idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.06.2015 09:39

Spracherkennung aus Gehirnströmen

Monika Landgraf Presse, Kommunikation und Marketing
Karlsruher Institut für Technologie

    Sprache ist eine der Aufgaben der menschlichen Großhirnrinde (Kortex). Sprachprozesse drücken sich in Hirnströmen aus, die mittels Elektroden direkt am Kortex aufgezeichnet werden können. Nun ist es erstmals gelungen, aus diesen Strömen kontinuierlich gesprochene Laute, Wörter und ganze Sätze zu rekonstruieren und per Computer als Text wiederzugeben. Ihr Verfahren „Brain-to-Text“ stellen Forscher des KIT und des amerikanischen Wadsworth Centers nun in der Fachzeitschrift Frontiers in Neuroscience vor (doi: 10.3389/fnins.2015.00217).

    „Schon lange wurde darüber spekuliert, ob die direkte Kommunikation zwischen Mensch und Maschine über Gehirnströme möglich ist“, erklärt Tanja Schultz, die mit Ihrem Team am Cognitive Systems Lab des KIT die vorliegende Studie durchgeführt hat. „Wir konnten nun zeigen, dass aus Gehirnströmen einzelne Sprachlaute und kontinuierlich gesprochene komplette Sätze erkannt werden können.“

    Die Ergebnisse wurden durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern aus Informatik, Neurowissenschaften und Medizin möglich. In Karlsruhe wurden Methoden aus der Signalverarbeitung und der automatischen Spracherkennung angewendet. „Diese erlauben neben der Erkennung von Sprache aus Gehirnsignalen eine detaillierte Analyse der am Sprachprozess beteiligten Gehirnregionen und ihrer Interaktionen“, sagen Christian Herff und Dominic Heger, die im Rahmen ihrer Promotion das Brain-to-Text-System entwickelt haben.

    Die aktuelle Arbeit ist weltweit die Erste, die kontinuierlich gesprochene Sprache erkennt und in Text transformiert. Dazu werden Informationen aus dem Kortex mit linguistischem Wissen und Algorithmen des maschinellen Lernens kombiniert, um die wahrscheinlichste Wortsequenz zu extrahieren. Derzeit arbeitet Brain-to-Text auf hörbar gesprochener Sprache, die Ergebnisse sind allerdings ein sehr wichtiger erster Schritt hin zur Erkennung gedachter Sprache.

    Die Hirnströme wurden im Rahmen der Behandlung von 7 Epilepsie-Patienten, die freiwillig an den Experimenten teilnahmen, in den USA aufgezeichnet. Im Zuge ihrer neurologischen Behandlung wurde ihnen ein Elektrodennetz auf die Großhirnrinde gelegt (Elektrokortikographie (ECoG)). Während die Patienten Beispieltexte laut vorlasen, wurden die räumlich und zeitlich hoch aufgelösten ECoG-Signale aufgezeichnet. Diese wurden später in Karlsruhe analysiert und dienten als Basis für die Entwicklung von Brain-to-Text. Neben der reinen Grundlagenforschung und einem besseren Verständnis der hochkomplexen Sprachprozesse im Gehirn könnte Brain-to-Text ein Baustein sein, um Locked-in-Patienten zukünftig eine sprachliche Kommunikation zu ermöglichen.

    Ein Video zur Funktionsweise von Brain-To-Text:
    http://csl.anthropomatik.kit.edu/publikationen_2934.php

    Die Studie online:
    http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fnins.2015.00217

    Weiterer Kontakt:
    Kosta Schinarakis, PKM – Themenscout, Tel.: +49 721 608 41956, Fax: +49 721 608 43658, E-Mail: schinarakis@kit.edu

    Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vereint als selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts die Aufgaben einer Universität des Landes Baden-Württemberg und eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft. Seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation verbindet das KIT zu einer Mission. Mit rund 9 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 24 500 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas.

    Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu


    Weitere Informationen:

    http://csl.anthropomatik.kit.edu/publikationen_2934.php
    http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fnins.2015.00217


    Bilder

    Mittels Elektrokortikographie wird Gehirnaktivität aufgezeichnet (blaue Kreise). Aus den Aktivitätsmustern (blau/gelb) lassen sich die gesprochenen Wörter erkennen
    Mittels Elektrokortikographie wird Gehirnaktivität aufgezeichnet (blaue Kreise). Aus den Aktivitätsm ...
    (Bild: CSL/KIT)
    None


    Anhang
    attachment icon Spracherkennung aus Gehirnströmen

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Informationstechnik, Medizin, Philosophie / Ethik
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Mittels Elektrokortikographie wird Gehirnaktivität aufgezeichnet (blaue Kreise). Aus den Aktivitätsmustern (blau/gelb) lassen sich die gesprochenen Wörter erkennen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).