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13.12.2021 12:57

Neue Allianzen für Klimaschutz: Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbände fordern den sozial-ökologischen Wandel

Richard Harnisch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig

    Berlin, 13. Dezember 2021 – Kohleausstieg, Verbrennerverbote, CO2-Preis und energetische Sanierung: Klimapolitik kostet zunächst Geld. Sie braucht daher ein solides sozialpolitisches Fundament, sonst würde sie ganze Berufsgruppen und sozial benachteiligte Menschen empfindlich treffen. Gewerkschaften und Sozialverbände nehmen die Herausforderung an und suchen den Schulterschluss zu Umwelt- und Naturschutzverbänden, um vereint an einer „Just Transition“ zu arbeiten – einem sozial gerechten ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

    Rund um die Bundestagswahl entstanden mehr als zehn gemeinsame Stellungnahmen für eine sozial-ökologische Transformation. Den Weg hin zu solchen zukunftsgewandten Kooperationen hat das Projekt „Neue Allianzen für Nachhaltigkeitspolitik“ im Auftrag des Umweltbundesamtes erforscht und unterstützt. In einer aktuellen Studie zeigt das Projektteam unter Leitung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), wie die Verbände gemeinsame Antworten auf drängende soziale und ökologische Krisen entwickeln können.

    Um faire Lösungen für die Energie- und Verkehrswende zu gestalten, kooperieren Gewerkschaften wie Verdi, IG Metall und der DGB verstärkt mit Umweltverbänden, etwa mit dem BUND und NABU. Auch Sozial- und Wohlfahrtsverbände wie die AWO oder die Diakonie bringen sich ein. „Lange haben sich die Verbände auf ihre Kernthemen beschränkt. Im Wahljahr 2021 haben gemeinsame Stellungnahmen und Aktivitäten zwischen den Verbänden spürbar an Relevanz gewonnen“, sagt Projektleiter Ulrich Petschow vom IÖW. „Spätestens seit dem Pariser Abkommen sind die Zielmarken gesetzt und nun es geht vor allem um das ‚Wie‘: Wenn die Verbände ihr Know-how zusammenbringen, hilft das der Gesellschaft, nachhaltige und gerechte Entwicklungspfade zu entwickeln.“ Dieses Potenzial kann die Ampelregierung nutzen: Im Koalitionsvertrag sieht sie vor, dass Verbände und Gewerkschaften in Dialogprozessen mitwirken, vor allem bei der Transformation der Wirtschaft.

    CO2-Preis und Verkehrswende müssen die Gesellschaft nicht spalten

    Die Verbände sind im Wahlkampf und während der Koalitionsverhandlungen als starke Stimme für eine sozial-ökologische Wende aufgetreten. In der Klimaallianz forderten über 140 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend und Gewerkschaften eine klimaneutrale, inklusive, sozial- und geschlechtergerechte Zukunft. „Die Klimakrise spaltet die Zivilgesellschaft nicht mehr, sondern provoziert neue Formen der Zusammenarbeit“, bemerkt Petschow. „Unsere Interviews zeigen: Unter den Verbänden und Gewerkschaften herrscht mittlerweile weitgehend Konsens, dass Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit nur gemeinsam gelingen können.“ Dennoch bestehen weiterhin Spannungen mit Blick auf die konkreten Umsetzungsschritte.

    Einer der Vorreiter: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz

    An vielen der neuen Kooperationen ist der BUND beteiligt, auch im Zuge der Bundestagswahl. In einer Zukunftsagenda setzte er sich zusammen mit dem Paritätischen Gesamtverbund unter anderem für einen hohen CO2-Preis ein, der mit einer Pro-Kopf-Auszahlung sozial ausgeglichen wird. Auch mit Gewerkschaften kooperiert der BUND: So forderten IG Metall und BUND eine zügige Mobilitätswende mit klaren Perspektiven für die Beschäftigten und entwickelten mit acht weiteren Verbänden einen 10-Punkte-Plan zur Mobilitätswende in den nächsten vier Jahren. Auch forderten BUND und IG Metall von der künftigen Regierung, klimaschädliche Subventionen abzubauen und 500 Milliarden Euro bis 2030 für eine klimafreundliche Wirtschaft zu investieren.

