idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.05.2023 09:03

Artenvielfalt fördern: Grünland bewahren

Klaus Jongebloed Pressestelle
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

    Internationaler Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai

    Osnabrück. Der Biodiversitätsverlust auf der Welt ist verheerend. Pro Tag sterben Schätzungen zufolge 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Grund dafür ist etwa die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch den Menschen. Aber auch die Klimakrise wirkt sich auf die Artenvielfalt aus. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) drängt anlässlich des Welttages der biologischen Vielfalt am 22. Mai auf verstärkten Schutz und eine schnelle Renaturierung von Lebensräumen. Passend dazu untersucht ein von der Stiftung gefördertes Projekt der Justus-Liebig-Universität Gießen Faktoren für eine erfolgreiche Aufwertung von landwirtschaftlich geprägtem Grünland durch Mahdgutübertragung.

    „Der Rückgang der Artenvielfalt ist ein unersetzlicher Verlust, den wir uns nicht leisten können“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Es geht um die Lebensgrundlage der Menschen.“ Nach Bondes Worten ist es zu begrüßen, dass sich die Staatengemeinschaft auf der Weltnaturkonferenz in Kanada Ende vergangenen Jahres darauf geeinigt hat, bis 2030 weltweit mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche zu schützen. „Allerdings beginnt jetzt erst die Arbeit“, so Bonde. „Wir brauchen Regelungen in Deutschland, aber auch eine gezielte, internationale Zusammenarbeit, um Pflanzen, Tiere und Lebensräume zu bewahren. Unsere Nahrung, unser Wohlergehen und auch unsere wirtschaftliche Entwicklung hängen davon ab.“

    Klimakrise hat Auswirkungen auf wichtige Grünland-Lebensräume

    Zu den in Europa am häufigsten vorkommenden Ökosystemen zählt Grünland, „also landwirtschaftlich genutzte Flächen, die durch Mahd oder Beweidung gepflegt werden und auf denen überwiegend Gräser und Kräuter wachsen“, sagt Dr. Volker Wachendörfer, DBU-Experte für Natur- und Gewässerschutz. Die offenen Grünlandflächen bieten Lebensräume für viele seltene Tier- und Pflanzenarten, „sie sind aber etwa durch eine Umwandlung in Ackerland und mangelnde Pflege bedroht“, so Wachendörfer.

    Dass sich darüber hinaus veränderte Temperatur- und Niederschlagsmuster angesichts der Klimakrise bereits im Grünland Mitteleuropas auswirken, hat Dr. Franz Löffler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück, in seiner durch das DBU-Promotionsstipendium geförderten Dissertation festgestellt. „Die Studien zeigten unter anderem, dass sich wärmeliebende Heuschreckenarten in der Eifel durch die Klimaerwärmung in den letzten 30 Jahren ausbreiten konnten“, so Löffler. Da es sich dabei überwiegend um weniger anspruchsvolle Generalisten handelt, könne dies in ohnehin schon degradierten Grünland-Ökosystemen langfristig zu einer Vereinheitlichung der Lebensgemeinschaften führen. Um die Artenvielfalt zu bewahren, gibt Löffler anhand seiner Studienergebnisse Empfehlungen für nachhaltiges Grünland-Management: „Größe, Qualität und eine gute Vernetzung der Lebensräume sind maßgebliche Faktoren, damit insbesondere auch spezialisierte Arten mit Klimaveränderungen Schritt halten können.“ Löfflers Doktorarbeit erlangte internationale Aufmerksamkeit und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie.

    Mahdgutübertragung als effektive Methode zur Renaturierung von Grünland

    Um Pflanzenarten auf verarmtem Grünland effizient wieder zu etablieren und somit die Biodiversität und naturschutzfachliche Qualität zu erhöhen, arbeitet ein Forschungsteam der Justus-Liebig-Universität Gießen in einem DBU-geförderten Vorhaben an einheitlichen Standards für die sogenannte Mahdgutübertragung – eine für Grünland häufig angewendete Renaturierungsmethode. „Dabei werden artenreiche Flächen gemäht und das samenreiche Pflanzenmaterial auf der zu renaturierenden Fläche aufgebracht“, sagt Prof. Dr. Till Kleinebecker, Leiter der Arbeitsgruppe Landschaftsökologie und Landschaftsplanung der Universität Gießen. Das Problem: „Viele Faktoren, zum Beispiel der Zeitpunkt der Übertragung oder die Qualität des Materials, können den Erfolg der Renaturierungsmaßnahme beeinflussen“, so Kleinebecker. Diese Auswirkungen seien allerdings oftmals erst Jahre später erkennbar, „in der Regel gibt es aber kein Langzeitmonitoring“, sagt Kleinebecker.

    Standortbedingungen für erfolgreiche Mahdgutübertragung wichtig – Entwicklung von Standards

    Das Team der Universität Gießen hat daher im Rahmen des DBU-Projekts unter anderem Dauerbeobachtungsflächen in Auenwiesen am hessischen Oberrhein eingerichtet, die vor mehr als zehn Jahren renaturiert wurden und Vegetation, Boden und Biomasseaufwuchs untersucht. „Im Vergleich zu Daten wenige Jahre nach der Renaturierung sind die meisten Arten auch nach 15 Jahren stabil geblieben oder haben sogar zugenommen“, sagt Kleinebecker. Positive Effekte einer Bodenbearbeitung vor dem Mahdgutauftrag etwa durch Pflügen konnte das Forschungsteam hingegen nicht mehr feststellen. „Vielmehr sind lokale Standortbedingungen wie das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff im Boden oder die Häufigkeit von Überflutungen entscheidend, wie viele Pflanzenarten sich langfristig etablieren“, sagt Kleinebecker. Ferner könne eine gezielte Einsaat von seltenen Arten in Kombination mit der Mahdgutübetragung sinnvoll sein. Um Erfahrungswissen zu bündeln, hat das Projektteam darüber hinaus Interviews mit Beteiligten aus Planung, Verwaltung, Landwirtschaft und Naturschutz geführt. Aus den Ergebnissen werden nun allgemeingültige Faktoren und Empfehlungen entwickelt, die Ende 2023 veröffentlicht werden sollen. Die DBU fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit rund 212.000 Euro.


    Weitere Informationen:

    https://www.dbu.de/news/artenvielfalt-foerdern-gruenland-bewahren/


    Bilder

    Grünland zählt zu den am häufigsten vorkommenden Ökosystemen in Europa. Sie sind durch veränderte Landnutzung und Klimaveränderungen bedroht. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fordert verstärkten Schutz dieser Biodiversitäts-Hotspots.
    Grünland zählt zu den am häufigsten vorkommenden Ökosystemen in Europa. Sie sind durch veränderte La ...

    Franz Löffler


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).