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14.09.2015 09:19

Hohe Auszeichnung für Saarbrücker Philosophin: Aus welchen Gründen handeln wir?

Friederike Meyer zu Tittingdorf Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Wenn Prominente viel Geld spenden, werden sie als großzügig angesehen. Oft sind aber Geschäftsinteressen oder Geltungssucht das eigentliche Motiv. Wovon hängt es also ab, aus welchen Gründen jemand handelt, und wie spielen dabei Wertevorstellungen und Gefühle hinein? Dieser jahrhundertalten Streitfrage unter Philosophen hat sich die Nachwuchsforscherin Susanne Mantel aus ganz neuer Perspektive genähert. Sie hat verschiedene philosophische Ansätze miteinander verknüpft und ein eigenes Gedankengebäude entwickelt, das die Fachwelt beeindruckt. Für ihre Dissertation an der Universität des Saarlandes erhält sie heute in Osnabrück den Wolfgang-Stegmüller-Preis.

    Das ist der wichtigste Forschungspreis für junge Philosophen im deutschsprachigen Raum.

    „Wenn ein Kind sich besonders anstrengt, um gute Leistungen in der Schule zu erbringen, könnte das darin begründet sein, dass es Bildung als Wert ansieht, mit dem man etwa die späteren Karrierechance verbessern kann. Sein Motiv könnte aber auch ein anderes sein, etwa, dass es vor den Geschwistern glänzen will und von den Eltern bevorzugt behandelt werden möchte“, nennt Susanne Mantel als Beispiel. Man müsse also genau hinschauen, aus welchen Gründen jemand handelt. „Bei Menschen, die etwas Gutes für andere tun, denkt man sofort, dass sie nur die Gemeinschaft im Blick haben und beurteilt sie positiv. Oftmals spielen aber auch eigennützige Gründe eine Rolle, etwa, dass man sich als Unternehmer einen Werbeeffekt verspricht oder als Politiker wiedergewählt werden möchte“, führt Mantel als weiteres Beispiel an.

    Die Philosophin hat dabei vor allem interessiert, wie die Beziehung zwischen der Tat und der ihr zugrunde liegenden Motivation aussehen muss, damit man sagen kann, dass jemand aus einem moralischen Grund gehandelt hat. „Damit sich ein Mensch überhaupt an moralischen Werten orientiert und aus einem moralischen Grund handelt, benötigt er moralische Kompetenz. Er muss zum Beispiel bestimmte Charaktereigenschaften und Verhaltensmuster wie Großzügigkeit, Empathie und Mitgefühl aufweisen, um das Leid anderer Menschen aus einem moralischen Grund zu mildern und Gutes zu tun“, erklärt Susanne Mantel.

    Durch diese eingehende Betrachtung der Kompetenz gelingt es der Wissenschaftlerin einen alten philosophischen Streit zwischen Rationalisten wie Immanuel Kant und Antirationalisten wie David Hume zu schlichten, indem sie zulässt, dass Handlungen sowohl rational als auch emotional begründet sein können. „Wenn jemand zum Beispiel sagt, er habe etwas Gutes ‚aus dem Bauch heraus‘ getan, sieht man schon, dass Gefühle eine Rolle spielen, aber vielleicht auch ein Gerechtigkeitssinn, der auf moralischen Werten beruht“, sagt Susanne Mantel.

    Für die Philosophin wirken sich ihre Erkenntnisse vor allem auf den zwischenmenschlichen Umgang im Alltag aus: „Das Verständnis dafür, wie eine Tat und die Gründe dafür in Beziehung zueinander stehen, hilft dabei, Menschen besser zu beurteilen. Man darf sich nicht zu schnell blenden lassen von scheinbar moralisch motivierten Handlungen, sondern sollte immer kritisch hinschauen, ob beim anderen nicht egoistische Motive wie Profitgier, Selbstverliebtheit oder Eigennutz eine Rolle spielen“, erklärt die Forscherin, die bei Professor Christoph Fehige an der Universität des Saarlandes promoviert hat.

    In Osnabrück wird Susanne Mantel neben einem weiteren Saarbrücker Philosophen auf dem Siegertreppchen stehen: Auch der Nachwuchsforscher Vuko Andrić erhält den Wolfgang-Stegmüller-Preis für seine Dissertation bei Professor Fehige an der Saar-Uni. Erstmals geht dieser Preis damit gleich zweifach an einen Lehrstuhl. Der Forschungspreis wird nur alle drei Jahre von der Gesellschaft für Analytische Philosophie an drei bis vier junge Wissenschaftler vergeben. In diesem Jahr waren 40 Forschungsarbeiten nominiert, darunter auch viele hochkarätige Habilitationen. Für ihre herausragende Dissertation wird Susanne Mantel außerdem am 22. Oktober der Dr. Eduard-Martin-Preis verliehen, der von der Universitätsgesellschaft des Saarlandes jedes Jahr für die besten Doktorarbeiten an der Saar-Uni vergeben wird.

    Weitere Informationen:

    Titel der Dissertation von Susanne Mantel: Acting for a Normative Reason: A Competence Account
    Titel der Dissertation von Vuko Andrić: The Act-Consequentialist Criterion of Rightness

    Preisverleihung auf der internationalen Tagung der Gesellschaft für
    Analytische Philosophie in Osnabrück: http://gap9.de

    Pressefotos unter: www.uni-saarland.de/pressefotos

    Fragen beantwortet:

    Susanne Mantel
    Lehrstuhl für Praktische Philosophie
    Mail: sum82@web.de
    Tel. 0681/302-4224
    (vom 14. bis 19.09. auf der Tagung gap9 und nur per Mail oder über die Uni-Pressestelle zu erreichen)

    Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610).


    Weitere Informationen:

    http://gap9.de


    Bilder

    Susanne Mantel, Philosophin an der Universität des Saarlandes
    Susanne Mantel, Philosophin an der Universität des Saarlandes
    Universität des Saarlandes
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    Susanne Mantel
    Susanne Mantel
    privat
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Philosophie / Ethik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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