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15.05.2018 16:41

Zeit kostet Geld: Wirtschaftswissenschaftler untersuchen Geduld verärgerter Kunden

Dipl.-Journ. Constantin Schulte Strathaus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

    Wie lange können sich Firmen damit Zeit lassen, Beschwerden über Servicefehler zu bearbeiten und Kunden dafür zu entschädigen? Und wie entwickelt sich die Erwartungshaltung von Kunden, je länger eine Entschädigung auf sich warten lässt? Diesen Fragen ging ein Forscherteam des Lehrstuhls für Dienstleistungsmanagement der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) um Prof. Dr. Jens Hogreve, Dr. Nicola Bilstein und Leonhard Mandl in mehreren experimentellen Studien nach.

    „Wie wir vorab bei einer Befragung von über 50 Service-Verantwortlichen – von Fluglinien über Paketdienstleister bis hin zu Tourismusanbietern – feststellten, haben bislang nur wenige Firmen eigene Standards für den Zeitraum definiert, in dem Service-Fehler zu bearbeiten sind“, erklärt Hogreve. Bisher habe keine Studie den direkten Einfluss der Zeit bis zu einer Wiedergutmachung auf die Erwartungen der Kunden an die Kompensationshöhe untersucht.

    Daher haben Hogreve und sein Team mehrere Hundert Probandinnen und Probanden unter anderem mit diesem Szenario konfrontiert: Als Fluggast haben sie nicht ihren reservierten Sitzplatz erhalten, sondern einen ungünstiger gelegenen, aber in der gleichen Kategorie. Anschließend wurden sie darüber informiert, dass sie nach einer Beschwerde am Serviceschalter sofort bzw. nach einer Woche oder vier Wochen eine Entschädigung erhalten. Die Probandinnen und Probanden sollten hierbei angeben, in welcher Höhe eine Entschädigung für sie zum jeweiligen Zeitpunkt befriedigend wäre.

    Die Ergebnisse zeigen, dass zwar die Erwartungshaltung tendenziell ansteigt, je länger eine Entschädigung dauert. Jedoch ließen sich kaum Unterschiede in der erwarteten Kompensationshöhe zwischen einer sofortigen Entschädigung und einer Wiedergutmachung nach einer Woche feststellen. „Kunden verstehen, dass Firmen generell eine gewisse Zeit benötigen, um Lösungen anzubieten. Sie sind mehr an einer adäquaten Lösung interessiert als an einer übereilten“, erklärt Hogreve. Dieses „Zeitfenster der Toleranz“ lasse sich – wie die weiteren Untersuchungen zeigten – durch eine gezielte Kommunikation der Firmen mit ihren Kunden ausweiten: Der Zorn der Kunden und ihre Erwartungshaltung halte sich in Grenzen, wenn ihnen plausible Gründe für die Verzögerung genannt würden oder die Firma sie über den Fortgang der Bearbeitung auf dem Laufenden halte. Meine die Firma es jedoch zu gut mit der Kommunikation, indem sie die Kunden sowohl mit einer Erklärung für die Wartezeit als auch mit Statusinformationen versorge, komme es zu einem „too-much-of-a-good-thing“ Effekt, der dazu führe, dass die Kompensationserwartung mit der Zeit steige.

    Untersucht haben die Wirtschaftswissenschaftler der KU auch, wie sich Neukunden von Stammkunden in ihrer Erwartungshaltung unterscheiden: Während Personen, die z.B. erstmals mit einer Fluglinie unterwegs sind, schnell eine höhere Entschädigung erwarten, haben Stammkunden eine größere Geduld. „Wenn Firmen jedoch den Bogen überspannen, erwarten Bestandskunden erst Recht eine höhere Kompensation. Hier kann gewissermaßen ,Liebe‘ schnell in ,Hass‘ umschlagen“, erklärt Hogreve. Hinzu komme, dass zwar die Erwartungshaltung der Kunden wieder absinke, je länger die Resonanz auf eine Beschwerde dauere. Dies sei jedoch eher Ausdruck von Frustration, die sich in generelle Unzufriedenheit mit der Firma und einer Neigung zeigen, das Unternehmen im eigenen Umfeld nicht weiterzuempfehlen.

    „Für Firmen empfiehl es sich, beispielsweise durch Befragungen mehr über die branchenspezifische Zeit zu erfahren, die ihre Kunden bei der Bearbeitung von Service-Fehlern tolerieren“, empfiehlt Hogreve. Für die Forschung wiederum gelte es, unter anderem herauszufinden, wie Kunden reagieren, wenn sich die tatsächliche Höhe der Entschädigung und das Tempo der Bearbeitung von der eigenen Erwartungshaltung unterscheiden. In den experimentellen Studien erhielten die Probanden als fiktive Kunden nämlich die gewünschte Summe ohne Wenn und Aber.

    Hinweis an Medienvertreter:
    Für Nachfragen zu dieser Studie steht Ihnen Prof. Dr. Jens Hogreve (jens.hogreve@ku.de, Tel. 0841/937-21861) zur Verfügung.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Psychologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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