idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.08.2007 11:22

Neuronen aus anderem Zelltyp erzeugt - Hoffnung auf Therapie bei Gehirnverletzungen

Luise Dirscherl Referat Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Ob bei Parkinson, Alzheimer oder schweren Gehirnverletzungen: Untergegangene oder zerstörte Nervenzellen werden nicht mehr ersetzt. Ein Forscherteam um Professor Magdalena Götz vom Institut für Physiologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und dem Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF) Neuherberg konnte nun aus einem nicht-neuronalen Zelltyp im Gehirn funktionale Nervenzellen herstellen. Wie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "The Journal of Neuroscience" berichtet, nehmen diese so genannten Gliazellen nach einigen Tagen der Umprogrammierung die normale Gestalt einer Nervenzelle an. "Besonders interessant ist, dass sie auch deren elektrische Eigenschaften zeigen", berichtet Dr. Benedikt Berninger, Erstautor der Studie. "Das ist sehr ermutigend, weil die Erzeugung korrekt funktionierender Nervenzellen aus Gliazellen ein wichtiger Schritt sein könnte, auf Grund von Verletzung oder Krankheit zerstörte Neuronen wieder zu ersetzen."

    Fast neunzig Prozent der Zellen im Gehirn sind so genannte Gliazellen, vor allem die sternförmigen Astroglia. Ihren Namen verdanken die Zellen dem renommierten Mediziner Rudolf Virchow, der diese Zellen Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte - und ihr Potential völlig unterschätzte. Das griechische Wort "Glia" bedeutet nichts anderes als "Kitt" oder "Leim", und eben diese Funktion wurde den Zellen auch zugeschrieben: Sie sollten die Neuronen stützen, unterstützen und zusammenhalten. Lange verkannt, begann sich die Forschung erst spät für diesen Zelltyp zu interessieren. Mit überraschendem Ergebnis: So konnte Magdalena Götz nachweisen, dass sich Gliazellen während der Entwicklung des Gehirns in Neuronen umwandeln können. "Damit agieren sie als Stammzellen, haben also das Potential, andere Zelltypen zu bilden", so Magdalena Götz. "Diese Fähigkeit geht aber in späteren Entwicklungsstadien verloren, so dass Gliazellen selbst nach Verletzungen im erwachsenen Gehirn nicht mehr zu Neuronen werden können." Bislang war es nicht möglich, die Differenzierung der Gliazellen gezielt anzuregen.

    Das aber wäre die Voraussetzung einer Therapie. Um die Entwicklung der Gliazellen zu Stammzellen auch umkehren zu können, untersucht das Team von Magdalena Götz seit einigen Jahren, welche molekularen Schalter für die Bildung von Nervenzellen aus Gliazellen während der Entwicklung des Gehirns wesentlich sind. Diese Regulatorproteine wurden dann in Gliazellen aus einem älteren Gehirn, also nach der embryonalen Entwicklung, eingebracht. Sie haben daraufhin tatsächlich neuronale Proteine angeschaltet. "Wir konnten zeigen, dass einzelne dieser Regulatorproteine ausreichen, um aus Gliazellen wieder funktionelle Nervenzellen zu erzeugen", berichtet Berninger. "Den über mehrere Tage verlaufenden Übergang von der Gliazelle zum Neuron haben wir sogar live in Zeitrafferaufnahmen verfolgt und auch ihre Funktionsfähigkeit nachweisen können." Damit konnte zum ersten Mal bewiesen werden, das Neuronen, die von reprogrammierten Gliazellen abstammen, physiologisch weitgehend mit funktionierenden Nervenzellen übereinstimmen.

    Publikation:
    "Functional Properties of Neurons Derived from In Vitro Reprogrammed Postnatal Astroglia, Benedikt Berninger, Marcos R. Costa, Ursula Koch, Timm Schroeder, Bernd Sutor, Benedikt Grothe, and Magdalena Götz, Journal of Neuroscience, 27: 8654-8664, 8. August 2007

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Magdalena Götz
    Institut für Physiologie der LMU
    Tel.: 089 / 2180 75255
    Fax: 089 / 2180 75216
    E-Mail: magdalena.goetz@lrz.uni-muenchen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).