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01.04.2015 16:17

Pflegebedürftige hängen stark von Transferzahlungen ab

Renate Bogdanovic Pressestelle
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW Berlin

    Geringes Vermögen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung – Alleinlebende besonders betroffen

    Sogenannte Pflegehaushalte verfügen über ein ähnlich hohes Haushaltseinkommen wie Haushalte, in denen keine pflegebedürftige Person lebt. Allerdings sind Pflegebedürftige stärker von öffentlichen Transferleistungen abhängig. Darüber hinaus ist ihr Vermögen erheblich geringer als das Vermögen von Personen ohne Pflegebedarf. Insbesondere alleinlebende Pflegebedürftige haben vergleichsweise geringe finanzielle Ressourcen, stellen zugleich aber über 40 Prozent aller Pflegehaushalte dar.

    Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis seiner Langzeiterhebung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP). „Diese stärkere Abhängigkeit von öffentlichen Transfers birgt Risiken für künftige Generationen, da das Rentenniveau in Zukunft sinken wird“, sagt DIW-Rentenexperte Johannes Geyer, der die Einkommens- und Vermögenssituation von Pflegebedürftigen in Privathaushalten untersuchte und mit der übrigen Bevölkerung ab 60 Jahren verglich.

    Ein Pflegefall ist für die betroffenen Personen und Haushalte in der Regel auch eine finanzielle Belastung. Zum einen entstehen zusätzliche Kosten durch Medikamente und auch privat zu finanzierende Pflegeleistungen. Zum anderen sinkt häufig das Einkommen der pflegenden Angehörigen, weil sie ihre Erwerbstätigkeit einschränken, um Pflege und Beruf miteinander zu vereinbaren. Mit zunehmender Dauer der Pflege können Haushalte oftmals die Kosten nicht mehr aus dem laufenden Einkommen tragen und müssen auf ihr Vermögen zurückgreifen. Derzeit beziehen etwa 2,6 Millionen Menschen in Deutschland Leistungen aus der Pflegeversicherung, das entspricht einer Steigerung um fast 50 Prozent seit 1998. Dieser Anstieg ist vor allem auf die demographische Entwicklung zurückzuführen und wird sich daher in Zukunft eher noch verstärken. Gut 70 Prozent der Pflegefälle, das sind etwa 1,7 Millionen Menschen, werden heute zu Hause und knapp 30 Prozent stationär gepflegt. Daneben gibt es eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen, die auf Pflege angewiesen, aber (noch) nicht leistungsberechtigt sind und ebenfalls fast ausschließlich zu Hause gepflegt werden.

    Das gewichtete verfügbare Einkommen von Pflegebedürftigen in Privathaushalten liegt bei etwa 20.000 Euro im Jahr und ist damit ähnlich hoch wie in Haushalten ohne pflegebedürftige Personen. Während diese allerdings zu 30 Prozent Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen, beträgt dieser Anteil bei Pflegehaushalten nur 18 Prozent des Einkommens. Insgesamt erhalten rund 71 Prozent der Pflegehaushalte öffentliche Transfers gegenüber nur 13 Prozent der Vergleichsgruppe.

    Im Hinblick auf ihre private Vermögenslage unterscheiden sich Pflegebedürftige und Pflegehaushalte deutlich von der übrigen Bevölkerung. Die Pflegehaushalte beziehen seltener Kapitaleinkommen und erzielen dabei geringere Erträge. Sie verfügen über ein mittleres Vermögen (Median) von 9.000 Euro im Vergleich zu 60.000 Euro in der übrigen Bevölkerung ab 60 Jahren. Ein nicht unerheblicher Teil, fast 40 Prozent, hat kein Vermögen oder ist verschuldet. In der übrigen Bevölkerung sind dies nur knapp 20 Prozent. Mit einem Median von 3.000 Euro haben alleinlebende Pflegebedürftige – in der Mehrheit Frauen – die geringsten Reserven, während die Vergleichsgruppe Vermögen im Wert von 35.000 Euro besitzt.

    Rund 73 Prozent der Pflegebedürftigen bezieht Leistungen aus der Pflegeversicherung; das Pflegegeld beträgt im Durchschnitt gut 5.000 Euro im Jahr. Die Pflegeversicherung ist somit eine wichtige Unterstützung, deckt jedoch häufig nicht den gesamten Pflegebedarf, und sie wurde in der Vergangenheit nur selten an die laufende Preis- und Lohnentwicklung angepasst. Seit 2008 wurden die Leistungen in mehreren Stufen erhöht, und ab 2015 werden sie alle drei Jahre an die Preisentwicklung angepasst. „Man läuft der Preisentwicklung hinterher, aber um das Versorgungsniveau zu halten, wäre es besser, die Preisentwicklung vorwegzunehmen“, sagt Geyer, der hier weitere Reformen erwartet.


    Weitere Informationen:

    http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.499949.de/15-14.pdf


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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