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10.03.2021 08:50

Wie eHealth und künstliche Intelligenz bei der Prävention von Herzerkrankungen helfen können

Jan Vestweber Pressestelle
Universität Witten/Herdecke

    Wissenschaftler der Universität Witten/Herdecke entwickeln intelligente Lösungen, um Patientinnen und Patienten im Alltag zu unterstützen

    Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK, eine Erkrankung, die die Herzkranzgefäße betrifft) kennen die Situation – nach dem Herzinfarkt folgt die Rehabilitation. Doch wie geht es dann weiter? Während des Aufenthalts in der Rehaklinik gibt es einen strukturierten Therapieplan, intensive ärztliche Betreuung, Schulungen zur Lebensstiländerung und Ernährungsumstellung, ein individuell angepasstes Sportprogramm und Hinweise zur Kontrolle von Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. Für drei bis vier Wochen ist die Betreuung perfekt, schnell fühlen sich die Betroffenen wieder belastbar und fit für den Alltag. Im Anschluss stellt sich bei vielen Patientinnen und Patienten aber Ernüchterung ein. Das Reha-Team ist meist nicht in die Nachsorge eingebunden, die Motivation für mehr Bewegung und Sport schwindet und die Angst vor einem weiteren Infarkt nimmt wieder zu. Um Patientinnen und Patienten in ihrem Alltag zu unterstützen, möchten Wissenschaftler des Lehrstuhls für Rehabilitationswissenschaften an der Universität Witten/Herdecke nun eine Plattform entwickeln, die intelligente und zukunftsfähige Lösungen bietet.

    „Schaut man in die anderen Länder Europas wird klar, dass eine flächendeckende, leitliniengerechte medizinische Rehabilitation von KHK-Patientinnen und -Patienten nicht überall gut implementiert ist und Nachsorgeprogramme in noch geringerem Maße ausgebaut sind“, sagt Dr. Boris Schmitz, der das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Mooren federführend betreut. Da es sich bei der KHK um eine lebenslange chronische Erkrankung handelt, wäre zudem eine Unterstützung der Patientinnen und Patienten beim Selbstmanagement zur Krankheitsbewältigung und Prävention des Fortschreitens der KHK notwendig. Dr. Schmitz: „Grundsätzlich ließen sich diese Hürden in der Versorgung bereits heute durch technologische Innovationen im eHealth-Bereich, also mittels digitaler Technologien im Gesundheitswesen, überwinden.“

    Interdisziplinäres Team aus verschiedenen Fachrichtungen
    Aus diesem Grund haben sich die Forscher einer zukunftsfähigen Lösung des Problems verschrieben. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team aus verschiedenen Fachrichtungen einschließlich der Medizin, den Sport- und Gesundheitswissenschaften, der Psychologie sowie der Informationstechnologie und in Zusammenarbeit mit einem Verbund aus Industriepartnern der Medizintechnik wurde das Projekt „TIMELY“ entwickelt. „Die Überlegung war, die heute zur Verfügung stehende Technologie nutzbar zu machen, um Patientinnen und Patienten nach der Rehabilitation optimal unterstützen zu können. Dabei wollen wir sie zunächst in die Lage versetzen, ihre Erkrankung täglich selbst zu managen“, erläutert Prof. Mooren. „Die Herausforderung ist es, eine Plattform zu schaffen, mit der sowohl Patientinnen und Patienten als auch Therapeutinnen und Therapeuten jederzeit Zugriff auf aktuelle Gesundheitsdaten haben. Da sich die Patientinnen und Patienten nicht mehr in der Rehaeinrichtung, sondern zu Hause befinden, brauchen wir technische Lösungen, um kontinuierlich Informationen über sie zu erhalten. Das geht heute mithilfe modernster Geräte zur Überwachung von Vitalparametern.“

    Dazu setzen die Forscher unter anderem ein gerade erst entwickeltes „EKG-Pflaster“ ein. Es ist nur 5 mal 5 Zentimeter groß und kann ganztägig auch beim Sport und für mehrere Wochen verwendet werden. Die Übertragung der Daten erfolgt automatisch und kabellos direkt über das Mobilfunknetz auf den gesicherten Server. Gleichzeitig werden auch andere Geräte wie Blutdruckmesser und Blutzuckergerät, aber auch Fitnessarmbänder, drahtlos verbunden. „Die Datenbank muss dafür integrativ sein und die verschiedenen Informationen verstehen können. Auf der Nutzeroberfläche der Anwendung werden die Daten aufgearbeitet und auch bewertet. Auch Verbesserungen in der Fitness und erreichte Ziele können dargestellt werden“, so Prof. Mooren.

    Die TIMELY-Plattform soll jedoch noch viel mehr leisten. Die Kommunikation mit dem System soll unter anderem auch durch adaptive Chat-Bots erfolgen. „Sie kennen solche Systeme teils schon von Webseiten, wo diese als virtuelle Assistenten fungieren. Wir wollen die Systeme nutzen, um eine Kommunikation mit der Plattform aufzubauen. Die Systeme lernen zu erkennen, welche Fragen man hat, wie man sich fühlt und wie man kommuniziert. Die Psychologen versuchen so, eine intuitive und interaktive Verwendung zu ermöglichen“, erklärt Prof. Mooren. Darüber hinaus nutzt das Projekt Künstliche Intelligenz, um kontinuierlich das individuelle Risiko für das Fortschreiten der Erkrankung und die Möglichkeit schwerwiegender Ereignisse wie einem weiteren Herzinfarkt zu berechnen.

    Projekt hat das Potenzial, einen neuen Umgang mit chronischen Erkrankungen zu ermöglichen
    „Falls das System eine Veränderung im Risiko bemerkt, können wir gezielte Interventionsmaßnahmen einleiten. Die Vision ist, dass das System Veränderungen frühzeitig erkennt und individuell angepasst gegensteuert. Das geht anfangs noch über die Stärkung von gesundem Verhalten wie mehr Bewegung und gesunder Ernährung“, erläutert Dr. Schmitz. „Falls die Vitalwerte stark abweichen, bekommen die Therapeutinnen und Therapeuten zudem eine Benachrichtigung. Das TIMELY-Projekt hat das Potenzial, einen völlig neuen Umgang mit chronischen Erkrankungen zu ermöglichen.“

    Das Projekt wird von der Europäischen Union mit rund 5,7 Millionen Euro über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren gefördert und wird im Verbund mit zwölf weiteren nationalen und internationalen Partnereinrichtungen durchgeführt.

    Weitere Informationen: Dr. Boris Schmitz, Boris.Schmitz@uni-wh.de oder 02333 / 9888 156

    Ansprechpartner Presseteam: Jan Vestweber, jan.vestweber@uni-wh.de oder 02302 / 926-946

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    Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 2.700 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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