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23.05.2019 12:06

Informationen und Sprache in Nachrichten beeinflussen Vorurteile gegenüber Minderheiten

Nathalie Matter Corporate Communication
Universität Bern

    Forscherinnen des Instituts für Psychologie zeigen im Projekt «Immigrants in the Media» auf, wie Informationen und Sprache in den Medien Vorurteile gegenüber Migrantinnen und Migranten sowie sozialen Minoritäten beeinflussen können. So führen etwa Nomen, die zur Beschreibung von deren Ethnizität genutzt werden, zu ausgeprägteren Vorurteilen als Adjektive.

    Sylvie Graf und Sabine Sczesny vom Institut für Psychologie an der Universität Bern erforschen, welchen Einfluss in den Medien publizierte Informationen sowie die gewählte Sprache auf Vorurteile gegenüber Minoritäten hat. Dies untersuchen sie im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten Projekts «Immigrants in the Media». In einem kürzlich in der Zeitschrift «Media Psychology» publizierten Artikel stellen die Psychologinnen Forschungsergebnisse aus drei experimentellen Studien vor.

    Positive Nachrichten reduzieren Vorurteile

    In diesen Studien untersuchten die Forscherinnen Vorurteile gegenüber zwei negativ wahrgenommenen Gruppen – Roma und Kosovo-Albanerinnen und -Albaner – und einer positiv wahrgenommenen Gruppe – Italienierinnen und Italiener. Die Studien wurden in verschiedenen kulturellen Kontexten durchgeführt, nämlich in Tschechien und in der Schweiz. Die Studienteilnehmenden lasen fiktive Zeitungsartikel, die entweder positive (z.B. «helfend»), negative (z.B. «attackierend») oder gemischte Verhaltensweisen (z.B. «helfend und attackierend») von Mitgliedern dieser Minderheiten beschrieben. Über die Studien hinweg zeigte sich, dass sich die Vorurteile gegenüber der untersuchten Minderheit änderten, nachdem die Teilnehmenden einen einzigen Artikel über das Verhalten von Mitgliedern einer Minderheit gelesen hatten. «Positive Artikel führten zu einer Abnahme der Vorurteile, wohingegen negative Artikel zu ausgeprägteren Vorurteilen gegenüber der beschriebenen Minderheit führten», erklärt Sylvie Graf. Interessanterweise haben auch Artikel, die sowohl positive als auch negative Informationen enthielten, Vorurteile reduziert – wie die positiven Artikel. «Dies weist darauf hin, dass das Einfügen positiver Informationen in negative Nachrichten Vorurteile mildern kann», so Graf.

    Nomen fördern Vorurteile stärker als Adjektive

    Oft ist klar, ob eine Berichterstattung positiv oder negativ ist. Jedoch können Nachrichten auch subtilere Hinweise enthalten, die beeinflussen, wie Menschen Minoritäten wahrnehmen. Ein Beispiel sind kleine Sprachvariationen, die die Ethnizität der Akteure beschreiben: Eine Person kann etwa als «eingewanderter Italiener» oder als ein «italienischer Eingewanderter» beschrieben werden. Frühere Studien haben gezeigt, dass Informationen, die ein Nomen enthalten, unsere Meinung über eine Person in einem grösseren Ausmass beeinflussen als wenn die gleiche Information ein Adjektiv enthält. Beispielsweise glaubten Menschen, dass ein Katholik öfter die Kirche besucht als eine katholische Person – trotz der Tatsache, dass Nomen und Adjektiv das gleiche, nämlich die Religion einer Person, beschreiben. Bis jetzt hat keine Studie die Effekte von Nomen und Adjektiven in positiven versus negativen Texten systematisch getestet. Graf und ihre Kolleginnen zeigten nun, dass Nomen, die zur Beschreibung der Ethnizität genutzt werden («ein rettender Kosovo-Albaner»), zu einem ausgeprägteren Vorurteil gegenüber der beschriebenen Minderheit führten, als wenn zur Beschreibung der Ethnizität Adjektive genutzt wurden («ein kosovoalbanischer Retter»). «Nomen fördern vorhandene Vorurteile mehr als Adjektive, und zwar unabhängig von Positivität oder Negativität der Berichterstattung – sogar wenn über positive Ereignisse berichtet wird», sagt Graf.

    Andere im Text erwähnte Publikation:
    Carnaghi, A., Maass, A., Gresta, S., Bianchi, M., Cadinu, M., & Arcuri, L. (2008). «Nomina sunt omina: on the inductive potential of nouns and adjectives in person perception.», in: Journal of Personality and Social Psychology, 94, 5, 839-859, doi:10.1037/0022-3514.94.5.839

    Institut für Psychologie, Abteilung Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft

    Die Abteilung Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft beschäftigt sich mit dem menschlichen Verhalten und Erleben im sozialen Kontext. Die Forschenden beziehen in ihre Forschung neben der Vertiefung des Grundlagenwissens auch biologische Grundlagen des sozialen Erlebens und Verhaltens sowie die Anwendung verhaltenökonomischer Paradigmen mit ein. Ihr Forschungsansatz ist empirisch-quantitativ. Schwerpunkte der Abteilung sind: Kooperation, soziale Konflikte, prosoziales Verhalten, selbstregulatorische Fähigkeiten, soziale Kognition, Urteilsfehler, Stereotype/Vorurteile und Soziale Neurowissenschaft.

    Weitere Informationen: http://www.soz.psy.unibe.ch/


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. habil. Sylvie Graf
    Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft, Universität Bern
    Email: Sylvie.Graf@psy.unibe.ch
    Tel.: +41 75 416 96 03

    Prof. Dr. Sabine Sczesny
    Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft, Universität Bern
    Email: Sabine.Sczesny@psy.unibe.ch
    Tel.: +41 31 631 33 94


    Originalpublikation:

    Graf, S., Linhartova, P., & Sczesny, S. (2019). «The effects of news report valence and linguistic labels on prejudice against social minorities.», in: Media Psychology, doi:1080/15213269.2019.1584571. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/15213269.2019.1584571


    Weitere Informationen:

    https://www.unibe.ch/aktuell/medien/media_relations/medienmitteilungen/2019/medi...


    Bilder

    Studienautorin Dr. habil. Sylvie Graf, Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft, Universität Bern.
    Studienautorin Dr. habil. Sylvie Graf, Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neuro ...
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    Studienautorin Prof. Dr. Sabine Sczesny, Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neurowissenschaft, Universität Bern.
    Studienautorin Prof. Dr. Sabine Sczesny, Institut für Psychologie, Sozialpsychologie und Soziale Neu ...
    © Luca Christen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medien- und Kommunikationswissenschaften, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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