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06.01.2023 13:58

Entzündungen per Schalter einfach auflösen

Dr. Ute Schönfelder Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Ein Forschungsteam der Universität Jena entdeckt einen molekularen Mechanismus, mit dem sich Entzündungen auflösen und die Geweberegeneration fördern lassen – und das möglicherweise ohne Nebenwirkungen. Den molekularen „Schalter“ legt dabei ein Naturstoff aus Weihrauchharz um.

    Chronisch-entzündliche Prozesse sind die häufigsten Ursachen einer Vielzahl von weit verbreiteten Erkrankungen. So spielen sie bei Arthritis, Asthma, Parkinson und Alzheimer eine Rolle, aber auch bei Arteriosklerose, Diabetes und Krebs. Medikamente, die Entzündungen hemmen, gehören daher zu den am häufigsten eingenommenen Arzneistoffen weltweit. Allerdings ist deren therapeutische Wirksamkeit oft nur gering – die Nebenwirkungen dagegen schwerwiegend, wie Nierenfunktionsstörungen oder Magengeschwüre. „Aus diesem Grund ist die aktuelle Forschung bemüht, alternative Therapiestrategien zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Ansatz des Professors für Pharmazeutische Chemie und seines Teams ist es, die Entzündungen nicht einfach zu blockieren, sondern deren Auflösung aktiv zu unterstützen. In einer aktuellen Studie im Journal „Advanced Science“ stellen die Forschenden einen vielversprechenden neuen Therapieansatz dazu vor (DOI: 10.1002/advs.202205604).

    Dafür stimulieren sie gezielt die Produktion von entzündungsauflösenden Botenstoffen, den sogenannten Resolvinen. „Aus früheren Arbeiten wussten wir bereits, dass Inhaltsstoffe aus dem Weihrauchharz hierfür geeignet sind“, sagt Oliver Werz. Insbesondere die Boswelliasäure aus dem Weihrauch ist in der Lage, ein zentrales Entzündungsenzym, die 5-Lipoxygenase, so umzuprogrammieren, dass es statt entzündungsfördernder Substanzen entzündungsauflösende Resolvine produziert.

    Boswelliasäure stimuliert die Produktion entzündungsauflösender Botenstoffe

    „Dieses bereits bekannte Phänomen haben wir nun in entzündungsrelevanten Immunzellen überprüft und bestätigt, wobei sich weitere, völlig überraschende Effekte ergaben“, so Werz weiter. So wirke die Boswelliasäure zusätzlich über ein weiteres Enzym (15-Lipoxygenase-1) als „Zellaktivator“ und veranlasse die Bildung großer Mengen an Resolvinen. Dank detaillierter Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Forschenden der Lousiana State University (USA) konnte das Team auch den zugrundeliegenden Mechanismus aufklären: Die Boswelliasäure dockt an einer ganz speziellen Stelle der 15-Lipoxygenase-1 an und aktiviert so direkt die Resolvinbildung in der Zelle. „Damit kann die Resolvinproduktion in Immunzellen gezielt durch einen Wirkstoff angeschaltet werden“, erklärt Werz.

    Weitere Experimente mit Mäusen haben diesen Mechanismus auch im lebenden Organismus bereits bestätigt. Die Forschenden erhoffen sich nun, dass in Analogie zur Boswelliasäure, weitere Wirkstoffe entwickelt werden können, die durch gezielte Aktivierung der 15-Lipoxygenase-1 die Bildung von Resolvinen in Immunzellen stimulieren. Dies könnte neue Therapieoptionen eröffnen, dank derer Entzündungen aktiv aufgelöst und die Geweberegeneration gefördert werden kann, und das ohne die Nebenwirkungen der bisherigen Entzündungsblocker.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Oliver Werz
    Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Philosophenweg 14, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 949801
    E-Mail: oliver.werz@uni-jena.de


    Originalpublikation:

    Börner F. et al. Allosteric activation of 15-lipoxygenase-1 by boswellic acid induces the lipid mediator class switch to promote resolution of inflammation, „Advanced Science“ 2022, https://doi.org/10.1002/advs.202205604


    Bilder

    Weihrauchharz in Petrischalen. Ein Naturstoff aus dem Baumharz kann Entzündungen auflösen und die Geweberegeneration fördern.
    Weihrauchharz in Petrischalen. Ein Naturstoff aus dem Baumharz kann Entzündungen auflösen und die Ge ...
    Foto: Jan-Peter Kasper/Uni Jena


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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