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30.03.2015 10:59

Unstatistik des Monats: Googeln mit Smartphone macht denkfaul!

Katharina Brach Kommunikation
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

    Die Unstatistik des Monats März ist die Berichterstattung über eine kanadische Studie zu den Auswirkungen der Smartphone-Nutzung. Demnach scheint jetzt wissenschaftlich bewiesen, was mancher schon vermutete: Smartphone-Nutzung macht denkfaul. Wer häufig googelt, riskiert seine Intelligenz. Google statt Grips. Smartphone – oder eher Dummphone? Handy entmündigt. All das, so versicherten Medien – wie beispielsweise das Internetportal gesundheitsstadt-berlin.de am 10. März 2015 – hätten Forscher der Universität im kanadischen Waterloo herausgefunden.

    Sinkt der Intelligenzquotient also mit jeder Google-Suche? So gerne manche glauben möchten, dass das Smartphone denkfaul macht oder gar in die digitale Demenz treibt – die kanadische Studie zeigt das nicht.

    Die genauere Betrachtung ergibt: In der Internet-Studie wurden Erwachsene in Kanada befragt, ob sie ein Smartphone besitzen und wenn ja, wie viel Zeit sie damit in Suchmaschinen wie Google, in sozialen Netzwerken wie Facebook und mit Entertainment-Apps wie Videospielen verbringen. Zudem mussten die Teilnehmer logische Denkaufgaben lösen. Das Ergebnis: Im logischen Denken bestand kein Unterschied zwischen jenen, die ein Smartphone besaßen, und jenen, die keines hatten; kein Unterschied zwischen jenen, die mit ihrem Smartphone viel Zeit in sozialen Netzwerken verbrachten, und jenen, die das nicht taten; und auch kein Unterschied zwischen jenen, die viel Zeit mit Entertainment-Apps wie Videospielen verbrachten, und jenen, die das nicht taten. Nur wer mehr Zeit mit Suchmaschinen verbrachte, zeigte niedrigere Leistungen bei den Denkaufgaben.

    Macht also der ausgiebige Einsatz von Suchmaschinen denkfaul oder gar weniger intelligent? Nein, hier liegt ein klassischer Denkfehler vor: aus einer Korrelation kann man nicht auf Kausalität (auf die Ursache) schließen – aus dem Umstand, dass die Geburtenrate dort höher ist, wo es mehr Störche gibt, folgt eben nicht, dass die Kinder vom Storch gebracht werden. Ebenso wenig kann man aus dieser Studie schließen, dass der intensive Einsatz von Suchmaschinen auf dem Smartphone die logischen Denkleistungen beeinträchtigt oder dass man logischer denkt, wenn man weniger oft sucht. Vielleicht verläuft die Kausalrichtung genau anders herum: Insbesondere Denkfaule oder Personen mit einer geringeren Allgemeinbildung greifen eher auf Suchmaschinen zurück.

    Dass die vermutete ursächliche Beziehung sogar eher unwahrscheinlich ist, ergibt sich aus einem anderen Ergebnis der Studie. Wenn googeln mit dem Smartphone das logische Denken schwächen würde, dann müssten jene Erwachsene, die kein Smartphone besitzen, die besten Leistungen erzielen. Aber diese Gruppe unterscheidet sich überhaupt nicht von den anderen.

    Im Gegensatz zur Presse sind die Autoren der Studie vorsichtiger mit kausalen Behauptungen; sie wissen nicht, wie der Zusammenhang zu deuten ist. Die wirkliche Erkenntnis ist vielleicht eine andere: Man braucht kein Smartphone, um denkfaul zu werden – die Verwechslung von Korrelation mit Kausalität in der Berichterstattung ist das beste Beispiel.

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    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, Tel.: (030) 82 406-361

    Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und RWI-Vizepräsident Thomas Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de.


    Weitere Informationen:

    http://www.unstatistik.de - Weitere Informationen, Kontakte & Archiv
    http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0747563215001272 - Studie: The brain in your pocket: Evidence that Smartphones are used to supplant thinking


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Pressemitteilung zur März-Unstatistik

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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