idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
07.12.2018 10:36

Tausend Mal schneller als Flash-Speicher: Schnelles Speichermaterial im Neutronenlicht

Dr. Ulrich Marsch Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Neuartige Phasenwechselmaterialien könnten tausend Mal schneller und dabei erheblich langlebiger sein als bisherige Flash-Speicherchips. Mithilfe der Forschungs-Neutronenquelle der Technischen Universität München (TUM) haben deutsche und US-amerikanische Forscher wichtige Erkenntnisse über das vielversprechende Material gewonnen.

    Phasenwechselspeicher sichern Daten, indem sie den Aggregatszustand der einzelnen Bits zwischen flüssig, glasartig und kristallin ändern. Ein elektromagnetisches Feld, Wärme- oder Lichtimpulse schalten zwischen den Phasen hin und her. Die Technologie hat das Potenzial, kostengünstige, schnelle und hochdichte Speicher bereitzustellen.

    Konzerne wie Intel, IBM und Samsung versuchen deshalb das Prinzip von Phasenwechselspeichern seit langem in technisch nutzbare Produkte umzusetzen. Es ist immer noch unklar, wie das Material die Aggregatsänderungen in so kurzer Zeit bewerkstelligt und dies auch mit der nötigen Präzision ausgeführt werden kann.

    Tausend Mal schneller und noch stabiler

    Nun beschreibt ein Team von Wissenschaftlern der Arizona State University, der RWTH Aachen, der Universität des Saarlandes und der TU München, wie eine Legierung aus Germanium, Antimon und Tellur tausend Mal schneller arbeiten könnte als aktuelle Flash-Speicher.

    Gleichzeitig soll es sich viel häufiger auslesen lassen. Sie fanden, dass sich bei dieser speziellen Mischung die Phasenänderungen schärfer abgegrenzt und reproduzierbarer steuern lassen als bei anderen bisher untersuchten Materialien.

    Glasartig-feste Flüssigkeit

    In ihrer Arbeit untersuchten die Wissenschaftler um Dr. Shuai Wei (RWTH) und Dr. Zach Evenson (TUM) die Legierung in ihrem glasartig-flüssigen Zustand mit Hilfe der Neutronenstreuung am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching.

    „Die hohe Auflösung und der hohe Fluss des Flugzeitspektrometers TOFTOF an der Neutronenquelle FRM II war notwendig, um die Bewegung der Teilchen sehen zu können“, erklärt Dr. Zachary Evenson, der zu dieser Zeit Instrumentwissenschaftler an der TUM war.

    Im Widerspruch zu Einstein

    Die Forscher sind überzeugt, dass beim Mischen von Germanium, Antimon und Tellur in einem speziellen Verhältnis sowohl die Dichtemaxima als auch die damit verbundenen Metall-zu-Nichtmetall-Übergänge unter den Schmelzpunkt gedrückt werden und damit der Übergang viel schärfer wird als in anderen derartigen Verbindungen.

    Sie zeigen damit sogar, dass eine Gleichung, die Albert Einstein in seiner Doktorarbeit aufgestellt hatte, für ihr Material nicht gilt: Sie beschreibt die Bewegung von Teilchen wie eine Kugel, die in einem Honigglas versinkt.

    Diese Gleichung wird aber bislang auch für die Phasenwechselspeicher angenommen. "Unsere Ergebnisse beweisen, dass diese Gleichung bei Temperaturen oberhalb des Schmelzpunktes nicht mehr gilt“, sagen die Physiker in ihrer Studie.

    Null und Eins

    Oberhalb des Phasenübergangs hat die Flüssigkeit eine hohe Viskosität, die Kristallisation ist sehr schnell. Unterhalb hingegen erstarrt die Flüssigkeit schnell und behält den schlecht leitenden, amorphen Zustand bei.

    In „nanoskopischen Bits“ bleibt dieser Zustand praktisch unbegrenzt erhalten. Erst ein gezielter, kurzer Wärmeimpuls lässt die Temperatur lokal schnell ansteigen, so dass das Bit innerhalb von Nanosekunden in den leitenden Zustand übergeht.

    Dieser entspricht einem Bit in der Stellung „1“. Ein längerer Puls, beispielsweise eines Infrarotlasers, gefolgt von einer schnellen Abkühlung, führt wieder in den schlecht leitenden Zustand, der Position „0“.

    Weitere Informationen:

    Gefördert wurde diese Arbeit durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, einen Start-up-Fonds der RWTH Aachen und die National Science Foundation der USA.


    Originalpublikation:

    Breakdown of the Stokes-Einstein relation above the melting temperature in a liquid phase-change material
    Shuai Wei, Zach Evenson, Moritz Stolpe, Pierre Lucas and C. Austen Angell
    Science Advances Vol. 4, 11, DOI: 10.1126/sciadv.aat8632
    Link: http://advances.sciencemag.org/content/4/11/eaat8632


    Weitere Informationen:

    https://www.mlz-garching.de/instrumente-und-labore/spektroskopie/toftof.html Website des Instruments TOFTOF am FRM II
    http://www.frm2.tum.de/startseite/ Website der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) an der Technischen Universität München
    https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/detail/article/35132/ Presseinformation der TUM


    Bilder

    Dr. Zachary Evenson am TOFTOF Flugzeitspektrometer im FRM II
    Dr. Zachary Evenson am TOFTOF Flugzeitspektrometer im FRM II
    Bild: S. Mast / TUM
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Chemie, Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).