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27.01.1997 00:00

Mit dem Magister in die Karriere

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

    Mit dem Magister-Titel in die Karriere starten

    CHEMNITZ/BIELEFELD. "Heisse Magister, heisse Doktor gar...", so ruft schon Faust in der gleichnamigen Tragoedie von Goethe aus. Doch der Titel "Magister" ist viel aelter, als der deutsche Klassiker vermuten laesst: Er entstand bereits kurz nach dem Jahr 1000, als in Italien die ersten Universitaeten gegruendet wurden. In England, in Frankreich, in den USA ist er der haeufigste Hochschulabschluss ueberhaupt. Doch in Deutschland geriet der traditionsreiche Titel langsam in Vergessenheit, wurde vom Diplom verdraengt. Erst seit etwa 35 Jahren ist er wieder da, als Hochschulabschluss in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Faechern, dem Diplom und dem Staatsexamen gleichgestellt. Und auch eine Magistra gibt es inzwischen, schliesslich haben sich die Frauen vor rund hundert Jahren ihren Hochschulzugang erkaempft.

    Abgekuerzt wird der Titel mit "M. A.", und anders als der Dr. (Laesterzungen sagen ihm bekanntlich nach, er sei der beliebtetste deutsche Vorname) folgt er erst hinter dem Namen, also etwa als "Uwe Mueller M. A.". Er steht fuer "Magister Artium" - Meister der Kuenste. Dass es immer mehr Magister gibt, kommt nicht von ungefaehr: frueher schlossen Sprach- und Kulturwissenschaftler oder Historiker meist mit dem Staatsexamen ab und wurden Lehrer. Wer zusaetzlich noch promovierte, blieb meist an der Uni oder erhielt eine der wenigen Stellen etwa an Forschungsinstituten oder in Museen. Das hat sich gruendlich geaendert. Nicht nur die Studentenzahlen sind gewaltig gestiegen, auch mit Hochschul- oder Museumstaetigkeiten sieht es ganz truebe aus. Wohin also mit den Absolventen?

    "Ein eindeutig definiertes Berufsbild fuer Magister gibt es nicht", raeumt auch Dr. Hans-Guenter Friedemann vom Praktikumsamt der Chemnitzer Philosophischen Fakultaet ein. Folgerichtig versuchen die Chemnitzer, ihre Absolventen in alternativen Berufsfeldern unterzubringen. Initiiert von Prof. Elke Mehnert von der Professur fuer deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts bieten sie deshalb seit einem Jahr die Ringvorlesung "Magister zwischen Studium und Beruf" an. Gestandene Praktiker sprechen dort ueber ihre Taetigkeit, nachfragen ist erwuenscht. Ein Journalist und ein Verlagslektor waren schon da. Doch es gibt noch viel zu tun. Dabei moechte sich die Chemnitzer Uni unter anderem die Uni Bielefeld zum Vorbild nehmen. Dort naemlich gibt es schon seit einiger Zeit ein Projekt "Studierende und Wirtschaft", das vor kurzem von dessen Mitarbeiterin Christine Doppler im Rahmen der Vorlesungsreihe vorgestellt wurde. Das Bielefelder Projekt ist als zweisemestriges Sonderprogramm angelegt. Dort pauken die Studenten fuenf Stunden pro Woche zum Beispiel Betriebswirtschaft, Personalwesen, Wirtschaftsenglisch und Datenverarbeitung. Dazu kommt noch ein Pflichtpraktikum, das erste Kontakte zur Arbeitswelt schafft. Nicht selten werden die Praktikanten dann nach Ende ihres Studiums auf eine feste Arbeitsstelle uebernommen.

    Die Voraussetzungen fuer die Gestaltung eines Projekts, das sich am Bielefelder Programm orientieren koennte, sind gut, denn die Chemnitzer Geisteswissenschaftler sind - ebenso wie die Ingenieure, die Naturwissenschaftler oder Betriebswirte - hervorragend ausgebildet. Mehr noch: Das in Deutschland einzigartige "Chemnitzer Modell" erlaubt es den angehenden Magistern, zwei Hauptfaecher, eines aus den Geisteswissenschaften und eines aus den Tech- ikwissenschaften oder der Betriebwirtschaftslehre, miteinander zu verknuepfen. Ein wichtiger Punkt des Bielefelder Projekts wird also schon uebertroffen. UEblich sind andernorts naemlich immer noch nur ein Hauptfach und zwei Nebenfaecher - allesamt aus den Geisteswis enschaften. Selbst dort, wo doch einmal die beiden Nebenfaecher durch ein zweites Haupt-fach ersetzt werden duerfen, muss auch dieses eine Geisteswissenschaft sein.

    Doch wer, wie in Chemnitz moeglich, etwa englische Sprachwissenschaften und Marketing, oder Geschichte und Informatik, oder Franzoesisch und Grafische Technik studiert hat, der bietet alle Voraussetzungen fuer einen Job. Wirtschaft und Verwaltung, Werbung und PR suchen solche Leute - jedenfalls theoretisch. Denn Fachidioten sind bei Personalchefs laengst out, haeufig beklagen sie die ueberzogene Spezialisierung der Absolventen. Wer ueber den Tellerrand seines Faches blicken kann, der braucht sich in der Regel keine Sorgen um die Zukunft zu machen.

    Die Schwierigkeiten liegen denn auch auf einer ganz anderen Ebene: "Viele Firmen", hat Friedemann beobachtet, "kennen den Begriff 'Magister' bisher ueberhaupt nicht." Die Folge: Kuenftige Arbeitgeber wissen so gut wie nichts ueber die Staerken, die soziale Kompetenz, die Leistungsfaehigkeit und das oft breit angelegte Wissen der angehenden Magister. Der Schwerpunkt in Chemnitz soll deshalb bei den Praktika liegen. Denn gerade die helfen den Studenten, die Vorstellungen ueber ihren Beruf zu klaeren und auch Vorurteile gegenueber der Wirtschaft abzubauen. Derzeit versuchen Dr. Friedemann und Frau Prof. Mehnert, die Firmen der Region fuer solche Praktika zu begeistern. Erste Kontakte mit dem Arbeitsamt und mit der Industrie- und Handelskammer wurden bereits geknuepft.

    Weitere Informationen: Technische Universitaet Chemnitz-Zwickau, Prof. Elke Mehnert, Telefon 03 71/5 31-45 23, Fax 03 71/5 31-29 23 oder Dr. Hans-Guenter Friedemann, Telefon 03 71/5 31-63 82, Fax 03 71/5 31-63 01.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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