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07.10.2016 10:31

Unterschätzter Risikofaktor Harnsäure

Prof. Dr. Eckart Fleck Pressesprecher
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.

    Erhöhte Harnsäurespiegel im Blut sind seit langem als Ursache vom Gichtanfällen bekannt. Doch ein Zuviel an Harnsäure dürfte, so zeigt die Forschung der vergangenen Jahre, auch andere negative Konsequenzen haben – unter anderem ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Ob Harnsäuresenkung dieses Risiko senken kann, diskutierten Experten im Rahmen der DGK Herztage.

    Berlin, 7. Oktober 2016 – „Die Hyperurikämie ist ein unterschätzter Risikofaktor. Es liegen mittlerweile zahlreiche Studien vor, in denen sich gezeigt hat, dass die Sterblichkeit mit der Konzentration der Harnsäure im Blut assoziiert ist“, sagte heute Prof. Dr. Christian Holubarsch, Park-Klinikum Bad Krozingen, im Rahmen der DGK Herztage Berlin. „Das ist zwar im streng wissenschaftlichen Sinne kein Beweis, aber doch ein deutlicher Hinweis.“

    Eine Assoziation erhöhter Harnsäurespiegel konnte mittlerweile für den Herzinfarkt, die Herzinsuffizienz, sowie für den Schlaganfall gezeigt werden, so Prof. Holubarsch: „Auch wenn die Evidenz noch nicht klar ist, gibt es doch Studiendaten, die indirekte Hinweise liefern und dafür sprechen, dass hier ein kausaler Zusammenhang besteht.“

    Kausalität noch unklar

    So konnten Untersuchungen zeigen, dass bei Patienten mit Herzinsuffizienz die Aktivität des Enzyms Xanthinoxidase, das für die Produktion von Harnsäure im Organismus erforderlich ist, gesteigert ist. Xanthinoxidase dürfte auch einen Einfluss auf die Gefäßfunktion haben. „In einer kleinen Studie konnte auch demonstriert werden, dass eine Harnsäuresenkung mit Allopurinol zu einer Verbesserung der Endothelfunktion führt“, so Prof. Holubarsch. „Was allerdings fehlt, sind gute Studien mit klinischen Endpunkten und adäquater Power.“

    Die einzige randomisierte, kontrollierte Studie, die einen Einfluss der Harnsäuresenkung auf die Entwicklung einer Herzinsuffizienz zu zeigen versuchte, verlief aber negativ. Allerdings hat eine post-hoc-Analyse gezeigt, dass Patienten mit hohen Harnsäurewerten und gutem Ansprechen auf die harnsäuresenkende Therapie auch kardiologisch von dieser profitieren. Auch Kohortenstudien legen eine günstige Wirkung einer Harnsäuresenkung auf die Herzinsuffizienz nahe.

    Prof. Holubarsch: „Letztlich werfen solche Ergebnisse vor allem die Frage auf, ob die in epidemiologischen Studien beobachteten Assoziationen von Harnsäure und Risiko kausaler Natur sind, oder ob die Harnsäure nicht vielleicht nur ein Marker für einen insgesamt schlechteren Gesundheitszustand ist.“

    In den ESC-Leitlinien zur Prävention wird die Harnsäure nicht erwähnt. Die Leitlinie zur Herzinsuffizienz erwähnt die Assoziation von Harnsäure und erhöhtem Risiko, betont aber, dass es aus kardiologischer Sicht keine Evidenz zu Nutzen und Risiken einer medikamentösen Harnsäuresenkung gibt. Unbestritten indiziert ist die Harnsäuresenkung bei Patienten mit Gicht.

    Neue Studien sollen Klarheit schaffen

    Nun sollen große, kontrollierte Studien Klarheit schaffen. „In der Studie CARES werden die kardiologischen Wirkungen von Allopurinol und Febuxostat in der Therapie der Gicht untersucht. Eine ähnliche Fragestellung verfolgt die Studie FAST“, berichtet Prof. Holubarsch. „Seit 2014 läuft auch eine große Outcome-Studie mit kardiovaskulären Endpunkten, die Allopurinol mit Placebo vergleicht. Ergebnisse liegen noch nicht vor.“

    Quellen: Fang J, Alderman MH Serum uric acid and cardiovascular mortality the NHANES I epidemiologic follow-up study, 1971-1992. National Health and Nutrition Examination Survey. JAMA 2000; 283: 2404-2410; Niskanen LK et al. Uric acid level as a risk factor for cardiovascular and all-cause mortality in middle-aged men: a prospective cohort study. Arch Intern Med 2004; 164: 1546-1551; Anker SD Uric acid and survival in chronic heart failure: validation and application in metabolic, functional, and hemodynamic staging. Circulaton 2003; 107: 1991-1997; Kim SY et al. Hyperuricemia and risk of stroke: a systematic review and meta-analysis. Arthritis Rheum. 2009 Jul 15;61(7):885-92; Landmesser U et al. Vascular oxidative stress and endothelial dysfunction in patients with chronic heart failure: role of xanthine-oxidase and extracellular superoxide dismutase. Circulation. 2002 Dec 10;106(24):3073-8; MercuroG et al. Effect of hyperuricemia upon endothelial function in patients at increased cardiovascular risk. Am J Cardiol 2004; 94: 932-935; Hare JM et al. Impact of oxypurinol in patients with symptomatic heart failure. Results of the OPT-CHF study. J Am Coll Cardiol. 2008 Jun 17;51(24):2301-9; Gotsman I et al. Changes in uric acid levels and allopurinol use in chronic heart failure: association with improved survival. J Card Fail. 2012 Sep;18(9):694-701

    Medienkontakt:
    Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
    Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin)
    Hauptstadtbüro der DGK: Leonie Nawrocki, Tel.: 030 206 444 82
    Pressestelle: Kerstin Krug, Düsseldorf, Tel.: 0211 600692-43
    presse@dgk.org
    B&K – Bettschart&Kofler Kommunikationsberatung, Dr. Birgit Kofler, Tel.: 0172-7949286, kofler@bkkommunikation.com

    Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9800 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org


    Weitere Informationen:

    http://www.dgk.org
    http://www.dgk.org/presse
    http://www.kardiologie.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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