idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.10.2010 14:43

Homer und Europa

Johannes Scholten Pressestelle
Philipps-Universität Marburg

    Die Göttinger Akademie der Wissenschaften hat unter maßgeblicher Marburger Beteiligung das „Lexikon des frühgriechischen Epos“ (LfgrE) vollendet, das vor 65 Jahren begründet worden ist. Zum Abschluss fand in Hamburg ein Treffen der besten Homer-Kenner der Gegenwart statt, organisiert vom Altphilologen Arbogast Schmitt von der Philipps-Universität, der das Lexikon als Vorsitzender der Leitungskommission der Göttinger Akademie seit vielen Jahren betreute.

    „Es handelt sich um eines der wenigen langfristigen Großprojekte der Klassischen Philologie“, erklärt Schmitt. Das „Lexikon des frühgriechischen Epos“ beschäftigt sich mit den ältesten Texten der griechischen Literatur. Im Wesentlichen sind dies die homerischen Epen „Ilias“ und „Odyssee“, ferner die Gedichte von Hesiod und die so- genannten „Homerischen Hymnen“. Die Vollendung des Vorhabens wurde in zahlreichen Leitmedien des In- und Auslands gewürdigt.

    Das Lexikon geht auf die Initiative von Bruno Snell zurück, einen der bedeutendsten Klassischen Philologen des 20. Jahrhunderts; „er begründete das Projekt unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, um mit der Analyse der sprachlichen Grundlagen Europas ein Gegengewicht zur geschichtsvergessenen Kulturlosigkeit im damaligen Deutschland zu schaffen“, berichtet Schmitt. „Der Grundgedanke war, dass nur eine Analyse der Sprache die Basis für ein wirkliches Verständnis der europäischen Kultur bieten könne.“ Homer sei für dieses Verständnis deshalb wichtig gewesen, weil bei ihm ein dokumentierbarer Wendepunkt nachzuweisen war, von dem aus sich das große Projekt der europäischen Aufklärung entwickeln konnte.

    Hinzu kam die Rezeption und Wertschätzung Homers, die sich durch die gesamte europäische Geistesgeschichte belegen ließ. „Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Homer zusammen mit seinem ersten großen Nachahmer Vergil auch die neuzeitliche Literatur und Literaturtheorie maßgeblich mitgeformt hat“, erläutert der Marburger Altphilologe.

    Schmitt verweist auf das Verdienst Bruno Snells, mithilfe des modernen Apparats der Altertumswissenschaften die hermeneutische Aufgabe neu anzugehen, den Zeitabstand zu Homer zu überbrücken. Dies sei zuallererst eine sprachliche Aufgabe: In welchen Bedeutungen werden die Wörter bei Homer gebraucht, welchen Gegenständen und Vorgängen sind sie zugeordnet? Der Grundaufbau des Lexikons ist bis heute gleich geblieben: Es verzeichnet alle im Textmaterial vorkommenden Wörter und Namen mit ihren Belegstellen. Jeder Eintrag enthält Abschnitte über Etymologie, über die Stellung im Vers, über die antiken Erklärungen und über die moderne Sekundärliteratur. Im Mittelpunkt steht die Bedeutungsanalyse.

    Die Forschung erfuhr während der langen Bearbeitungszeit viele Veränderungen. „Snell wollte noch an der Sprache Homers die ersten, ursprünglichen, der Entdeckung des Geistes vorausgehenden Anfänge des europäischen Denkens demonstrieren“, führt Schmitt aus. „Heute wissen wir, dass Homer kein Anfang war. Er führt vielmehr eine lange Dichtungstradition zur Vollendung.“ Die Besonderheit der homerischen Sprache, ihre Mischung aus Formen und Inhalten verschiedener Zeiten und Regionen habe durch die neuen Forschungsergebnisse deutlicher und genauer dokumentiert werden können als in dem entwicklungsgeschichtlichen Ansatz Snells.

    Die Hamburger Tagung verdeutlichte die Relevanz des Lexikons für das Verständnis der Besonderheit der europäischen Frühzeit. Den Eröffnungsvortrag hielt der Doyen der deutschsprachigen Homerforschung, Professor Dr. Joachim Latacz aus Basel, der ein großes Publikum mit einer Darstellung der Höhepunkte des homerischen Einflusses auf die europäische Kultur begeisterte.

    Weitere Informationen:
    Ansprechpartner: Professor Dr. Arbogast Schmitt,
    Fachgebiet Klassische Philologie
    E-Mail: schmitta@staff.uni-marburg.de
    Akademieprojekt im Internet: http://www.uni-goettingen.de/de/10186.html


    Bilder

    Das Lexikon des frühgriechischen Epos
    Das Lexikon des frühgriechischen Epos
    (Vandenhoeck & Ruprecht)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).