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19.03.2013 11:03

Ulmer Zellbiologin mit Margarete von Wrangell-Habilitationsstipendium ausgezeichnet

Andrea Weber-Tuckermann Pressestelle
Universität Ulm

    Die Ulmer Zellbiologin Dr. Pika Miklavc tritt im April ihr Margarete von Wrangell-Habilitationsstipendium an. Die Wissenschaftliche Assistentin vom Institut für Allgemeine Physiologie wurde in diesem Jahr als zweite Ulmer Wissenschaftlerin neben der Virologin Dr. Christine Goffinet für ihre herausragenden Forschungsleistungen damit ausgezeichnet. „Ich bin darüber sehr glücklich, denn trotz Härten ist die Wissenschaft für mich ein Traumberuf“, gesteht die Zellbiologin.

    Das Landesförderprogramm unterstützt qualifizierte Frauen bei der Habilitation, einem wichtigen Schritt auf dem Weg zur Professur. Ziel des Stipendiums ist es, mehr Chancengleichheit für Frauen in den oberen Etagen der Wissenschaften zu erreichen. Zwar stieg der Anteil an Professorinnen an den Landeshochschulen von 2001 bis 2011 mittlerweile von rund neun auf über siebzehn Prozent, doch noch immer dominiert gerade in den Naturwissenschaften der Herr Professor. Das vom Land Baden-Württemberg finanzierte Förderprogramm soll dieses Ungleichgewicht ausgleichen helfen. Es wird mit EU-Mitteln unterstützt und von der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten koordiniert. „Bisher hatte ich als Frau in der Forschung eigentlich keine Probleme. Aber das sieht sicher anders aus, wenn man mal Kinder hat“, meint die 37-jährige.

    „Vier Jahre Planungssicherheit sind aber auf jeden Fall schon einmal eine große Hilfe. Für einen Wissenschaftler in der so genannten Postdoc-Phase ist das eine ganze Menge“, so Miklavc. Die gebürtige Slowenin, die in Ljubljana Biologie studiert und promoviert hat, möchte sich in dieser Zeit ganz auf ihre Forschung konzentrieren. „Ich muss jetzt erst einmal keine Drittmittelanträge mehr für meine Stelle schreiben“, freut sich die Zellbiologin. Denn die ersten beiden Jahre wird sie vom Land finanziert und danach von der Universität. Aber auch die Lehre wird dabei nicht zu kurz kommen. Vier Semesterwochenstunden sind im Rahmen des Programms verpflichtend. Lehrerfahrung hat die Wissenschaftlerin, die seit 2006 an der Universität Ulm ist, bereits in der vorklinischen Mediziner-Ausbildung gesammelt. „Wir betreuen Hunderte von Studierenden pro Semester, da bekommt man schon eine gewisse Routine“, erläutert die Wissenschaftliche Assistentin.

    Doch bleibt noch genügend Raum für die Forschung. Ihr Thema: die sogenannte Exozytose, also die zellbiologischen Vorgänge beim Stofftransport aus der Zelle heraus. „Zugegebenermaßen ein sehr spezielles Thema, aber für die Zellbiologie von grundlegender Bedeutung“, so Miklavc. Ob Hormone, Enzyme oder Sekrete – all diese Stoffe werden im Organismus durch Exozytose freigesetzt. Innerhalb der Zelle werden Substanzen in membranumfassten Bläschen transportiert, den sogenannten Vesikeln. Beim Transport aus der Zelle heraus verschmelzen Vesikel und Zellmembran und geben nach dieser Fusion die gespeicherten Stoffe frei. „Manchmal braucht die Zelle dabei aber aktive Unterstützung, damit die entstandenen Poren sich richtig öffnen“, erklärt die Zellbiologin.

    Dies ist vor allem bei stark Sekret-bildenden Zellen wie den Pneumozyten vom Typ II der Fall, die sich daher besonders gut für die Erforschung der Exozytose eignen. Diese Lungenzellen haben die Aufgabe, durch Exozytose eine Substanz freizusetzen, die die Oberflächenspannung in den Lungenbläschen herabsetzt, das so genannte „Surfactant“. Diese Substanz macht die Lunge nicht nur nachgiebiger, sondern sorgt gleichfalls dafür, dass die Lungenbläschen beim Atmen mit den Druckunterschieden besser zurechtkommen. „Zellen wie diese brauchen biophysikalische Unterstützung bei der Freisetzung des transportierten Stoffes“, so Miklavc. Die Ulmer Zellbiologin konnte nun zeigen, dass es vor allem Kalzium-Ionen sind, die der Zelle dabei den richtigen Kick geben.

