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14.12.2012 07:56

Novelle des Tierschutzgesetzes: Wissenschaftliche Tierversuche im Schatten der Schenkelbrand-Debatte

Dr. Kerstin Elbing Geschäftsstelle Berlin
Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V.

    (Berlin, 14. Dezember 2012) Mit der gestern Abend vom Bundestag beschlossenen Novelle des Tierschutzgesetzes werden wichtige Weichen für den Tierschutz gestellt. Zugleich wird auch der Rahmen gesetzt, innerhalb dessen in Deutschland auch weiterhin biomedizinische Forschung möglich und durchführbar sein wird. Dieser Umstand wurde angesichts hitziger Debatten zu den Themen betäubungslose Ferkelkastration und Schenkelbrand nicht ausreichend gewürdigt. Eine sorgfältige Abwägung der inhaltlichen, finanziellen und personellen Konsequenzen der Neuregelung für die biomedizinische Forschung hat nach Wahrnehmung des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin (VBIO. e. V.) kaum stattgefunden.

    Der eigentliche Anstoß für die Novellierung des Tierschutzgesetzes war die „EU-Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere. Diese hat der Gesetzgeber genutzt, um weitere tierschutzrelevante Regelungen unter anderem aus den Bereichen Landwirtschaft, Pferdezucht und Tierhandel zu ändern. Diese Themen standen dann auch im Mittelpunkt der Diskussion. „In der dreistündigen Expertenanhörung am 17. Oktober, die der Beschlussfassung vorausging, haben sich die Abgeordneten des Agrarausschusses gerade einmal 15 Minuten mit Fragen zu wissenschaftlichen Tierversuchen beschäftigt“, so Prof. Dr. Wolfgang Nellen, Präsident des VBIO. „Sicher ist die wirtschaftliche Bedeutung beispielsweise der Ferkelkastration enorm. Dies berechtigt aber nicht dazu, die biomedizinische Forschung zu marginalisieren. Schließlich trägt sie erheblich zur Krankheitsvorsorge und –behandlung und damit zum Wohlergehen von Patienten bei“, so Nellen weiter.

    Der VBIO bekennt sich uneingeschränkt zur „3-R-Strategie“ (Replacement, Reduction, Refinement), hat allerdings Zweifel, ob die Neuregelungen tatsächlich zu einem verbesserten Tierschutz führen. Der VBIO hatte die Parlamentarier daher in einem Schreiben aufgefordert, vor allem in Hinblick auf die universitäre Forschung pragmatische Lösungen zu finden. Darüber hinaus zeigt sich der Biologenverband enttäuscht, dass der vorliegende Entwurf nicht auf den Erfüllungsaufwand eingeht, der den wissenschaftlichen Institutionen durch die Neuregelung entstehen wird. Der VBIO erwartet, dass den wissenschaftlichen Institutionen und damit der öffentlichen Hand jährlich zusätzliche Kosten entstehen, deren Höhe derjenigen der Wirtschaft entspricht. Diese werden auf etwa 130 Millionen Euro jährlich (davon 1,2 Millionen Euro Bürokratiekosten) geschätzt.

    Ebenfalls problematisch ist aus Sicht des VBIO, dass das beschlossene Gesetz qua Ermächtigungsklausel eine Reihe von Regelungen in eine Tierschutz-Versuchstierverordnung verschiebt. Deren Entwurf sieht unter anderem vor, dass qualifizierte Biowissenschaftler nur noch mit Ausnahmegenehmigung Tierschutzbeauftragte werden können. Angesichts der Tatsache, dass ein großer Teil der derzeitigen Tierschutzbeauftragten eine biowissenschaftliche Ausbildung hat und der Bedarf durch das neue Gesetz zunehmen wird, sind Engpässe durch diese Regelung vorprogrammiert. “Für uns Biowissenschaftler ist die Novelle inakzeptabel und in keiner Weise Ziel führend“, so der Präsident des VBIO.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Wolfgang Nellen, Präsident des VBIO (Tel.: 0561-8044805, E-Mail: nellen@uni-kassel.de)


    Weitere Informationen:

    http://www.vbio.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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