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Wissenschaft
Traditionelle Heiler sind wichtige medizinische Experten
Praktische Erfolge bei der Malariabekämpfung
Bonn, 17. November 2005: Mit Hilfe des deutschen BIOLOG-Programms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind in Pehunco, im Norden Benins, die ersten Heilpflanzengärten gemeinsam mit afrikanischen Heilern eingerichtet worden. Der ca. 40 ha große Wald in Pehunco dient vor allem dem Schutz von Heilpflanzen, die schon seit Jahrhunderten die Basis traditioneller Medizin ausmachen. "In den Medizinalpflanzengärten werden die Pflanzen und das entsprechende botanische und medizinische Wissen erhalten. Die traditionellen Heiler erwarten keinen finanziellen Profit, sondern im Zentrum ihres Interesses steht die Bewahrung eines natürlichen Vermächtnisses, das kommenden Generationen eine ausreichende und zugängliche Gesundheitsversorgung bieten kann. Das ist ein Wissen von dem auch wir Europäer profitieren können", sagte die Projektleiterin, Annika Wieckhorst.
Ein gutes Beispiel dafür, welche Relevanz dieses Wissen auch für Europa hat, ist beispielsweise der Purgierstrauch Jatropha curcas, in der lokalen Sprache buka tunru genannt. Von der Pharmaindustrie bestätigt, kann diese Pflanze über 40 verschiedene Krankheitsbilder heilen. Von den Heilern in Benin wird er vor allem aber gegen Malaria verwendet. Heute wird die Zahl derer, die an Malaria sterben, weltweit auf drei Millionen Menschen jährlich geschätzt. Auch für viele Europäer, die in tropische Länder reisen, ist die Malaria eine ernsthafte Bedrohung. "In weiten Teilen Afrikas stellen mangelhafte Schutzmaßnahmen und zunehmende Resistenzen gegenüber gebräuchlichen Medikamenten eine große Herausforderung dar. Neue Strategien werden dringend benötigt und unsere wissenschaftliche Forschung kann viel dazu beitragen", so die Ethnologin Annika Wieckhorst.
Ein anderes BIOLOG-Projekt erfasst im größten verbleibenden Regenwaldareal Afrikas (Demokratische Republik Kongo) die biologische Vielfalt, um so auch die dort wild wachsenden Heilpflanzen zu dokumentieren. Seit 2002 werden im Salonga-Nationalpark gemeinsam mit pflanzenkundigen Dorfältesten und jungen kongolesischen Wissenschaftlern Heilpflanzen taxonomisch bestimmt und phytochemisch dokumentiert. Vor Ort angefertigte Chromatogramme geben Aufschluss über mögliche, medizinisch interessante Inhaltsstoffe. Dieses Wissen ist für eine nachhaltige Nutzung der biologischen Ressourcen unabdingbar. Vor allem aber ermöglicht es den kongolesischen Partnern bei zukünftigen Anfragen zur Nutzung von Heilpflanzen über die Landesgrenzen hinaus eine Verhandlungsstrategie auf Augenhöhe. "Wir sind auf der Suche nach Pflanzen, die als so genannte "Flaggschiff-Arten" für den Schutz der letzten intakten Regenwälder dienen können. Medizinpflanzen, haben ein hohes Potenzial eine derartige Schlüsselfunktion zu übernehmen. Denn die Notwendigkeit des Erhalts dieser Pflanzen ist für alle Menschen leicht einsichtig. Über den Erhalt der biologischen Vielfalt und des kulturellen Erbes des Landes hinaus haben wir hier die Chance, die Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) auf nationaler und internationaler Ebene umzusetzen," sagte Dr. Barbara Fruth, wissenschaftliche BIOLOG-Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.
Hintergrund: Heilpflanzengärten
Im Rahmen des BIOLOG-Forschungsprogramm des BMBF, das vom Projektträger Umweltforschung und -technik im Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (PT-DLR) betreut wird, konnten die Flächen von bisher fünf Medizinalpflanzengärten initiiert und auch formal und organisatorisch zu Schutzgebieten umgewandelt werden.
Der Ursprung der Initiative lag bei der Vereinigung traditioneller Heiler, die sich schon seit 2002 regelmäßig treffen, um ihr medizinisches Wissen untereinander auszutauschen. Hintergrund dieser richtungsweisenden Initiative war, dass durch Bevölkerungsdruck, Landwirtschaft und Weidewirtschaft neben dem allgemeinen Rückgang der biologischen Vielfalt auch immer mehr Medizinalpflanzen in ihren Beständen bedroht sind. Aber nicht nur die Pflanzen, sondern auch das Wissen über die Pflanzen gerät mehr und mehr in Vergessenheit. Die Entwicklung ist vor allem deshalb so bedrohlich, weil die Mehrheit der lokalen Bevölkerung bei der Behandlung von Krankheiten auf diese Heilpflanzen angewiesen ist. Industriell produzierte Medikamente sind meist unerschwinglich und der Arzt zudem häufig kaum erreichbar.
Neben dem Ausbau der logistischen Infrastruktur (Schilder, Wege, Feuerschutz), ist es in naher Zukunft geplant eine traditionelle Apotheke und eine "green school" (Bildungszentrum) für traditionelle Medizin einzurichten, die auch von Schulen und Universitäten genutzt werden kann. Schon heute werden Medizinalpflanzen inventarisiert, angepflanzt und nachhaltig bewirtschaftet, und außerdem wurde mit den Gärten eine wichtige Beobachtungsfläche für biologische Vielfalt eingerichtet.
Ziel des BIOLOG-Forschungsprogramms ist es, den ökologischen und ökonomischen Wert biologischer Vielfalt einzuschätzen, Wechselwirkungen im Kontext von globalen Veränderungen und menschlichen Einflüssen aufzuzeigen und Möglichkeiten einer nachhaltigen Nutzung zu entwickeln.
Für Rückfragen:
Dr. Lothar Quintern/Dr. Arndt Wüstemeyer
Kontaktpersonen BIOLOG-Forschungsprogramm
Tel: 0228-81996-20/-34
Annika Wieckhorst
Leiterin des Projektes "Heilpflanzengärten in Nordbenin"
Tel: 0174-59 75 366
Dr. Barbara Fruth
Leiterin des Projektes "Das Kongobecken als Heilpflanzenreservoir"
Tel: 0175-2016273
http://www.biolog-online.info
http://www.biota-africa.de
http://www.eva.mpg.de/procuv/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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