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02.02.2022 20:00

Tierwelt: Bauteile des Erbguts seit 600 Millionen Jahren unverändert

Alexandra Frey Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Vielfalt der Arten entsteht durch Vermischung

    Wissenschafter*innen der Universität Wien um Oleg Simakov und der University of California Berkeley haben die Chromosomen unterschiedlicher Tiergruppen verglichen und Erstaunliches festgestellt: Jede Tierart besitzt fast die gleichen, immer wieder auftretenden Chromosomeneinheiten – und das seit der Entstehung der ersten Tiere vor etwa 600 Millionen Jahren. Mittels neuer Prinzipien können nun auch menschliche Chromosomen in diese urzeitlichen „Elemente“ zerlegt werden. Die neue Studie ist aktuell im Fachmagazin Science Advances erschienen.

    Die Vielfalt der Tiere ist faszinierend, aber wie spiegelt sie sich in ihrem Erbgut, dem Genom, wider? Kann man anhand von Erbinformationen Tiere voneinander definitiv unterscheiden, und vielleicht sogar Vorhersagen treffen, wie sich die Erbinformation im Laufe der Zeit verändert? Das war die große Hoffnung seit Beginn der „Genom-Ära“ im Jahr 2000, als das erste menschliche Genom sequenziert wurde. Mehr als 20 Jahre später haben Wissenschafter*innen nun Zugang zu Technologien, die die Sequenz ganzer Genome offenbaren können. Davor konnte man nur kleinere Bruchstücke der Chromosomen untersuchen.

    In der neuen Studie haben die Forscher*innen Chromosomen unterschiedlicher Tiergruppen verglichen. Ihr Fazit: Jede Tierart besitzt fast die gleichen, immer wieder auftretenden Chromosomeneinheiten. Seit der Entstehung der ersten Tiere vor etwa 600 Millionen Jahren sind diese allgemeinen Bauteile der Chromosomen, die in jeder Zelle vorkommen, also fast gleichgeblieben. Diese Chromosomeneinheiten, auch „Elemente“ genannt, sind in der Evolution so konstant geblieben, dass man die Genome von fast jedem Tier durch Auflistung der Kombinationen dieser Grundbausteine exakt darstellen kann.

    Vielfalt durch Vermischung dieser Elemente

    Diese chromosomalen Elemente bleiben zwar in der Evolution konstant, können sich aber unterschiedlich vermischen. Den Forscher*innen gelang es, diese Vermischungen zu klassifizieren und einige Prinzipien herzuleiten, die sich etwa wie einfache mathematische Formeln anschauen lassen. Bis dahin war es nur möglich allgemein festzustellen, wie viele Chromosomen ein Tier besitzt, aber nicht um welche genau es sich handelt. „Wir können also jetzt zum Beispiel jedes menschliche Chromosom mittels der algebraischen Notation in seine Elemente zerlegen. Danach leiten wir her, was mit diesen Urelementen bei unterschiedlichen Arten und Gattungen wie Korallen, Weichtieren, Vögeln und vielen anderen passiert ist und zu welchen neuen Chromosomen diese Elemente sich zusammengefügt hatten“, erklärt der Molekularbiologe Oleg Simakov von der Universität Wien.

    Vermischung von Elementen nicht mehr umkehrbar

    Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Die einzelnen chromosomalen Elemente kommen nie wieder zu ihrem ursprünglichen, getrennten Zustand zurück, sobald sie sich einmal zu einem neuen Chromosom vermischt haben. „Solche Ereignisse sind also unumkehrbar in der Evolution und jede Tiergruppe – von Korallen bis hin zu Menschen – weist solche einzigartigen Kombinationen auf, die für immer die Nachfahren dieser Gruppen auszeichnen und diese Gruppen von anderen unterscheiden wird“, so Simakov.

    Den Forscher*innen gelang es außerdem den Ursprung vieler der tierischen chromosomalen Elemente festzustellen und zu zeigen, dass die am nächsten zu den Tieren verwandten Einzeller nur wenige dieser Elemente aufweisen – viele Elemente sind daher erst bei den Urtieren entstanden. Warum die chromosomalen Elemente so gut konserviert sind, welche Rolle die Vermischung der Elemente in der Evolution spielen könnte und viele andere Fragen bleiben noch offen und werden weiterhin erforscht.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Assoz. Prof. Dr. Oleg Simakov
    Department für Neurowissenschaften und Entwicklungsbiologie
    1030 Wien, Djerassiplatz 1
    T +43-1-4277-57020
    oleg.simakov@univie.ac.at


    Originalpublikation:

    Simakov O, Bredeson J, Berkoff K, Marletaz F, Mitros T, Schultz DT, O’Connell BL, Dear P, Martinez DE, Steele RE, Green RE, David CN, Rokhsar DS: „Deeply conserved synteny and the evolution of metazoan chromosomes”. In: Science Advances (2022)
    DOI: 10.1126/sciadv.abi5884


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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