idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.12.2019 09:31

Leicht, stark und zäh: Forscher der Universität Bayreuth entdecken einzigartige Polymerfasern

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth

    Extrem belastbar und zugfest, und dabei zäh und federleicht – Materialien mit dieser außergewöhnlichen Kombination von Eigenschaften werden in vielen Industriebranchen sowie in der Medizin dringend benötigt und sind ebenso für die wissenschaftliche Forschung von großem Interesse. Polymerfasern mit eben diesen Eigenschaften hat jetzt ein Forschungsteam der Universität Bayreuth entwickelt. Gemeinsam mit Partnern in Deutschland, China und der Schweiz wurden die Polymerfasern charakterisiert. In der Zeitschrift "Science" stellen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor.

    „Die von uns entdeckten Fasern können mit High-Tech-Verfahren, die in der Industrie bereits etabliert sind, leicht hergestellt werden – und zwar auf der Basis von Polymeren, die weltweit gut verfügbar sind. Eine einzelne Faser ist so dünn wie ein menschliches Haar, wiegt weniger als eine Fruchtfliege und ist dennoch sehr stark: Sie kann ein Gewicht von 30 Gramm heben, ohne zu reißen. Dies entspricht etwa dem 150.000-fachen Gewicht einer Fruchtfliege. Bei Experimenten mit der hohen Zugfestigkeit dieser Fasern wird ihre außerordentliche Zähigkeit sichtbar. Dies bedeutet, dass jede einzelne Faser viel Energie aufnehmen kann“, erklärt Prof. Dr. Andreas Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie II an der Universität Bayreuth, der die Forschungsarbeiten geleitet hat. Ebenfalls beteiligt waren Forscher am Forschungszentrum Jülich, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, an der RWTH Aachen, der Jiangxi Normal University, Nanchang, und der ETH Zürich.

    Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften eignen sich die Polymerfasern hervorragend für technische Bauteile, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Sie ermöglichen innovative Anwendungen auf den verschiedensten Gebieten, beispielsweise in der Textilindustrie oder der Medizintechnik, im Automobilbau oder in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Zudem sind die Polymerfasern gut recycelbar. „Wir sind sicher, dass wir mit unseren Forschungsergebnissen das Tor zu einer neuen zukunftsweisenden Materialklasse weit aufgestoßen haben. Praktische Anwendungen seitens der Industrie sind schon in naher Zukunft zu erwarten. In den Polymerwissenschaften werden unsere Fasern wertvolle Dienste bei der weiteren Erforschung und Entwicklung hochleistungsfähiger Funktionsmaterialien leisten können“, sagt Greiner.

    Die chemische Basis dieser vielversprechenden Fasern ist Polyacrylnitril. Eine einzige Faser, die einen Durchmesser von rund 40.000 Nanometern hat, besteht wiederum aus bis zu 4.000 ultradünnen Fibrillen. Diese Fibrillen werden durch geringe Mengen eines Zusatzstoffes verknüpft. Dreidimensionale Röntgenbilder zeigen, dass die Fibrillen innerhalb der Faser fast ausnahmslos in der gleichen Längsrichtung angeordnet sind. „Wir haben diese Polymerfasern in einem Labor für Elektrospinnen an der Universität Bayreuth präpariert und umfassend auf ihre Eigenschaften und Verhaltensweisen hin getestet. Die einzigartige Festigkeit in Kombination mit hoher Zähigkeit hat uns dabei immer wieder fasziniert“, berichtet die Bayreuther Polymerwissenschaftlerin Prof. Dr. Seema Agarwal.

    Erstautor der in "Science" veröffentlichten Studie ist der Bayreuther Chemie-Doktorand Xiaojian Liao. „Es freut mich sehr, dass ich im Rahmen meiner Doktorarbeit zu diesem materialwissenschaftlichen Forschungserfolg beitragen konnte. Die intensiven interdisziplinären Kontakte zwischen Chemie, Physik und Materialwissenschaften auf dem Bayreuther Campus haben mir in den letzten Jahren wichtige Anregungen gegeben“, sagt Liao.

    Weitere Fotos zum Download:
    http://www.uni-bayreuth.de/de/universitaet/presse/pressemitteilungen/2019/160-Po...

    Video zu den neuen Polymerfasern (engl.)
    https://youtu.be/m9khIspNmUo


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Andreas Greiner
    Universität Bayreuth,
    Lehrstuhl Makromolekulare Chemie II und Bayerisches Polymerinstitut (BPI)
    Telefon: +49 (0)921 / 55-3399
    E-Mail: andreas.greiner@uni-bayreuth.de


    Originalpublikation:

    Xiaojian Liao, Martin Dulle, Juliana Martins de Souza e Silva, Ralf B. Wehrspohn, Seema Agarwal, Stephan Förster, Haoqing Hou, Paul Smith, Andreas Greiner: High strength in combination with high toughness in robust and sustainable polymeric materials. Science (2019), DOI: http://dx.doi.org/10.1126/science.aay9033

    Science hat diesem Forschungserfolg in derselben Ausgabe einen eigenen Beitrag gewidmet: https://science.sciencemag.org/content/366/6471/1314


    Bilder

    Elektrospinnen einer multifibrillaren Polyacrylnitrilfaser.
    Elektrospinnen einer multifibrillaren Polyacrylnitrilfaser.
    Foto: Universität Bayreuth / Jürgen Rennecke.
    None

    Vorbereitung zum Elektrospinnen.
    Vorbereitung zum Elektrospinnen.
    Foto: Universität Bayreuth / Jürgen Rennecke.
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Chemie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).