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Wissenschaft
Öffentliches Symposium des Projekts „Wertewelten“: „Ähnlichkeiten. Mischungen. Synkretismen. Auf dem Weg zu einer globalen Gesellschaft“
Vom 13. bis 16. Juli 2011 findet an der Universität Tübingen das Öffentliche Symposium des Projekts „Wertewelten“: „Ähnlichkeiten. Mischungen. Synkretismen. Auf dem Weg zu einer globalen Gesellschaft“ statt. Zu Beginn wird es am Abend des 13 .Juli., 20 Uhr, in Hörsaal 22, Kupferbau unter dem Titel „Confluence“ – über das Zusammenfließen von Kulturen“ eine Lesung und ein Gespräch mit dem Schriftsteller Ilija Trojanow geben. Am Donnerstag, dem 14. Juli 2011, 20 Uhr werden Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler und der Schriftsteller Henning Mankell in Hörsaal 25, Kupferbau ein Gespräch zum Thema „Schicksal Afrikas – Welche Werte entscheiden?“ führen. Beide Veranstaltungen sowie das im Evangelischen Stift von 14. bis 16. Juli veranstaltete Symposium sind öffentlich.
Das Gespräch zwischen Horst Köhler, dem am Nachmittag des 14. Juli die Ehrensenatorenwürde der Universität Tübingen verliehen wird, und dem schwedischen Schriftsteller Henning Mankell wird von Prorektor Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann moderiert. Bereits in der Formulierung des Gesprächsthemas klingt an, dass der Umgang mit diesen Werte-konflikten nicht nur über das Schicksal Afrikas, sondern auch über das Europas entscheiden wird. Horst Köhler hat hierzu an Europa appelliert: „Ist es nicht eine Frage der Selbstachtung Europas, sich – mit Blick auf unsere eigenen Fundamente, unsere Werte und Geschichte – in Afrika ehrlich und großzügig zu engagieren?“ Auch der heute überwiegend in Mozambique lebende, arbeitende und schreibende Henning Mankell sieht den Fall Afrika als Bewährungsprobe für europäische Werte und bekennt, in Afrika ein besserer Europäer geworden zu sein. Sowohl Horst Köhler als auch Henning Mankell stehen in der vorderen Linie der kleinen Reihe derer, die sich über Einzelprojekte hinaus politisch und literarisch für Afrika engagieren.
Die Brisanz des Themas „Schicksal Afrikas – Welche Werte entscheiden?“ hat uns ein afrikanischer Autor in dem von Horst Köhler herausgegebenen Buch „Schicksal Afrika“ anklagend vor Augen geführt: Afrikas Sicht der Welt, heißt es dort, werde seit mehr als 200 Jahren von der Sicht des Westens geprägt. Die westlichen Gesellschaften strebten danach, durch zivilisierende Maß-nahmen – seien es kulturelle Kontakte, Entwicklungshilfe oder Bildung – ein Spiegelbild ihrer selbst in Afrika zu schaffen. Das Ergebnis sei ein verwirrter Kontinent. Dadurch, dass man Afrika das westliche Wertesystem aufstülpe, schaffe man auf diesem Kontinent mehr Chaos als Ordnung.
Zum Symposium
Obwohl Ideologien der „Reinheit“ und der „Ein-Deutigkeit“ die Welt immer wieder in schwere Krisen gestürzt haben, fehlt es immer noch an einer überzeugenden Theorie der Vermischung und Verschmelzung. Dabei führt die Literatur der Welt permanent vor Augen, dass unser ganzes Leben und Zusammenleben auf der Fähigkeit beruht, (verdeckte) Gemeinsamkeiten zu erspüren, nach Ähnlichkeiten zu suchen, Konflikte durch Vermischen und Verschmelzung zu entschärfen. Das öffentliche Forum des Projekts „Wertewelten“ will sich genau dieser Methode der Macht, der Macht der Flexibilität widmen, und nach dem Mehrwert einer Lebensform der Vermischung frag-en. Geistes- und Sozialwissenschaftler sowie Juristen aus aller Welt (in Sonderheit der Partneruniversitäten des Netzwerks Wertewelten) wurden eingeladen, an einer Diskussion darüber teilzunehmen.
So werden Juristen aus Brasilien, Thailand und Deutschland über Rechtsvermischungen und mehr oder weniger freiwillige Implantate von Recht sprechen. Es geht am Beispiel Boliviens um die verfassungsmäßige Berücksichtigung von Mischkulturen und Überlegungen zur Rolle des Fremden als Sicherheitsrisiko. Weitere Beiträge nehmen Stellung zu den revolutionären Bewegungen in der arabischen Welt. Die Spannweite der Beiträge reicht über Fragen der kulturvergleichenden Psychologie und Pädagogik bis zu Literatur und Kultur.
