpflichtet, ihren schwer erkrankten Patienten diese Therapieoption anzubieten – mit allen rechtlichen Konsequenzen und Pflichten. Gleichzeitig entstehen den Krankenhäusern und Praxen aber nicht unerhebliche Kosten – zum einen durch den bürokratischen Mehraufwand, zum anderen, wenn die Krankenkassen die Kosten für die Zubereitung der Infusionslösung nicht übernehmen.

    Diese Situation wird vom Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V. und von der Deutsche CLL Studiengruppe aufs Schärfste verurteilt: "Bei diesem Procedere geht es nicht um den Patienten oder seine Sicherheit, sondern um das Streben einer Firma, seinen Profit mit genau der gleichen Substanz in einer anderen Indikation zu optimieren. Das finden wir nicht in Ordnung", so der Vorsitzende beider Forschungsverbünde.

    Weitere Informationen zum Thema:

    Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V. (KML)
    Uniklinik Köln
    50924 Köln
    Tel.: 0221 478-7400 | Fax: 0221 478-7406
    E-Mail: lymphome@uk-koeln.de
    Internet: http://www.lymphome.de

    Deutsche CLL Studiengruppe (DCLLSG)
    Uniklinik Köln
    50924 Köln
    Tel.: 0221 478-88220 | Fax: 0221 478-86886
    E-Mail: cllstudie@uk-koeln.de
    Internet: http://www.dcllsg.de

    Ansprechpartnerin für die Presse:

    Silke Hellmich
    KML | Information & Kommunikation
    Uniklinik Köln
    50924 Köln
    Tel.: 0221 478-7405
    E-Mail: silke.hellmich@uk-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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