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26.05.2003 11:05

Gründungen: Nur wenige überleben die ersten fünf Jahre

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Nur jeder zweite neu gegründete Betrieb erlebt noch seinen fünften Geburtstag. Je mehr Jungunternehmen auf den Markt drängen, desto magerer fällt diese Fünf-Jahres-Bilanz aus. Das sind Ergebnisse einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie, die Wissenschaftler der Universität Bonn und der Bergakademie Freiberg in Sachsen durchgeführt haben. Die Experten halten die Förderung der so genannten "Ich-AGs" daher auch für wenig Erfolg versprechend. Ein weiteres Ergebnis gibt ebenfalls Anlass zur Sorge: Mit dem "Gründungsboom" in den Ostdeutschen Ländern scheint es gut zehn Jahre nach der "Wende" endgültig vorbei zu sein. Seit dem Jahr 2000 liegt dort die Gründungsrate stetig unter Westniveau. Bonn dagegen belegt in Puncto Gründungsaktivität unter den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen Rang 4.

    Arbeitslose, die sich mit einem Kleinunternehmen selbstständig machen wollen, können seit Anfang des Jahres verstärkt auf Hilfe der Bundesregierung zählen: Mit der Förderung so genannter "Ich-AGs" hat die Politik einen zentralen Punkt im Hartz-Konzept zum Abbau der Arbeitslosigkeit umgesetzt. Professor Dr. Reinhold Grotz, seine Mitarbeiter Dr. Udo Brixy und Anne Otto vom Geographischen Institut der Universität Bonn halten die Arbeitsmarkteffekte des neuen Förderinstruments mittelfristig für gering: "Bisherige Erfahrungen zeigen: Je mehr Unternehmen gegründet werden, desto größer die Konkurrenz, und desto weniger von ihnen überleben", so Professor Grotz. Das belegen auch die Ergebnisse der Studie: Je höher die Gründungsrate, das heißt die Anzahl der Betriebsgründungen je 1.000 Erwerbspersonen, desto weniger Unternehmen erleben ihren fünften Geburtstag. "Zwar ist eine hohe regionale Gründungsrate ohne Einschränkungen als positiv zu bewerten. Die Förderung von Betrieben, die bereits nach wenigen Jahren ihre Tätigkeit einstellen müssen, ist aber sicherlich weder sinnvoll noch effektiv." Stattdessen gelte es, die "Überlebensrate" zu maximieren. "Mehr Erfolg als eine 'Förderung nach dem Gießkannenprinzip' versprechen in dieser Hinsicht regionale Programme, die auch die Marktsituation in den unterschiedlichen Branchen berücksichtigen." Sprich: Gefördert werden soll gezielt, wo Bedarf besteht.

    "Gründungsboom Ost" endgültig vorbei

    Besorgniserregend ist die Situation in den ostdeutschen Bundesländern: Wurden dort 1998 noch 1,5mal so viele Betriebe je tausend Erwerbspersonen gegründet wie im Westen, sank die Gründungsrate im Jahr 2000 erstmalig seit 1991 unter Westniveau. "Für die ostdeutsche Wirtschaft ist das prekär", betont Anne Otto. "Junge Betriebe sind für die neuen Länder als Jobmotor von herausragender Bedeutung." Die Studie belegt das eindrucksvoll: Die zwischen 1998 und 2002 im Osten gegründeten Betriebe beschäftigten im Jahr 2002 zusammen 585.000 Arbeitnehmer - das waren immerhin 11 Prozent aller in Ostdeutschland Beschäftigten. Im Westen brachten die Jungunternehmen im gleichen Zeitraum 1,97 Millionen Arbeitnehmer (9 Prozent aller dort Beschäftigten) in Lohn und Brot. Den größten Beitrag leisteten unternehmensnahe Dienstleister wie Beratungsunternehmen, Ingenieurbüros, Marketingagenturen oder Firmen im Bereich Forschung und Entwicklung.

    Positives Gründungsumfeld in Bonn

    Bonn scheint für Gründer besonders attraktiv zu sein: Mit einer Gründungsrate von 7,4 Unternehmen je tausend Erwerbspersonen belegt die Rheinstadt im NRW-Ranking Platz vier hinter Düsseldorf, Aachen und Köln. Die Gründungsrate im Rhein-Sieg-Kreis liegt mit 5,6 im westdeutschen Schnitt; damit kommt der Kreis auf Rang 19 von insgesamt 54 Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen. Schlusslicht ist Olpe mit einer Gründungsrate von 4,2. Auch im Ruhrgebiet ist die Gründungsaktivität gering - und nicht nur das: In Duisburg, Essen oder Bochum überleben die wenigen neu gegründeten Firmen auch noch kürzer als im Bundesmittel.

    In Bonn schaffen die zahlreichen neu gegründeten Unternehmen vergleichsweise wenig Arbeitsplätze: 2002 waren knapp 11.600 Personen in den ab 1998 entstandenen Firmen beschäftigt, ein Anteil von gerade einmal 7,9 Prozent aller Arbeitnehmer. Der Beschäftigungseffekt der Unternehmen im Rhein-Sieg-Kreis ist deutlich höher: Die Neufirmen brachten hier 14.500 Menschen in Lohn und Brot, das sind 11,3 Prozent. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Rechnung "viele Existenzgründungen = viele neue Arbeitsplätze" nicht aufgehen muss: Wenn aufgrund zu hoher Konkurrenz ein Teil der Betriebe bereits nach wenigen Jahren wieder dicht macht, halten sich natürlich auch die positiven Effekte für den Arbeitsmarkt in Grenzen.

    Eine Zusammenfassung der Studie findet sich heute ab 14 Uhr im Netz unter http://www.uni-bonn.de >> Aktuelles >> Presseinformationen.

    Ansprechpartner:
    Professor Dr. Reinhold Grotz
    Geographisches Institut der Universität Bonn
    Telefon: 0228/73-7231
    E-Mail: r.grotz@uni-bonn.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-bonn.de/Aktuelles/Presseinformationen/2003/173.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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