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15.04.2020 12:28

KIT: Duftstoff der Minze hemmt Wachstum von Unkräutern

Monika Landgraf Strategische Entwicklung und Kommunikation - Gesamtkommunikation
Karlsruher Institut für Technologie

    Im Wettbewerb um Bodenfläche, Nährstoffe und Wasser sind manche Pflanzen sehr erfolgreich: Sie behindern das Wachstum ihrer Konkurrenten durch chemische Signale, die bei der Nachbarpflanze den Zelltod auslösen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Botanischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersuchen, wie dieser Effekt zustande kommt, um ihn für die Entwicklung umweltfreundlicher Bioherbizide zu nutzen.

    Hobbygärtner und Waldspaziergänger kennen das Phänomen, dass im Umkreis eines Walnussbaums andere Pflanzen nicht gedeihen, und dass Bärlauch und Minze ihre Nachbarn verdrängen. Allelopathie nennen Fachleute diese chemische Kriegsführung. „Dabei handelt es sich zumeist nicht um Gifte, sondern um chemische Signale, die bei der Zielpflanze die Wirkung hervorrufen“, erläutert Peter Nick, Professor für Molekulare Zellbiologie am Botanischen Institut des KIT. Während Bärlauch und Minze selbst gegen die Wirkung ihrer chemischen Signale immun sind, löst die biologische Kommunikation in der Nachbarpflanze den selbstgesteuerten Zelltod aus. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erkennen in diesem Mechanismus der Pflanzenkommunikation einen Weg zur Entwicklung neuartiger und umweltfreundlicher Bioherbizide, deren Wirkung spezifisch für eine jeweilige Unkrautart ist, ohne die Nutzpflanzen zu beeinträchtigen.

    „Wir sind mit offenem Blick durch die Natur gegangen und haben uns gefragt, ob es sein könnte, dass es einen Zusammenhang zwischen dem starken Wuchern von Minzen und ihrem ausgeprägten Duft gibt, der bei jeder Minzsorte unterschiedlich ist“, sagt Nick. Anhand der umfangreichen Minzsammlung am Botanischen Institut des KIT wurden ätherische Öle verschiedener Minzen extrahiert, einzelne bioaktive Komponenten mit molekularen Markern versehen und ihre Signalwirkung auf andere Pflanzen untersucht. In den Zellkulturen ließ sich erkennen, dass die im ätherischen Öl der Minze vorhandene Verbindung Menthon bei konkurrierenden Pflanzen einen Prozess aktiviert, durch den sich Mikrotubili – feinverzweigte, röhrenförmige Eiweißstrukturen – selbst zerstören. „Es zeigte sich, dass Menthon besonders gegen das auf Bergweiden vorkommende Unkraut Ampfer wirksam ist“, so Dr. Mohammed Sarheed. Der Biologe hat die Ergebnisse seiner Forschung am Botanischen Institut des KIT als Doktorarbeit mit dem Thema „Allelopathic compounds from Mint target the cytoskeleton from cell biology towards application as bioherbicides“ veröffentlicht. Darin beschreibt er auch, dass das Duftöl der Pferdeminze auf das Protein Actin zielt, dort zur zellulären Selbsttötung führt und auf diese Weise hochwirksam gegen die Ackerwinde ist. Hier verstehen die Forscherinnen und Forscher den Mechanismus, obwohl sie den dafür ursächlichen Stoff noch nicht identifiziert haben. Sarheeds Untersuchungen am KIT ergaben zudem, dass Menthon das Wachstum von HeLa-Zellen – menschlichen Krebszellen – hemmt. „Das macht seine Nutzung als Krebstherapeutikum denkbar“, so der Wissenschaftler, dessen Forschung durch Stipendien des irakischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft, aber auch des Karlsruhe House of Young Scientists am KIT gefördert wurde.

    Unkräuter sind einer der Hauptgründe für Ernteverluste, sie konkurrieren mit den Kulturpflanzen um dieselbe ökologische Nische. „Würde man sie nicht bekämpfen, gingen 30 bis 50 Prozent des landwirtschaftlichen Ertrags verloren“, sagt Nick. „Konventionelle Herbizide stellen eine ökologische Belastung dar und Unkräuter werden bald resistent. Sie wirken immer nur eine begrenzte Zeit“, so der Biologe. Die Entwicklung umweltfreundlicher Mittel gegen Unkräuter sei deshalb eine globale Herausforderung für die Ernährungssicherheit. Es gehe darum, Strategien zu finden, mit denen sich landwirtschaftliche Ökosysteme in Harmonie mit der Evolution steuern lassen. An der Forschung des Botanischen Instituts des KIT zur Allelopathie der Minze sind unter anderem das Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und das Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena beteiligt.

    Originalpublikation:

    Mohammed Mahmood Sarheed: Allelopathic compounds from Mint target the cytoskeleton from cell biology towards application as bioherbicides, KITopen, 2019. DOI: 10.5445/IR/1000099195

    Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt:
    http://www.klima-umwelt.kit.edu

    Bildunterschrift: Mit ihren ätherischen Ölen hält die Minze Unkraut fern – das darin enthaltene Menthon könnte Grundlage für umweltfreundliche Bioherbizide sein. (Foto: Jana Müller)

    Weiterer Kontakt:

    Carola Mensch, Redakteurin/Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-21170, E-Mail: carola.mensch@kit.edu

    Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 24.400 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

    Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.sek.kit.edu/presse.php


    Bilder

    Mit ihren ätherischen Ölen hält die Minze Unkraut fern – das darin enthaltene Menthon könnte Grundlage für umweltfreundliche Bioherbizide sein. (Foto: Jana Müller)
    Mit ihren ätherischen Ölen hält die Minze Unkraut fern – das darin enthaltene Menthon könnte Grundla ...
    Jana Müller
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    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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