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09/22/1997 00:00

20 Jahre "Georgica" - Odyssee einer Zeitschrift

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Erinnerung an ,Geburtswehen' in sozialistischen Zeiten: Seit 20 Jahren gibt es die Zeitschrift ,Georgica"

    Jena. (22.09.97) Ihr 20jaehriges Bestehen feiert in diesem Jahr die Zeitschrift ,Georgica", die der Jenaer Kaukasiologe Prof. Dr. Heinz Faehnrich herausgibt. ,Die Anfangsphase war keineswegs problemlos", erinnert sich Faehnrich heute. Vor allem mit sozialistischen Prinzipienreitern hatte er sich damals auseinanderzusetzen, bis die Zeitschrift fuer Kultur, Sprache und Geschichte Georgiens und Kaukasiens entstehen konnte.

    ,Der Gedanke, ein wissenschaftliches Organ dieser Art zu gruenden, kam mir 1970, als ich meine Habilitationsschrift an der Iwane-Dshawachischwili-Universitaet Tbilisi verteidigt hatte", erklaert Faehnrich im Rueckblick. Mit seiner Idee fand er sofort Unterstuetzung bei Bolko Schweinitz, dem damaligen Chefredakteur der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Universitaet Jena, und offizielle Antraege auf Gruendung der Zeitschrift wurden beim Ministerium fuer Hoch- und Fachschulwesen und beim Ministerium fuer Kultur der DDR gestellt. Da aber eine Antwort ausblieb, erschienen in der Zwischenzeit 1973, 1975 und 1977 - sozusagen als Vorlaeufer der heutigen ,Georgica" - Sonderhefte der Wissenschaftlichen Zeitschrift der Universitaet Jena mit dem Titel ,Georgien", in denen Jenaer und Tbiliser Wissenschaftler publizierten. Wiederholte Anfragen bei den Berliner Ministerien blieben indes erfolglos: Keine Ablehnung wurde ausgesprochen, aber auch keine Genehmigung erteilt.

    In dieser Situation wandte sich Schweinitz an die Abteilung Kultur im Bezirk Gera, wo man gleichfalls einer Entscheidung aus dem Wege ging, aber telefonisch ,ein gewisses Wohlwollen" fuer das Projekt signalisierte. Daraufhin ging die Universitaet Jena auch ohne schriftliche Genehmigung staatlicher Stellen an die Gruendung der ,Georgica". 1978 wurde in Jena das erste Heft herausgegeben, und seither erscheint jaehrlich eine Nummer. ,Das zoegerliche Schweigen der zustaendigen DDR-Ministerien hatte natuerlich seine Gruende", weiss Heinz Faehnrich. ,Eine Zeitschrift, die mit Georgien und Kaukasien nur einen Teil der Sowjetunion behandelte, stand von Anbeginn in dem Verdacht, dem Antisowjetismus und Separatismus in der UdSSR Vorschub zu leisten." Die georgische Literatur sollte damals nicht als Eigengroesse, sondern lediglich als Bestandteil der Sowjetkultur betrachtet werden. Ein kulturell eigenstaendiges georgisches Volk passte nicht in das herrschende Ideologie-Schema.

    Turbulenzen entstanden zudem durch die Gruendungsakte der ,Georgica", weil sie an die humanistischen Traditionen der aelteren, deutschsprachigen Zeitschrift ,Caucasica" anknuepfen wollte. Prompt versuchte die Abteilung Wissenschaften beim Zentralkomitee der SED, die ,Georgica" gleich nach der Startnummer zu verbieten: Die Caucasica" sei antikommunistisch orientiert gewesen und habe Emigranten ein Forum gegeben, hiess es in einem bedrohlichen Schreiben an den Jenaer Rektor. Eilends reagierte Faehnrich mit einem Brief nach Berlin, in dem er die ,politische Unbedenklichkeit' der ,Caucasica" bewies und ihren ,ausgesprochen fachwissenschaftlichen Charakter' hervorhob - von Antikommunismus und Antisowjetismus also keine Rede. Vom ZK der SED kam nie eine Antwort, aber die ,Georgica" konnte in der DDR weiterbestehen.

    Nach der Wende musste sich Faehnrich vor allem finanzielle Sorgen um seine Zeitschrift machen, weil die staatliche Foerderung wegfiel. In dieser kritischen Phase knuepfte der Konstanzer Professor Wolfgang Schuller Beziehungen zum dortigen Universitaetsverlag, und durch das engagierte Eingreifen der Verlagsleiterin Dr. Brigitte Weyl gelang es, die ,Georgica" am Leben zu erhalten. Seither erscheint sie in Konstanz. Mitherausgeber sind neben dem verantwortlichen Herausgeber die georgischen Wissenschaftler Mariam Lortkipanidse und Surab Sardshweladse sowie Gert Hummel (Saarbruecken), Winfried Orthmann (Halle) und Wolfgang Schuller (Konstanz). Die hohe nationale und internationale Reputation des Heftes wird heute durch Leser aus aller Welt bestaetigt. Die naechste Ausgabe - Nummer 20 - bringt Beitraege aus Tbilisi und Jena, aus Berlin, Bonn, Heidelberg, Kiel und Saarbruecken, aus Torun, Minneapolis, Chicago, Paris und von der Wayne State University.


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    Social studies
    transregional, national
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