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04.04.2014 12:38

Erfolgreiches Mukoviszidose Screening bei Neugeborenen in Mecklenburg Vorpommern

Constanze Steinke Pressearbeit
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

    Erstes Baby mit Mukoviszidose erkannt

    Seit September 2012 Jahren werden Babys in Mecklenburg- Vorpommern im Rahmen des Neugeborenen-Screenings auf die Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose untersucht. Nun wurde das erste Mal durch die zusätzliche Untersuchung bei einem Neugeborenen frühzeitig Mukoviszidose erkannt. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, in dem dieser Test flächendeckend und kostenfrei für die Eltern angeboten wird.

    „Trotz aller Betroffenheit über die Diagnose sind die Eltern aus dem Landkreis Rostock erleichtert, dass die Erkrankung rechtzeitig erkannt wurde und nun eine entsprechende frühzeitige Behandlung beginnen kann“, sagte Prof. Matthias Nauck, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin und Leiter des Screeninglabors MV. „Die Beschwerden sind anfänglich oft unspezifisch, so dass die Diagnose nicht selten erst nach Monaten oder Jahren gestellt werden kann. Dann sind die Organe bereits möglicherweise schon dauerhaft geschädigt.“

    Mukoviszidose ist eine der häufigsten vererbten Stoffwechselerkrankungen in Mitteleuropa. Rund 8.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene leben in Deutschland mit dieser bisher unheilbaren Krankheit. Die Betroffenen profitieren dabei enorm von einer intensiven Behandlung, die möglichst früh beginnen sollte. Als Folge des angeborenen Defektes werden die Atemwege in der Lunge, der Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse oder die Gallenwege mit zähem Schleim verstopft, wodurch es zu einer chronischen Entzündung der Lunge, starken Hustenanfällen und zu schweren Verdauungs- und Wachstumsstörungen kommt. Umso wichtiger ist es für die betroffenen Kinder, die Krankheit so früh wie möglich zu diagnostizieren.

    Hohe Akzeptanz für zusätzliche Untersuchung

    „Jedes Neugeborene in Deutschland hat das Recht auf eine Screeninguntersuchung auf angeborene Stoffwechsel- und Hormonstörungen. Dafür werden am 3. Lebenstag ein paar Tropfen Blut aus der Ferse entnommen und auf eine spezielle Filterpapierkarte getropft“, erläuterte Projektleiterin Dr. Cornelia Müller. „Im Rahmen eines mit EU-Mitteln geförderten Projektes erfolgt nach ausdrücklicher Einwilligung der Eltern eine weitere Untersuchung auf Mukoviszidose aus der gleichen Trockenblutkarte.“

    Alle 17 geburtshilflichen Kliniken in MV beteiligen sich an dem Mukoviszidose-Screening. „Dabei leisten die Ärzte und Schwestern einen wesentlichen Beitrag zu dessen Akzeptanz und zum Erfolg. Dank ihrer Aufklärungsarbeit nehmen rund 95 Prozent der Neugeborenen daran teil“, so Projektkoordinatorin Dr. Theresa Winter. Die Blutproben werden im Neugeborenen Screening Labor am Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin der Universitätsmedizin Greifwald analysiert. Bei Auffälligkeiten werden die Kinder an entsprechende Spezialambulanzen vor Ort überwiesen, wo die endgültige Diagnostik mittels eines Schweißtests durchgeführt wird.

    Besserer Gesundheitszustand bei im Screening entdeckten Kindern

    Mit dem zusätzlichen Screening bei Neugeborenen kann Mukoviszidose bereits in den ersten Lebenswochen erkannt und auftretende Folgeerkrankungen an der Lunge verhindert werden. „Die Kinder entwickeln sich besser und leben länger“, betonte der Leitende Oberarzt PD Dr. Sebastian Schmidt (Foto) von der Mukoviszidose-Ambulanz an der Universitätsmedizin Greifswald.
    „In enger Absprache mit den Eltern wurde nun eine entsprechende Therapie mit Krankengymnastik und täglichen Inhalationen begonnen. Es werden auch Medikamente gegen die Verdauungsstörung gegeben, die typisch für die Erkrankung ist. In den Wochen nach der Geburt hatte der Junge immer weiter abgenommen, wodurch die Eltern sehr beunruhigt waren. Nach Beginn der Therapie hingegen konnte er sein Gewicht von knapp 3 kg auf über 5 kg innerhalb weniger Wochen steigern.“

    Mukoviszidose- Spezialisten kümmern sich in einem ebenfalls bundesweit einmaligen Verbund an vier Standorten in Mecklenburg- Vorpommern (Greifswald, Neubrandenburg, Rostock und Schwerin) sehr individuell und intensiv um die 95 Patienten im nordöstlichen Bundesland.

