idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
10.01.2018 08:52

Erdbeben als Motor für den Kohlenstoffkreislauf in der Tiefsee

Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Ein internationales Team um den Geologen Michael Strasser hat mit neuen Methoden Sedimentablagerungen im Japangraben analysiert, um neue Erkenntnisse über den Kohlenstoffkreislauf zu gewinnen.

    In einer soeben in «Nature Communications» erschienenen Publikation präsentiert der Geologe Michael Strasser erste Erkenntnisse einer einmonatigen Forschungsexpedition vor Japan, die im März 2012 vom «MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften» organisierte wurde. Strasser, bis 2015 Assistenzprofessor für Sedimentdynamik an der ETH Zürich und aktuell Professor für Sedimentgeologie an der Universität Innsbruck, untersuchte vor Ort mit einem internationalen Team dynamische, durch Erdbeben ausgelöste Verteilungs- und Umschichtungsprozesse von Sedimenten.

    Die Forschenden entnahmen auf einer Tiefe von 7542 Meter unter Meer einen Bohrkern aus dem sogenannten Japangraben, einer 800 km langen Tiefseerinne im nordwestlichen Teil des Pazifischen Ozeans. Der Japangraben ist seismisch aktiv. Dort ereignete sich unter anderem das Tohoku-oki-Erdbeben von 2011, das vor allem aufgrund der Nuklearkatastrophe von Fukushima Schlagzeilen machte. Bei solchen Erdbeben werden enorme Mengen an organischem Material vom flachen Wasser in die Tiefsee gespült. Die so entstandenen Sedimentschichten geben deshalb später Aufschluss über die Geschichte von Erdbeben und den Kohlenstoffkreislauf in der Tiefsee.

    Neue Methoden für Altersbestimmungen in Tiefsee

    Mit der aktuellen Studie gelang den Forschenden ein Durchbruch. Sie analysierten die kohlenstoffhaltigen Sedimente nämlich mittels Radiokarbonmethode. Zwar wird die Bestimmung des Gehalts an organischem Kohlenstoff sowie die Messung von radioaktivem Kohlenstoff (14C) an mineralisierten Verbindungen in einzelnen Ablagerungsschichten schon lange zur Altersbestimmung von Sedimenten eingesetzt. Doch bislang war die Analyse von Proben aus mehr als 5000 Metern unter Meer nicht möglich, weil sich unter zunehmendem Wasserdruck die mineralisierten Verbindungen auflösen.

    Strasser und sein Team mussten deshalb neue Methoden für die Analytik einsetzen. Unter anderem kam die sogenannte Online-Gas-Radiokarbonmethode zum Einsatz, die ETH-Doktorand Rui Bao und die Biogeoscience-Gruppe der ETH Zürich entwickelt hatten. Damit können für einen einzigen Bohrkern höchst effizient mehr als hundert 14C-Altersbestim­mungen direkt an der im Sediment enthaltenen organischen Substanz durchgeführt werden.

    Die Forschenden wendeten zudem erstmals die Methode der «Ramped PyrOx»-Messungen (Pyrolyse) für die Datierung von Sedimentschichten aus der Tiefsee an. Dies gemeinsam mit dem amerikanischen «Woods Hole Oceanographic Institute», welches die Methode entwickelt hat. Dabei wird organisches Material bei unterschiedlichen Temperaturen verbrannt. Da ältere organische Materialien stärkere chemische Verbindungen aufweisen, sind bei ihrer Verbrennung höhere Temperaturen erforderlich. Die Neuigkeit besteht darin, dass die relativen Altersabweichungen der einzelnen Temperaturfraktionen zwischen zwei Proben die Altersunterschiede zwischen Sedimentschichten in der Tiefsee sehr genau eingrenzen.

    Erdbeben datieren für genauere Prognosen

    Über diese beiden methodischen Innovationen liess sich das relative Alter der organischen Substanz in den einzelnen Sedimentschichten äusserst exakt bestimmen. Der untersuchte Bohrkern weist an drei Stellen älteres organisches Material sowie erhöhte Raten der Kohlenstoffzufuhr in die Tiefsee auf. Diese Stellen entsprechen den drei historisch dokumentierten, jedoch bislang ungenau datierten, Erdbebenereignissen im Japangraben: das Tohoku-oki-Erdbeben von 2011, ein unbenanntes Erdbeben von 1454 und das Jogan-Erdbeben von 869.

    Aktuell arbeitet Strasser an der grossflächigen geologischen Aufzeichnung der Herkunft und Häufigkeit von Sedimenten in Tiefseegräben. Dazu analysiert er mehrere, während einer Folgeexpedition im Jahr 2016 entnommene Bohrkerne aus dem Japangraben. «Die Identifizierung und Datierung erdbebenbedingter Ablagerungen ist auch für künftige Prognosen über die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben wichtig», sagt Strasser. «Denn aufgrund unserer neuen Methoden können wir die Wiederkehrrate von Erdbeben wesentlich genauer bestimmen.»

    Literaturhinweis

    Bao R, Strasser M, McNichol A, Haghipour N, McIntyre C Wefer G, Eglinton T: Tectonically-triggered sediment and carbon export to the Hadal zone. Nature Communications, 9. Januar 2018, doi: 10.1038/s41467-017-02504-1


    Weitere Informationen:

    https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2018/01/erdbeben-k...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).