idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.08.2011 13:18

MHH-Forscher: EPO vermindert Herzschäden nach Chemotherapie

Stefan Zorn Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Medizinische Hochschule Hannover

    Kardiologen klären in Zell- und Tierversuchen den Mechanismus – und finden neuen Ansatz für die Therapie

    Anthrazykline wie Doxorubicin gehören seit Jahrzehnten zu den effizientesten und unverzichtbaren Krebsmedikamenten. Starke Nebenwirkungen wie die Schädigung des Herzmuskels, die zu schweren irreversiblen Herzschwächen führen kann, schränkt ihre Anwendung aber ein. Dosisabhängig können Patienten eine chronische Herzschwäche erleiden, die auch nach dem Absetzen des Medikaments bestehen bleibt. Ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat nun herausgefunden, wie Doxorubicin und eine neue vielversprechende Tumortherapie, die auf der Hemmung des Transkriptionsfaktor STAT3 beruht, das Herz negativ beeinflussen – und wie diese Nebenwirkungen verhindert werden können.

    Wird das Herz eines ausgewachsenen Menschen geschädigt, regeneriert es schlecht, verfügt aber doch zu einem gewissen Grad über einen „eingebauten Reparaturmechanismus“: Im Herzen sind Vorläuferzellen (Progenitorzellen) nachzuweisen, die sich – je nach Bedarf – in verschiedene Zelltypen differenzieren können. Unter Therapien mit Doxorubicin oder STAT3-Hemmung können diese Vorläuferzellen nicht mehr effizient ausdifferenzieren: der Reparaturmechanismus funktioniert nicht, und die Schädigung bleibt bestehen.

    Die Arbeitsgruppe Molekulare Kardiologie von Professorin Dr. Denise Hilfiker-Kleiner aus der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie beobachtete in Zellkulturen und bei Versuchen mit Mäusen, dass Herzmuskelzellen geringe Mengen des Wachstumsfaktors Erythropoietin (EPO) ausschütten. Bei Mäusen, die mit den Anti-Krebstherapeutika behandelt wurden, konnten die Wissenschaftler kaum noch EPO-Bildung in den Herzmuskelzellen nachweisen – ein Anzeichen dafür, dass die Therapien das kardiale Mikromilieu verändert haben. „Die Progenitorzellen im Herzen brauchen EPO um sich zu bestimmten Zelltypen ausbilden zu können. Das durch die Anti-Krebstherapie veränderte Mikromilieu mit unterdrückter EPO-Bildung, schränkt den Reparaturmechanismus des Herzens ein und es kommt zu dauerhaften Schädigungen“, erklärt Professorin Hilfiker-Kleiner. Die Ergebnisse der Forschung sind in der neusten Ausgabe der US-amerikanischen Fachzeitschrift „Cell – Stem Cell“ veröffentlicht.

    Die Forscher gaben sich aber nicht damit zufrieden, den Mechanismus gefunden zu haben. In einem zweiten Schritt versuchten sie, die herzschädigende Wirkung der Anti-Krebstherapien zu kompensieren und arbeiteten dabei eng mit Professor Dr. Matthias Eder, Leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, zusammen. Synthetisches EPO hat als Blutdopingmittel Schlagzeilen gemacht und wird zur Behandlung einer Anämie bei Tumorpatienten und bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz eingesetzt.

    Während hohe EPO-Dosierungen für die Anämiebehandlung aber zu einer Reihe unerwünschter Nebenwirkungen führen können, zeigte sich im Tierversuch, dass eine niedrig dosierte EPO-Behandlung mit dem zugelassenen Medikament CERA zeitgleich mit einer dreiwöchigen Krebstherapie das Regenerationspotenzial der Vorläuferzellen aufrecht erhält, die Herzschädigung vermindert und das Überleben verbessert. „Die niedrige EPO-Konzentration vor Ort könnte einen zeitlich begrenzten Einsatz der Substanz zur Kardioprotektion ermöglichen, ohne die bekannten EPO-Nebenwirkungen zu verursachen oder die Anti-Tumortherapie zu beeinflussen“, betont Professor Eder. Die Ergebnisse: „Anti-Krebstherapien mit Doxorubicin oder STAT3-Suppression schädigen das Reparatursystems des Herzens vermutlich über eine Veränderung des kardialen Mikromilieus, das eine Absenkung der kardialen EPO-Spiegels beinhaltet. Bei beiden Therapien hatte die gleichzeitige Gabe von niedrig dosiertem EPO einen präventiven Effekt in Bezug auf die herzschädigenden Nebenwirkungen“, sagt Professorin Hilfiker-Kleiner. Die Wissenschafterin hofft, die Erkenntnisse aus den Zell- und Tierversuchen schon bald auf die Anti-Krebstherapie beim Menschen übertragen zu können. „Die immer effizienteren Anti-Tumortherapien führen dazu, dass Tumorpatienten langfristig überleben. Deshalb ist es sehr wichtig, die schädlichen Nebenwirkungen der Krebstherapien zu reduzieren ohne ihre Wirkung einzuschränken„, erläutert die Kardiologin. „Niedrig dosiertes EPO ist dabei eine vielversprechende Möglichkeit.“

    Der Befund, dass das Mikromilieu in einem kranken Herzen verändert ist, kann auch Auswirkungen für kardiale Zelltherapien und kardiales Tissue Engineering haben, wie sie im Ezellenzcluster REBIRTH an der MHH entwickelt werden. Die Effizienz solcher Therapien für herzkranke Patienten könnte möglicherweise ebenfalls durch niedrig dosierte EPO-Therapien verbessert werden .Ob eine EPO-Therapie aber generell für Patienten mit Herzinsuffizienz in Betracht kommt, kann Professorin Hilfiker-Kleiner derzeit nicht abschätzen. „Krebspatienten müssten EPO nur während der kurzen Zeit der Chemotherapie nehmen. Für Patienten, die aus einem anderen Grund an einer Herzschwäche leiden, wäre es eine Dauertherapie, bei der wir aber die Langzeitwirkungen noch nicht abschätzen können“, betont sie.

    Weitere Informationen erhalten Sie bei Professorin Dr. Denise Hilfiker-Kleiner, hilfiker.denise@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-2531.


    Bilder

    Professorin Dr. Denise Hilfiker-Kleiner (links) sowie ihre Mitarbeiterin Melanie Hoch
    Professorin Dr. Denise Hilfiker-Kleiner (links) sowie ihre Mitarbeiterin Melanie Hoch
    "Foto: „MHH/Kaiser“
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).