    Kalzium-Kick hilft Zellen beim Stofftransport auf die Sprünge

    Ihre Entdeckung: Auf der Membran des Vesikels sitzen Kationen-Kanäle für positiv geladene Ionen, so genannte P2X4-Rezeptoren. Bei der Fusion von Vesikel und Zellmembran werden diese Kanäle nach außen hin exponiert. Treffen sie dort auf den Energieträger und Signalgeber ATP, öffnen sich diese Ionen-Kanäle. Kalzium-Ionen aus der extrazellulären Matrix gelangen durch die Pore an der Zelloberfläche in das angedockte Vesikel und strömen durch die aktivierten Ionenkanäle ins Zellinnere. Die Pore weitet sich deswegen und hilft so dem austretenden Stoff bei der Freisetzung. Bisher war zwar bekannt, dass Kalzium-Ionen die Fusion sekretorischer Vesikel stimulieren. „Wir konnten nun allerdings zeigen, dass durch den Kalzium Einstrom auch die Stofffreisetzung aktiv unterstützt wird“, ergänzt die Zellbiologin. Die Zelle braucht also den Ca++-Kick in mehreren Phasen des Stofftransports.

    Wie Miklavc herausfand, bedient sich die Zelle noch eines weiteren Tricks beim „Rausschmiss“ von Substanzen aus der Zelle. Diesmal ist es ein biomechanischer. „Das funktioniert ähnlich wie ein Kompressionsstrumpf“. Nach der Fusion mit der Plasmamembran entsteht rund um das Vesikel ein Mantel aus so genanntem Aktin. Dieses Strukturprotein ist in der Regel Bestandteil des zellulären Skeletts und für die Formstabilität der Zelle entscheidend. Der Aktin-Mantel kontrahiert das Transportbläschen und drückt so den Inhalt heraus. In den nächsten Jahren möchte Dr. Pika Miklavc nun herausfinden, über welche zellulären Signalgebungsprozesse dieser biomechanische Kompressionsstrumpf für Transportbläschen gesteuert wird. Das könnte dann wohl ihr Meisterstück bei der Habilitation werden.

    Das Förderprogramm ist nach der herausragenden Wissenschaftlerin Margarete von Wrangell (1877-1932) benannt. Die promovierte Chemikerin, die einem baltischen Adelsgeschlecht und einer Familie von Generälen und Polarforschern entstammt, war die erste Professorin in Deutschland. Sie erhielt 1923 als Leiterin des Instituts für Pflanzenernährung einen Lehrstuhl an der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim. Für ihre Durchsetzungsfähigkeit und Hartnäckigkeit war sie in Fachkreisen mithin als „nordischer Eisbrecher“ berüchtigt. Pika Miklavc dagegen sagt von sich: „Ich bin nicht so der Eisbrecher-Typ. Mir liegt es eher, mit viel Ausdauer das Eis zu schmelzen. Auch so kommt man ans Ziel“, ist sich die Zellbiologin sicher.

    Weitere Informationen: Dr. Pika Miklavc, Institut für Allgemeine Physiologie, Universität Ulm, Email: pika.miklavc@uni-ulm.de, Tel.: 07 31 / 500 23 247 oder Tel. (Sekr.): 0731 / 500 23 231;


    Weitere Informationen:

    http://margarete-von-wrangell.de/ Margarete von Wrangell-Habilitationsprogramm


    Bilder

    Dr. Pika Miklavc
    Dr. Pika Miklavc
    Foto: Uni Ulm
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    Lichtmikroskopische Aufnahme der Typ II Pneumozyten. Abgebildet per Dunkelfeldmikroskopie sind vier dieser speziellen Lungenzellen. In den kreisförmigen hellen Strukturen um die jeweiligen Zellkerne werden die mit Surfactant gefüllten sekretorischen Bläschen sichtbar.
    Lichtmikroskopische Aufnahme der Typ II Pneumozyten. Abgebildet per Dunkelfeldmikroskopie sind vier ...
    Foto: Pika Miklavc
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Personalia, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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