Zum Projekt „Wertewelten“
Ziel des 2008 gestarteten Projekts „Wertewelten“ ist es, verschiedene in ihrer charakteristischen Denkweise begründete Wertesysteme einander gegenüberzustellen und ihre Spezifika zu erkunden. Anstelle abstrakter Modelle und ethischer Wunschvorstellungen, die auf die Etablierung globaler Standards abzielen, liegt der Schwerpunkt auf der sprachlichen Vermittlung und situativen Konstruktion von Werten. Das Projekt wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert.
Programm
Mittwoch, 13. Juli 2011
20:00 Ilija Trojanow: „Confluence“ - Über das Zusammenfließen von Kulturen. Lesung und Gespräch mit Jürgen Wertheimer und Frank Baasner
Universität Tübingen, Kupferbau, Hörsaal 22
Donnerstag, 14. Juli 2011
(Das Symposium findet im Evangelischen Stift, Klosterberg 2, Tübingen statt)
9:30 - 11:15 Jürgen Wertheimer (Tübingen): Synkretismen, Mischungen, Ähnlichkeiten - Drei Wege, ein Ziel.
Dorothee Kimmich (Tübingen): Ähnlichkeiten. Definitionsversuch.
Anil Bhatti (Neu Delhi/Konstanz): Ähnlichkeiten - Konturen eines Begriffs.
11:40 - 13:00 Heinz-Dieter Assmann (Tübingen): Legal implants - Fälle der erzwungenen und der freiwilligen Vermischung von Recht.
Christoph Schönberger (Konstanz): „Werte als Gefahr für das Recht?“ Carl Schmitts Kritik der Vermischung von Werten und Rechtsnormen als „Tyrannei der Werte“.
14:00 - 15:50 Amadou Ba (Dakar): „Weltliteratur“ oder „s’enraciner pour mieux s’ouvrir“: Prolegomena eines deutschen und afrikanischen Kultursynchretismus.
Nadjib Sadikou (Abomey-Calavi/Tübingen): „Die Welt als Maskentanz“: Synkretismen in afrikanischen Religionen und Kulturen.
Mensah W. Tokponto (Abomey-Calavi): Strukturen und Typologien deutscher und westafrikanischer Märchen.
16:15 - 18:00 Leo Kreutzer (Köln): Mein afrikanischer Heine.
Carlotta von Maltzan (Stellenbosch): Afrika anders denken.
20:00 Horst Köhler und Henning Mankell: Schicksal Afrikas - Welche Werte entscheiden?
Universität Tübingen, Kupferbau, Hörsaal 25.
Freitag, 15. Juli 2011
9:30 - 11:00 Manfred Stassen (Washington D.C./Aix en Provence): Identitätsdiskurs als Waffe Thesen zu einer künftigen Theorie der Vermischung.
Pradeep Chakkarath (Thrissur/Bochum): Ähnlichkeit und Differenz in der kulturvergleichenden Psychologie.
11:30 - 13:00 Ingo Sarlet (Porto Alegre): Rassenkonflikte und/oder Rassendialog: Ungleichheiten und positive Diskriminierung in Brasilien.
Mathias Rohe (Erlangen): Sharia und deutsches Recht - and never the twain shall meet?
14:00 - 15:30 Manar Omar (Kairo): Vom Freiwild zur Symbolfigur. Gesichter des Aufstands.
Fawzi Boubia (Rabat/Caen): Die arabische Protestbewegung als Diversitätenkampf.
16:00 –17:30 Hans Peter Hoffmann (Tübingen/Taipeh): „Wie schwer herzustellen das ist, ein schwarzer Nichts-Kristall“ - Einige Bemerkungen zur Interkulturalität in einem Gedicht des taiwanischen Autors Shang Qin.
Chetana Nagavajara (Bangkok): Verslehre als Lebenseinstellung: Im Spannungsfeld zwischen Ästhetik und Ethik.
17:30 - 19:00 Suntariya Muanpawong (Bangkok): Synkretismen und Vermischungen im thailändischen Recht.
Teruaki Takahashi (Tokio): Sprachadoption und Zitate in der japanischen Sprache. Zur Grundstruktur einer Mischkultur.
Weitere Informationen: http://www.wertewelten.net
Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Wertheimer
Universität Tübingen
Deutsches Seminar
Wilhelmstraße 50
72074 Tübingen
Telefon +49 7071 29-72907
juergen.wertheimer@uni-tuebingen.de
Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Leiterin Myriam Hönig
Abteilung Presse, Forschungsberichterstattung, Information
Michael Seifert
Telefon +49 7071 29-76789
Telefax +49 7071 29-5566
michael.seifert@uni-tuebingen.de
http://www.uni-tuebingen.de/aktuelles
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geowissenschaften, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Recht, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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