idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/02/2015 14:29

Weibliche Orang-Utans bevorzugen Männchen mit Backenwülsten

Dr Harald Rösch Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Dominante Orang-Utan Männchen mit Backenwülsten zeugen die meisten Nachkommen –aber nur in Zeiten einer stabilen Rangordnung

    Anders als bei den meisten Säugetieren gibt es bei männlichen Orang-Utans zwei unterschiedliche morphologische Typen: Einige entwickeln in ihren Gesichtern „Backenwülste“, andere nicht. Ein Forscherteam unter der Leitung von Graham L. Banes und Linda Vigilant vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig untersuchte den Fortpflanzungserfolg von Kusasi, dem ehemaligen dominanten Männchen in Camp Leakey im Tanjung Puting Nationalpark in Indonesien, und verglich ihn mit dem Erfolg nicht dominanter Männchen ohne Backenwülste. Dazu sammelten die Forscher Kotproben und führten Vaterschaftstests durch. Sie stellten fest, dass Kusasi während seiner Zeit als „König“ des Dschungels wesentlich mehr Nachkommen gezeugt hat als alle andere Männchen. Nur wenn es zu Instabilitäten in der Rangordnung kam – zu Beginn und am Ende von Kusasis „Herrschaft“ – zeugten auch andere Männchen erfolgreich Nachwuchs.

    Normalerweise gibt es in jedem Gebiet nur ein Orang-Utan-Männchen mit Backenwülsten – das jeweils dominante. Neben der Körpergröße und dem großen herabhängenden Kehlsack zum Brüllen von langen, resonanten Lauten, sind diese Backenwülste für dominante Männchen charakteristisch. Weibchen finden sie vermutlich attraktiv, was zum höheren Fortpflanzungserfolg dominanter Männchen im Vergleich zu Rivalen ohne Backenwülste beitragen könnte. Aber auch Männchen ohne Backenwülste können Nachkommen zeugen.

    „Dominante Männchen haben einen höheren Kalorienverbrauch, sind aufgrund ihrer Größe in ihrer Bewegung eingeschränkt und können bei Auseinandersetzungen mit dominanten Männchen benachbarter Gruppen sogar getötet werden“, sagt Graham L. Banes vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, der sein Langzeitforschungsprojekt an der University of Aberdeen begann und später an der University of Cambridge fortführte. „Warum also sollte ein Männchen Backenwülste entwickeln, wenn es auch ohne sie Nachwuchs zeugen kann?“

    Um diese Frage zu beantworten, erforschte Banes acht Jahre lang die im Tanjung Puting Nationalpark lebenden Orang-Utans, folgte ihnen mehrere Monate am Stück von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang und sammelte Kotproben von allen Orang-Utans, die in dem 50 Quadratkilometer großen Studiengebiet gesichtet wurden. Anschließend untersuchten die Forscher das in den Proben enthaltene Erbgut und identifizierten so 39 bekannte Tiere, darunter 12 Männchen. „Um herauszufinden, welche dieser Männchen Nachwuchs gezeugt haben, führten wir Vaterschaftstests durch“, sagt Linda Vigilant vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. „Anschließend verglichen wir Kusasis Fortpflanzungserfolg mit dem von Männchen ohne Backenwülste und stellten fest: zehn von 14 Orang-Utans, die in einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren gezeugt wurden, waren Söhne und Töchter von Kusasi.“

    Die Ergebnisse zeigen, dass Kusasi als dominantes Männchen sehr viel mehr Nachkommen gezeugt hat, als alle anderen Männchen. Dazu beigetragen haben möglicherweise seine Backenwülste, die auf weibliche Orang-Utans anziehend wirken. Wie erwartet hatten aber auch Männchen ohne Backenwülste einen gewissen Fortpflanzungserfolg. „Interessant ist hier aber das Timing“, sagt Banes. „Andere Männchen zeugten Nachkommen in der Zeit unmittelbar vor oder gegen Ende von Kusasis Dominanzperiode, als die hierarchischen Verhältnisse im Gebiet unklar waren.“ Daraus folgern die Autoren, dass die Herausbildung von Backenwülsten eine bewährte evolutionäre Strategie ist: Der Fortpflanzungserfolg von dominanten Männchen mit Backenwülsten ist wesentlich höher als der von anderen Männchen. Für jene heißt es abwarten, bis sie in Zeiten unsicherer Rangverhältnisse ebenfalls zum Zuge kommen können.

    Originalpublikation:
    Graham L. Banes, Biruté M. F. Galdikas and Linda Vigilant
    Male orang-utan bimaturism and reproductive success at Camp Leakey in Tanjung Puting National Park, Indonesia
    Behavioral Ecology and Sociobiology, 01.09.2015, DOI: 10.1007/s00265-015-1991-0

    Ansprechpartner:
    Dr. Graham L. Banes
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    Telefon:+86 131 221-02502
    E-Mail:
    graham_banes@eva.mpg.de

    Dr. Linda Vigilant
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    Telefon:+49 341 3550-222
    E-Mail:
    vigilant@eva.mpg.de

    Sandra Jacob
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
    Telefon:+49 341 3550-122
    E-Mail:
    jacob@eva.mpg.de


    Images

    Niederrangiges Orang-Utan Männchen ohne Backenwülste (links) und dominantes Männchen mit Backenwülsten (rechts), Tanjung Puting Nationalpark, Indonesien.
    Niederrangiges Orang-Utan Männchen ohne Backenwülste (links) und dominantes Männchen mit Backenwülst ...
    Bpk Bain
    None

    Orang-Utan-Mutter mit Nachwuchs, Tanjung Puting Nationalpark, Indonesien.
    Orang-Utan-Mutter mit Nachwuchs, Tanjung Puting Nationalpark, Indonesien.
    Bpk Bain
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Niederrangiges Orang-Utan Männchen ohne Backenwülste (links) und dominantes Männchen mit Backenwülsten (rechts), Tanjung Puting Nationalpark, Indonesien.


    For download

    x

    Orang-Utan-Mutter mit Nachwuchs, Tanjung Puting Nationalpark, Indonesien.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).