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18.03.2021 16:41

Studie: Stigmatisierung von Lungenkrebs erschwert Therapie-Innovationen

Linda Schädler Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Die Stigmatisierung von Krankheiten wie Lungenkrebs kann Patientinnen und Patienten davon abhalten sich behandeln zu lassen und sich negativ auf die Verbreitung innovativer Therapien auswirken, so eine jüngst publizierte Studie.

    „Lungenkrebs ist mit einem spezifischen sozialen Stigma behaftet, weil mit ihm Zigarettenkonsum assoziiert wird. Er wird häufig als eine Raucherkrankheit betrachtet, die selbst verschuldet und vermeidbar ist“, schreiben die Professorinnen Laura Grigolon von der Universität Mannheim und Laura Lasio von der McGill Universität in Montreal.

    Einer Untersuchung der Global Lung Cancer Coalition aus dem Jahr 2010 in Kanada zufolge räumten 22 Prozent der Befragten ein, dass sie weniger Sympathie für Lungenkrebspatienten empfinden als für Patienten mit anderen Tumoren.

    Verglichen mit Patienten, die von anderen Krebsarten mit ähnlichen Überlebens­chancen betroffen sind, würden Lungenkrebs-Kranke deutlich seltener behandelt, berichten Grigolon und Lasio in ihrer Studie. Die Behandlungs­quote liegt bei Lungenkrebs-Patienten bei rund 25 Prozent, während sie etwa bei Dickdarmkrebs 60 Prozent erreicht. Obgleich in den USA Lungenkrebs für 32 Prozent der Krebstoten verantwortlich ist, werden auf diese Krebsart nur zehn Prozent der Forschungs­gelder verwendet, heißt es mit Verweis auf weitere Studien.

    Um die Auswirkungen der Stigmatisierung von Lungenkrebs zu beurteilen, analysierten die Forscherinnen Verwaltungs­daten von Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium in der kanadischen Provinz Ontario über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dazu nutzten sie detaillierte geographische Daten, um die Stigmatisierung in einem Modell des Patientennutzens einer Behandlung abzubilden.

    Stigma ist dabei als endogener sozialer Effekt definiert und wird gemessen an dem Anteil der Patienten in der Nachbarschaft, die im Vorjahr diagnostiziert wurden und keine Behandlung erhielten. Auch wenn soziodemographische Faktoren wie Einkommen, Alter und Gesundheitszustand eine Schlüsselrolle für die Teilnahme an einer Behandlung spielten, sei soziales Stigma ein „substantielles“ Hemmnis für eine Therapie.

    Während Dickdarmkrebs mit Blick auf die Folgen einer unterlassenen Behandlung vergleichbar ist mit Lungenkrebs, spielt hier eine Stigmatisierung der Krankheit aber keine Rolle, stellten die Forscherinnen fest.

    „Alles in allem liefern die Ergebnisse überzeugende Beweise, dass weniger Patienten aufgrund der Stigmatisierung behandelt werden, was wiederum die Verbreitung innovativer Behandlungen bremst und geringere Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung setzt“, urteilen Grigolon und Lasio.

    Umgekehrt würde die Beseitigung des Stigmas die Behandlungs­quote steigern und zu 4 Prozent mehr innovativen Therapien führen, wobei der Aufwand für bessere Überlebens­chancen geringer sei als die Zusatzkosten für die Behandlung, heißt es weiter. Daher sollte das Thema Stigmatisierung bei der Ausgestaltung von Maßnahmen, die einen verbesserten Zugang zu Behandlungen zum Ziel haben, von Entscheidungs­trägern in Betracht gezogen werden.

    Weitere Informationen zur Studie

    Laura Grigolon ist Mitglied des Sonderforschungs­bereich Transregio 224 EPoS. Das vorgestellte Diskussionspapier ist eine Publikation von EPoS. Eine Liste aller Diskussionspapiere finden Sie hier: https://www.crctr224.de/en/research-output/discussion-papers.

    Der 2018 eingerichtete Sonderforschungs­bereich Transregio 224 EPoS, eine Kooperation der Universität Bonn und der Universität Mannheim, ist eine langfristig angelegte Forschungs­einrichtung, die von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) gefördert wird. EPoS befasst sich mit drei zentralen gesellschaft­lichen Herausforderungen: Wie kann Chancengleichheit gefördert werden? Wie können Märkte angesichts der Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschafts­tätigkeit reguliert werden? Und wie kann die Stabilität des Finanzsystems gesichert werden?

    Für weitere Informationen und Interviewanfragen kontaktieren Sie bitte auf Englisch die Autorin der Studie Laura Grigolon.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Laura Grigolon, Ph.D.
    Juniorprofessur für VWL, Mikroökonomik
    Universität Mannheim
    Tel: +49 621 181–1913
    E-Mail: lgrigolo@mail.uni-mannheim.de

    Yvonne Kaul
    Forschungs­kommunikation
    Universität Mannheim
    Tel: +49 621 181–1266
    E-Mail: kaul@uni-mannheim.de


    Originalpublikation:

    https://www.crctr224.de/en/research-output/discussion-papers/archive/2021/DP277


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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