    Politik entscheidet über Fortsetzung des Screenings

    Dieses deutschlandweit einzigartige Angebot des flächendenkenden und für die Eltern kostenfreien Mukoviszidose-Screenings ist an das aktuelle EU-Projekt „PomScreen“ geknüpft, das 2014 ausläuft.
    „Das bedeutet, dass das Mukoviszidose-Screening für ganz Mecklenburg- Vorpommern eingestellt werden muss, wenn es nicht bis dahin in den Katalog der von Krankenkassen finanzierten Neugeborenen-Untersuchungen aufgenommen wird“, machte Hans-Joachim Walter vom Verband Mukoviszidose e.V. deutlich. „In unseren Nachbarländern Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Polen und der Schweiz gehört der Test auf Mukoviszidose bereits seit vielen Jahren zum nationalen Neugeborenen-Screening.“ Auch in anderen Teilen Deutschlands wird seit einigen Jahren das Mukoviszidose-Screening im Rahmen von Forschungsprojekten (Dresden, Heidelberg) oder kostenpflichtig für die Eltern (z.B. in Hessen) angeboten.

    In Kombination mit den Ergebnissen des flächendenkenden Mukoviszidose-Screenings in MV erhoffen sich alle Beteiligten, dass die momentan noch fehlende Finanzierung dieses Angebotes durch die Krankenkassen gesichert werden kann und die somit seit 2008 andauernde Debatte im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und seit 2013 ebenfalls in der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) diskutierten Sachlage zu einem erfolgreichen Abschluss im Interesse aller Neugeboren in ganz Deutschland kommt.

    Hintergrund

    Das Vorhaben wird im Rahmen des Operationellen Programms „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ - „Grenzübergreifende Zusammenarbeit“ der Länder Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg und der Republik Polen (Wojewodschaft Zachodniopomorskie) mit dem Interreg VI A Projektes „PomScreen“ realisiert. Das Projekt unter Federführung der Universitätsmedizin Greifswald wurde im Jahr 2012 gestartet und läuft bis zum 31. August 2014. Zu den weiteren Partnern gehören die Universität Greifswald sowie die Pommersche Medizinische Universität Stettin (Pomorski Uniwersytet Medyczny Szczecin) und das Warschauer Mutter-Kind Institut (Instytut Matki i Dziecka). Die EU fördert das Vorhaben mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.

    Weitere Informationen
    Neugeborenen-Screening: http://www.medizin.uni-greifswald.de/klinchem/index.php?id=neoscreen
    Mukoviszidose: http://muko.info/
    EU-Programm: http://www.interreg4a.info/

    Universitätsmedizin Greifswald
    Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
    Neugeborenen-Screeninglabor Mecklenburg-Vorpommern
    Direktor: Prof. Matthias Nauck
    Projektleiterin: Dr. Cornelia Müller
    Projektkoordinatorin: Dr. Theresa Winter
    Ferdinand-Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
    T + 49 3834 86-55 41
    E theresa.winter@uni-greifswald.de
    http://www.medizin.uni-greifswald.de

    Universitätsmedizin Greifswald
    Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
    Geschäftsführende Direktor: Prof. Dr. med. Holger Lode
    Mukoviszidose-Ambulanz: PD Dr. Sebastian Schmidt
    Sauerbruch-Straße, 17475 Greifswald
    T +49 3834 86-63 01 und -63 25
    E holger.lode@uni-greifswald.de
    http://www.medizin.uni-greifswald.de
    http://www.facebook.com/UnimedizinGreifswald


    Bilder

    Kinderarzt Dr. Sebastian Schmidt sieht deutlich bessere Lebenschancen, wenn die Stoffwechselerkrankung frühzeitig festgestellt wird.
    Kinderarzt Dr. Sebastian Schmidt sieht deutlich bessere Lebenschancen, wenn die Stoffwechselerkranku ...
    Foto: UMG/Janke
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    Den Kindern wird nach einem kleinen Stich aus der Ferse Blut entnommen und direkt auf die Trockenblutkarten gegeben.
    Den Kindern wird nach einem kleinen Stich aus der Ferse Blut entnommen und direkt auf die Trockenblu ...
    Foto: UMG/Janke
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    Kinderarzt Dr. Sebastian Schmidt sieht deutlich bessere Lebenschancen, wenn die Stoffwechselerkrankung frühzeitig festgestellt wird.


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    Den Kindern wird nach einem kleinen Stich aus der Ferse Blut entnommen und direkt auf die Trockenblutkarten gegeben.


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