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15.05.2012 10:29

Organerhaltende Behandlung von fortgeschrittenem Blasenkrebs

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Radiochemotherapie weit wirksamer als alleinige Bestrahlung

    Berlin – Bei der Behandlung von Blasenkrebs im fortgeschrittenen Stadium verbessert die Kombination von Strahlenbehandlung und gleichzeitiger Chemotherapie die Prognose der Patienten deutlich, wie eine aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt.

    „Die Radiochemotherapie bietet für viele Patienten eine schonende Alternative zu einer Radikaloperation, und eine Entfernung der Blase kann dadurch meistens vermieden werden“, betont Professor Dr. med. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Lübeck und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). „Denn gerade für ältere Menschen mit Begleiterkrankungen kann die Operation eine große Belastung darstellen.“

    Jedes Jahr erkranken in Deutschland fast 16 000 Menschen an Blasenkrebs. Die meisten Blasenkrebsarten wachsen nur oberflächlich in der Schleimhaut und sind relativ harmlos; diese Krebse können meistens bei einer Blasenspiegelung durch die Harnröhre entfernt werden. Die Blase wird dabei erhalten. Doch in jedem fünften Fall hat das Karzinom schon auf die Blasenmuskulatur übergegriffen. Dann versuchen Ärzte gewöhnlich, die gesamte Harnblase zu entfernen, oft samt umliegender Organe wie etwa Prostata oder Gebärmutter. Privatdozent Dr. Christian Weiss, leitender Oberarzt an der Klinik für Strahlentherapie der Universität Frankfurt am Main, erläutert, dass dieses Vorgehen nicht für alle Patienten optimal ist: „Diese sogenannte Zystektomie belastet gerade ältere Menschen, die an weiteren Begleiterkrankungen leiden, schwer.“

    Die Bestrahlung bietet eine Alternative zur Operation. Bisher hielten viele Ärzte die Operation aber für besser und setzten die Bestrahlung deshalb nur bei inoperablen Patienten ein. Schon seit Jahren wird daher versucht, die Bestrahlung durch zusätzliche Medikamente wirksamer zu machen. Manche Zytostatika können nämlich, wenn sie gleichzeitig mit einer Bestrahlung verabreicht werden, die Strahlenwirkung in Tumorzellen verstärken. Wichtige Erkenntnisse zu dieser Behandlungsform, der Radiochemotherapie, wurden von deutschen Universitätskliniken erarbeitet. Durch die britische Studie wurde jetzt aber erstmals klar bewiesen, dass die Kombinationsbehandlung besser, und der Unterschied zur reinen Strahlenbehandlung sogar noch größer als erwartet ist.

    An der britischen Untersuchung nahmen insgesamt 360 Patienten teil, deren Tumor schon in die Muskulatur der Blase vorgedrungen war. Sie wurden entweder nur bestrahlt oder erhielten zusätzlich noch eine Chemotherapie. Mit der Radiochemotherapie lebten zwei Jahre danach erfreulicherweise gut zwei Drittel der Patienten tumorfrei. Durch die kombinierte Therapie können die Ergebnisse gegenüber der alleinigen Bestrahlung um mehr als zehn Prozent weiter verbessert werden. Allerdings führte die zusätzliche Chemotherapie etwas häufiger zu Nebenwirkungen. Diese blieben jedoch auf die Dauer der Behandlung beschränkt, wie die Mediziner im „New England Journal of Medicine“ berichten. Die Harnblase konnte bei den meisten Patienten (nämlich bei etwa 85 Prozent) erhalten werden.

    „Die Ergebnisse der Kombinationstherapie sind ähnlich gut wie bei einer vollständigen Entfernung der Blase“, sagt PD Dr. Weiss. „Damit eröffnet dieses Vorgehen eine organerhaltende Alternative zu einer Radikaloperation bei Patienten mit fortgeschrittenem Blasenkrebs.“

    DEGRO-Präsident Professor Dunst hält es für möglich und hofft, dass Ärzte die Radiochemotherapie künftig häufiger anwenden. „Die britische Studie gilt als Meilenstein für die Therapie von fortgeschrittenem Blasenkrebs. Damit ist auch beim Harnblasenkrebs, ähnlich wie bei Brustkrebs oder Kehlkopfkrebs, eine organerhaltende Behandlung möglich.“

    Zur Strahlentherapie:
    Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.

    Literatur:
    Nicholas D. James et al.: Radiotherapy with or without Chemotherapy in Muscle-Invasive Bladder Cancer. In: New England Journal of Medicine, Vol. 366 (16): S. 1477–1488, 1540–1541
    William U. Shipley, Anthony L. Zietman. Old Drugs, New Purpose – Bladder Cancer Turning a Corner. In: New England Journal of Medicine, Vol. 366 (16): S. 1540–1541

    Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.

    Kontakt für Journalisten:
    Dagmar Arnold
    Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V.
    Pressestelle
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Telefon: 0711 8931-380
    Fax: 0711 8931-167
    E-Mail: arnold@medizinkommunikation.org
    Internet: http://www.degro.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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