    Ohne Kooperation keine Zukunftsperspektive

    Trotz der Fortschritte tun sich Verbände noch immer schwer mit einer engen Zusammenarbeit etwa in Form fester Gremien: Viele haben mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen und sind auf ein gut sichtbares, eigenes Profil angewiesen. Manche Sozialverbände fokussieren sich ähnlich wie Gewerkschaften stark auf die engeren Interessen ihrer Mitglieder. Doch um wieder mehr Mitglieder zu gewinnen, müssen sich die Verbände neu aufstellen, mahnt Petschow. „Die Arbeitsbedingungen verändern sich, Gewerkschaften müssen über die Probleme direkt am Arbeitsplatz hinausgehen. Hier lohnt ein Blick über den Teich: US-amerikanische Gewerkschaften gehen interessante neue Wege und versuchen etwa über Ansätze wie das Community Organizing, Menschen und Organisationen zusammenzubringen.“

    Zusammenarbeit verankern und fördern

    Wie können die Verbände noch wirksamer als bisher zusammenarbeiten, um Antworten auf Klima- und Gerechtigkeitsfragen zu finden? Die Forschenden empfehlen robuste, langfristige Strukturen: Ein bundesweites Forum „Umwelt und Soziales“ könnte Austauschprozesse stärken und gemeinsame Lernprozesse langfristig ermöglichen. Zusätzlich sollten Ministerien ihre Fördermittelvergabe anpassen: Es müssen mehr Projekte an der Schnittstelle der Ressorts Umwelt und Soziales ausgeschrieben werden, die die aktive Teilnahme der Verbände ermöglichen.

    Auch auf regionaler und lokaler Ebene braucht es mehr themenübergreifende Kooperationen. Ökologische Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und demokratische Beteiligung werden vor Ort gelebt: In den Städten, Gemeinden und Landkreisen entscheidet sich, welche Veränderungsimpulse auf den Weg gebracht werden. Im Forschungsprojekt tauschten sich zum Beispiel vielfältige Akteure über eine faire Mobilitätswende in der Uckermark aus. Es zeigte sich, dass auch hier finanzielle Unterstützung nötig wäre, um den Austauschprozesse zu initiieren und zu stabilisieren.

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    Redaktionelle Informationen:

    Die Ergebnisse des Projekts „Neue Allianzen für Nachhaltigkeitspolitik“ (https://www.ioew.de/projekt/neue_allianzen_fuer_nachhaltigkeitspolitik) vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU), Sociodimensions und Kommunikation@arbeit im Auftrag des Umweltbundesamtes finden Sie hier:
    • Bericht (2021): Potenziale, Hemmnisse und Perspektiven neuer Allianzen für sozial-ökologische Transformationen (https://www.ioew.de/publikation/potenziale_hemmnisse_und_perspektiven_neuer_alli...)
    • Broschüre (2020): Neue Allianzen für sozial-ökologische Transformationen (https://www.ioew.de/publikation/neue_allianzen_fuer_sozial_oekologische_transfor...)
    • Impulspapier aus dem Folgeprojekt: „Transformation? Ja, aber gerecht! Neue institutionelle Strukturen für eine Just Transition“ (https://www.ioew.de/publikation/transformation_ja_aber_gerecht)

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    Pressekontakt:

    Richard Harnisch
    Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
    Potsdamer Str. 105 | D-10785 Berlin
    Tel.: +49 30/884594-16
    kommunikation@ioew.de

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    Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.

    http://www.ioew.de | http://twitter.com/ioew_de | https://www.ioew.de/service/newsletter


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Ulrich Petschow ist Volkswirt am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Von 1992 bis 2018 leitete er das Forschungsfeld Umweltökonomie und Umweltpolitik am IÖW. Seine Forschungsschwerpunkte sind Innovations- und Technikanalysen, Ökonomische Instrumente und neue Steuerungsformen, Transformationsstrategien und regionale Wirtschaftspolitik.

    Ulrich Petschow
    Telefon: +49–30–884 594-23
    ulrich.petschow@ioew.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Meer / Klima, Politik, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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