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12.10.2017 13:55

Kein Sex ist auch eine Lösung

Romas Bielke Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Sexuelle Fortpflanzung sorgt unter anderem dafür, dass sich schädliche Mutationen nicht so stark ansammeln. Bei manchen Tierarten, wie zum Beispiel einigen Hornmilbenarten, ging Sex jedoch im Laufe der Evolution verloren und die asexuelle Fortpflanzung durch Klone setzte sich durch. Bisher war es wissenschaftlicher Konsens, dass der Wechsel zu einer schrittweisen Ansammlung schädlicher Mutationen führt und das Aussterben der Art nach sich zieht. Nun haben Forscher der Universitäten Göttingen und Lausanne herausgefunden, dass es bei Hornmilben anders ist. Wenn sie sehr lange asexuell sind, können sie schädliche Mutationen besser loswerden als ihre Verwandten, die sich sexuell fortpflanzen.

    Pressemitteilung
    Nr. 200/2017

    Kein Sex ist auch eine Lösung
    Göttinger Forscher untersuchen, wie sich der Verlust von Sex auf das Erbgut von Hornmilben auswirkt

    (pug) Sexuelle Fortpflanzung hat viele Vorteile für das Überleben von Tierarten. So sorgt diese Art der Fortpflanzung unter anderem dafür, dass sich schädliche Mutationen nicht so stark ansammeln. Bei manchen Tierarten, wie zum Beispiel einigen Hornmilbenarten, ging Sex jedoch im Laufe der Evolution verloren und die asexuelle Fortpflanzung durch Klone hat sich durchgesetzt. Bisher war es wissenschaftlicher Konsens, dass dieser Wechsel zu einer schrittweisen Ansammlung schädlicher Mutationen führt und auf lange Sicht das Aussterben der Art nach sich zieht. Nun haben Forscherinnen und Forscher der Universitäten Göttingen und Lausanne herausgefunden, dass es bei Hornmilben (Oribatiden), einer im Boden häufigen Tiergruppe, anders ist. Hornmilbengruppen, die sehr lange asexuell sind, können schädliche Mutationen besser wieder loswerden als ihre Verwandten, die sich sexuell fortpflanzen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

    „Bisher wurden nur Tierarten untersucht, bei denen der Verlust von Sex relativ kurz zurückliegt“, erklärt Erstautor Alexander Brandt, von der Arbeitsgruppe Tierökologie am Johann-Friedrich-Blumenbach Institut für Zoologie und Anthropologie der Universität Göttingen. Um die Konsequenzen, die ein Verlust von Sex auf lange Sicht mit sich bringt zu untersuchen, haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen das Erbgut verschiedener sexueller und uralt-asexueller Hornmilben sequenziert und analysiert. Dabei sind sie zu dem überraschenden Ergebnis gekommen, dass uralt-asexuelle Hornmilben die schädlichen Mutationen besser loswerden können.

    „Oribatiden eignen sich für diese Fragestellung besonders gut, da Sex innerhalb dieser Tiergruppe mehrmals unabhängig voneinander verloren gegangen ist und dies jeweils mehrere Millionen Jahre zurückliegt“, so Dr. Jens Bast, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Lausanne und Seniorautor der Studie. „Dass asexuelle Hornmilben schädliche Mutationen besser abwenden bedeutet, dass Oribatiden eine Besonderheit aufweisen müssen, die ihnen das Überleben mit asexueller Reproduktion über evolutionär lange Zeiträume ermöglicht“, ergänzt Brandt.

    Über die Natur dieser Besonderheit können die Forscher und Forscherinnen bisher nur spekulieren: Möglicherweise spielen die Populationsgrößen der Hornmilben eine wichtige Rolle. Die Anzahl der Tiere in einer Population hat, genau wie die Mischung von Erbgut, einen starken Einfluss darauf, wie effektiv natürliche Selektion der Ansammlung schädlicher Mutationen entgegenwirkt. Die Tatsache, dass Populationen asexueller Hornmilbenarten im Durchschnitt deutlich größer sind als die sexueller Arten legt nahe, dass die effektive natürliche Selektion tatsächlich durch ihre besonders großen Populationen bedingt wird. Somit war zumindest für einige Hornmilbenarten das Überleben ohne sexuelle Fortpflanzung über Jahrmillionen hin möglich.

    Originalveröffentlichung: Brandt et al., Effective purifying selection in ancient asexual oribatid mites, Nature Communications 2017
    doi: 10.1038/s41467-017-01002-8

    Kontaktadresse:
    Alexander Brandt
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Biologie und Psychologie
    Johann-Friedrich-Blumenbach Institut für Zoologie und Anthropologie
    Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen
    Telefon (0551) 39-25410
    E-Mail: abrandt3@gwdg.de
    Internet: www.uni-goettingen.de/536630.html


    Bilder

    Die asexuelle Hornmilbenart Nothrus palustris (Bild 1) und eine entfernt verwandte sexuelle Art Steganacarus magnus (Bild 2) auf Streupartikeln. Beide Arten messen in der Länge ca. 0.9 mm.
    Die asexuelle Hornmilbenart Nothrus palustris (Bild 1) und eine entfernt verwandte sexuelle Art Steg ...
    Fotonachweis: Dr. Sarah Zieger
    None

    Die asexuelle Hornmilbenart Nothrus palustris (Bild 1) und eine entfernt verwandte sexuelle Art Steganacarus magnus (Bild 2) auf Streupartikeln. Beide Arten messen in der Länge ca. 0.9 mm
    Die asexuelle Hornmilbenart Nothrus palustris (Bild 1) und eine entfernt verwandte sexuelle Art Steg ...
    Fotonachweis: Dr. Sarah Zieger
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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