idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
06.06.2016 11:22

DEGUM: „Baby-Pucken“ gefährdet gesunde Entwicklung der Hüfte

Anna Julia Voormann Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)

    Berlin – Seit 20 Jahren gehört die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte zum allgemeinen Vorsorgeprogramm für Kinder. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) sieht die Erfolge des Screenings jedoch gefährdet: Der Trend, Babys eng in Tücher oder Decken einzuwickeln, um sie zu beruhigen und das Einschlafen zu erleichtern, könnte zu einer Zunahme der Hüftfehlstellungen führen, befürchten die Ultraschallexperten. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 8. Juni 2016 in Berlin erklären sie, warum das „Pucken“ die natürliche Reifung der Hüfte beeinträchtigt und was dies für Diagnostik und Therapie der Hüftdysplasie bedeutet.

    „Beim klassischen Pucken werden die Beine in Streckstellung aneinander gebunden“, erläutert DEGUM-Expertin Dr. med. Tamara Seidl, Oberärztin der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie am Franziskus Hospital in Bielefeld. Je nach Dauer des Puckens wirken hier Kräfte, die das Wachstum der Hüfte verändern und verlangsamen. Die Hüfte reift nicht normal aus und es kann sich eine sogenannte Hüftdysplasie entwickeln, bei der Gelenkkopf und -pfanne nicht aufeinander passen. „Das geht bis hin zum Ausrenken des Gelenks“, betont Seidl und schildert ein Fallbeispiel aus der eigenen Praxis: „Das Kind war beim Ultraschall nach der Geburt unauffällig, und zunächst konnte sich keiner erklären, warum es im Alter von fünf Wochen plötzlich diese Hüftreifungsstörung gab“, berichtet die Medizinerin. „Im Gespräch stellte sich dann heraus, dass das Kind gepuckt wurde.“

    Problematisch wird es insbesondere dann, wenn die Veränderungen erst nach der dritten Vorsorgeuntersuchung auftreten. Denn bei der sogenannten „U3“ in der vierten bis fünften Lebenswoche untersuchen Kinderärzte regelhaft die Hüften der Babys per Ultraschall und könnten die Schäden noch entdecken. Aktuelle Zahlen aus Australien zeigen eine Verdreifachung der spät diagnostizierten Hüftdysplasie-Fälle nach dem dritten Lebensmonat – trotz eines frühen klinischen Screenings. „Die Ursachen für diese Entwicklung der letzten Jahre sind nicht ganz klar, aber ein Zusammenhang mit dem Pucken ist sehr wahrscheinlich“, so Seidl. In anderen Ländern, etwa der Türkei oder Japan, sollen Aufklärungskampagnen die Eltern von der umstrittenen Wickelmethode abbringen.

    Etwa vier Prozent aller Säuglinge kommen mit einer unreifen Hüfte zur Welt. Wird eine ausgerenkte Hüfte, „Hüftluxation“ genannt, nicht behandelt, entwickeln die Kinder einen hinkenden Gang. Seit 1996 ist die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte Bestandteil der „U3“ im Alter von vier bis fünf Lebenswochen. Kinder mit einem besonders hohen Risiko werden bereits mit wenigen Tagen im Rahmen der „U2“ geschallt. „Das betrifft etwa Kinder, bei denen in der Familie schon Fälle von Hüftdysplasie aufgetreten sind. Oder auch Babys, die aus Beckenendlage geboren wurden“, erläutert Seidl. Den Erfolg des Screenings untermauern verschiedene Studien. So sank der Anteil der Kinder, die wegen einer Hüftdysplasie in Deutschland operiert werden mussten, nach Einführung des generellen Ultraschallscreenings von 1,26 pro 1000 Lebendgeburten auf 0,26.

    Auf der Pressekonferenz am 8. Juni 2016 in Berlin erörtern Vertreter der DEGUM unter anderem, welche Bedeutung die frühe Diagnose der Hüftdysplasie für deren Behandlung hat und warum bestimmte Tragetechniken – im Gegensatz zum Pucken – gut für die Hüftentwicklung sind.

    Literatur:
    Studer K et al., Increase in late diagnosed developmental dysplasia of the hip in South Australia: risk factors, proposed solutions , Med J Aust 2016; 204 (6): 240 doi: 10.5694/mja15.01082

    Über die DEGUM
    Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund 10 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter: http://www.degum.de

    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
    Von Säuglingshüfte bis Arthrose: Ultraschall macht Krankheiten der Knochen und Gelenke schonend sichtbar

    Termin: Mittwoch, 8. Juni 2016, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Ort: Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Raum 2
    Anschrift: Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin
    Vorläufige Themen und Referenten:

    ++20 Jahre Vorsorgeultraschall der Säuglingshüfte:
    Gefährdet der Trend zum „Pucken“ die guten Ergebnisse des Screenings?
    Dr. med. Tamara Seidl, Oberärztin der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie, Franziskus Hospital, Bielefeld, DEGUM Stufe III

    ++Knochenbrüche bei Kindern: Diagnose häufig auch ohne Strahlen möglich
    PD Dr. med. Ole Ackermann, Oberarzt, Unfallchirurgie und Orthopädie, Evangelisches Krankenhaus Mettmann, DEGUM Stufe II

    ++Eingeengter Nerv: Karpaltunnelsyndrom immer auch mit Ultraschall untersuchen
    Dr. med. Josef Böhm, ab Juli: Neurologische Privatpraxis, Berlin, DEGUM Stufe II

    ++Schulterschäden mit Ultraschall abklären! Warum die strahlenfreie Diagnostik das „Mittel der Wahl“ ist
    Dr. med. Rainer Berthold, Orthopädische Praxis, Wetzlar, Leiter des DEGUM Arbeitskreises Bewegungsorgane, DEGUM Stufe III

    ++Wenn die Gelenke schmerzen: Rolle der Sonographie in der Frühdiagnostik, Prognoseeinschätzung und Therapieüberwachung der Rheumatoiden Arthritis
    Professor Dr. med. Marina Backhaus, Chefärztin der Abteilung Innere Medizin – Rheumatologie und Klinische Immunologie an der Park-Klinik Weißensee in Berlin, DEGUM Stufe III


    Kontakt für Journalisten:

    Irina Lorenz-Meyer/Anna Julia Voormann
    Postfach 30 11 20 | 70451 Stuttgart
    Telefon:+49 (0)711 8931-642
    Fax:+49 (0)711 8931-167
    lorenz-meyer@medizinkommunikation.org


    Weitere Informationen:

    http://www.degum.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).