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24.11.1999 16:21

Poren in der Zellwand als Schlupflöcher für Antibiotika

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Erreger der Tuberkulose gehören, ebenso wie die Verursacher anderer gefährlicher Krankheiten, zur großen Bakteriengruppe der Actinomyceten. Deren Zellwand weist einige Besonderheiten auf, die den Schlüssel für eine bessere Bekämpfung dieser Bakterien liefern könnten. Erforscht wird diese Art von Zellwand an der Universität Würzburg.

    Seit der Entdeckung der Antibiotika glaubte man vor allem in den Industrienationen, gegen tödliche Infektionen mit Actinomyceten gewappnet zu sein. Doch nun sind diese Erreger zurückgekehrt, und sie sind gefährlicher als je zuvor: Durch den Missbrauch von Antibiotika und die Entwicklung mehrfacher Resistenzen bei den Mikroorganismen erweisen sich die heute verfügbaren Antibiotika im Kampf gegen die Mikroben als immer nutzloser.

    Wurde 1954, nach der Entdeckung der ersten Antibiotika, der Sieg über die Volksseuche Tuberkulose gefeiert, so ist diese am Ende des 20. Jahrhunderts im Bereich der Infektionskrankheiten wieder die Todesursache Nummer eins: Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die jährlichen Todesfälle weltweit auf drei Millionen und die Zahl der Infizierten gar auf ein Drittel der Weltbevölkerung. Die bedrohlich schnelle Entstehung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen und die erhöhte Infektionsanfälligkeit von HIV-Infizierten verdeutlichen, dass die Forschung auf diesem Gebiet dringender ist als zuvor.

    In Würzburg beschäftigen sich Prof. Dr. Roland Benz und seine Mitarbeiter am Lehrstuhl für Biotechnologie mit den Besonderheiten der Actinomyceten-Zellwand. Diese besitzt eine natürliche Widerstandsfähigkeit gegen viele Antibiotika und ist stark säurebeständig. Gleichzeitig ermöglicht sie die Versorgung der Bakterien mit essentiellen Nährstoffen.

    Bisher wurde angenommen, dass die Zellwand der Gram-positiven Bakterien für den Transport von Stoffen kein Hindernis darstellt. Die Forschungen in Würzburg haben jedoch gezeigt, dass dies zumindest bei den mycolsäurehaltigen Actinomyceten, die zu den Gram-positiven Bakterien gehören, nicht der Fall ist: Diese besitzen zusätzlich zu ihrer Zellmembran eine dicke wasserabstoßende Schicht, die unter anderem Mycolsäuren enthält. Diese Schicht steht dem Durchtritt von Stoffen als höchst wirksame Barriere entgegen.

    Seitdem die amerikanischen Forscher M. R. McNeil und P. J. Brennan 1991 entdeckten, dass die Actinomyceten eine derart eigenständige Zellwandstruktur entwickelt haben, wurde die Frage nach den Mechanismen, über die sich diese Bakterien mit lebenswichtigen Stoffen versorgen, immer lauter. Prof. Benz ging der Annahme nach, dass auch die mycolsäurehaltigen Actinomyceten so genannte Porine besitzen. Dabei handelt es sich um Proteine, die wie Poren in der Zellmembran sitzen und den Durchtritt von Stoffen gestatten.

    1992 gelang es erstmals, bei Mycobacterium chelonae ein Porin nachzuweisen. In der Folgezeit identifizierten die Würzburger Forscher weitere Membranproteine in den Zellwänden verschiedener Actinomyceten, die es den Bakterien erlauben, wasserlösliche Substanzen, also auch Antibiotika, und Ionen aufzunehmen. Die biophysikalische Charakterisierung und biochemische Analysen gaben Einblick in die Wirkungsweise der Poren bei lebenden Bakterien. Ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördertes Projekt von Prof. Benz zielt nun darauf ab, den Aufbau der Porenproteine aufzuklären und die entsprechenden Gene zu identifizieren. Mit den Ergebnissen dieser Forschungen könnten künftig noch gezielter Antibiotika ausgewählt werden, die einen wirkungsvolleren Kampf gegen die Mikroben erlauben.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Roland Benz, T (0931) 888-4501, Fax (0931) 888-4509, E-Mail:
    roland.benz@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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