idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/26/2019 11:59

Wenn Superwinde Partner von Roten Riesen verraten

Stephan Brodicky Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Die Beobachtung von sterbenden Sternen erlaubt einen Blick in die Zukunft unserer eigenen Sonne und dem damit verbundenen Schicksal unseres ganzen Planetensystems. Bisher vermuteten WissenschafterInnen knapp vor dem Sternentod einen besonders heftigen, kurzen Massenverlust – einen sogenannten Superwind. Neue Radiobeobachtungen eines internationalen Forschungsteams um den Astrophysiker Franz Kerschbaum von der Universität Wien zeigen, dass der Einfluss von Doppelsternpartnern und damit auch die Dauer dieser letzten Lebensphase bislang unterschätzt wurden. Die Ergebnisse erscheinen aktuell in "Nature Astronomy".

    Durchschnittliche Sterne wie unsere Sonne haben meist ein recht ruhiges Leben. Das ist insbesondere für den Menschen von Vorteil, da er auf stabile Umweltbedingungen angewiesen ist. Am Ende des Lebens unserer Sonne wird sich dies jedoch drastisch ändern – sie wird sich zum Roten Riesen aufblähen, die inneren Planeten verschlucken und die äußeren zum Verglühen bringen. Wenngleich bis dahin noch viele Milliarden Jahre vergehen werden, erforschen WissenschafterInnen konsequent die Zukunft unseres Sonnensystems.

    Eine Möglichkeit dazu bietet die Beobachtung sterbender Roter Riesensterne, die sich heute schon in jener letzten, turbulenten Lebensphase befinden. Bisher nahm man an, dass am Ende des Sternenlebens eine sogenannte "Superwind"-Phase stattfindet, in der über rund 2.000 Jahre hinweg der Riesenstern besonders große Mengen an Gas und Staub an seiner Umgebung abgibt. Dabei werden bis zu 100 Erdmassen pro Jahr freigesetzt. Franz Kerschbaum vom Institut für Astrophysik erklärt: "Selbst für uns AstronomInnen ist das eine unglaublich hohe Menge an Sternmaterie, die in relativ kurzer Zeit ausgestoßen wird und für die wir schon länger erfolglos nach einem passenden Auswurfmechanismus gesucht haben. Unsere ursprünglichen Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Herschel haben jedoch mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Die Sterne hätten mit so hohen Massenverlustraten nicht lange genug überlebt um überhaupt von uns gefunden werden zu können."

    Doppelsternpartner verursachen Spiralbahn
    Die Wende kam nun durch Beobachtungen mit dem neuen ALMA-Radiointerferometer der Europäischen Südsternwarte ESO. Damit konnte das internationale Forschungsteam nun erstmals die Verteilung, die Menge und die Geschwindigkeit der ausgestoßenen Gase in den letzten paar tausend Jahren genau messen. Bei zwei untersuchten Riesensternen zeigte sich, dass der Sternwind spiralförmig vom Roten Riesen abströmt und so das Vorhandensein von bisher unbemerkten Doppelsternpartnern offenbart. Diese zwingen den Wind durch ihre Anziehungskraft auf diese überraschende Spiralbahn. Vor den Beobachtungen mit ALMA wurden hinter diesen Verdichtungen ein extrem erhöhter Masseverlust vermutet – eben der "Superwind". Die neuen Erkenntnisse zeigen aber, dass nicht 100 Erdmassen an Gas und Staub diese Sterne pro Jahr verlassen, sondern nur etwa ein Zehntel davon. "Die Doppelsternpartner sind nicht nur häufiger als angenommen, sie verändern die letzten Lebensphasen von Sternen nachhaltig“, so Kerschbaum. Im weiteren Forschungsprozess wollen die WissenschafterInnen nun klären, inwiefern die neuen Erkenntnisse auch Auswirkungen auf Planetensysteme, wie unser Sonnensystem, haben.

    Österreich ist nun bereits seit zehn Jahren Mitglied der Europäischen Südsternwarte und ermöglicht so den heimischen AstronomInnen gleichberechtigten Zugriff zu den leistungsfähigsten Teleskopen der Welt. Dazu gehört auch das Atacama Large Millimeter Array (ALMA), ein internationales Gemeinschaftsprojekt, das mit 66 kombinierten Radioteleskopen auf über 5000 Meter Seehöhe in den Chilenischen Anden die höchst aufgelösten Bilder des Universums im Millimeter- und Submillimeterbereich liefert.

    Publikation in Nature Astronomy
    L. Decin, W. Homan, T. Danilovich, A. de Koter, D. Engels, L. B. F. M. Waters, S. Muller, C. Gielen, D. A. García-Hernández, R. J. Stancliffe, M. Van de Sande, G. Molenberghs, F. Kerschbaum, A. A. Zijlstra and I. El Mellah: Reduction of the maximum mass-loss rate of OH/IR stars due to unnoticed binary interaction. In: Nature Astronomy
    DOI: 10.1038/s41550-019-0703-5


    Contact for scientific information:

    Ao. Univ.-Prof. Dr. Franz Kerschbaum
    Institut für Astrophysik
    Universität Wien
    1180 - Wien, Türkenschanzstraße 17
    +43-1-4277-518 56
    +43-664-602 77-518 56
    franz.kerschbaum@univie.ac.at


    Original publication:

    https://www.nature.com/articles/s41550-019-0703-5


    Images

    Spiralförmiger Wind eines Roten Riesensterns, beobachtet mit ALMA.
    Spiralförmiger Wind eines Roten Riesensterns, beobachtet mit ALMA.
    © (ESO/NAOJ/NRAO)/L. Decin et al.
    None

    Das Atacama Large Millimeter Array (ALMA) liefert die höchst aufgelösten Bilder des Universums im Millimeter- und Submillimeterbereich.
    Das Atacama Large Millimeter Array (ALMA) liefert die höchst aufgelösten Bilder des Universums im Mi ...
    © Franz Kerschbaum/Universität Wien
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Geosciences, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).